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Die Fäden des Schicksals

Die Fäden des Schicksals

Titel: Die Fäden des Schicksals Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Bostwick
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hübscheste Paar, das man sich vorstellen konnte. Jeden Samstagabend gingen die beiden zum Essen aus. Susan und ich blieben bei diesen Gelegenheiten nicht gern allein mit Großmutter Alice, doch wenn dann meine Mutter die Treppe herabgeschwebt kam, nach White Shoulders duftend und in dem neuen Kleid, das Vater ihr bei Bergdorf gekauft hatte, und sie dann an Vaters Arm das Haus verließ, war ich völlig verzaubert. Als ich älter wurde, nahm ich mir vor, einen Mann zu heiraten, der genauso war wie mein Vater. Wir waren die glücklichste Familie der Stadt.
    Das glaubte ich lange.
    Ich weiß nicht mehr, wann ich zum ersten Mal die beschämenden Gerüchte darüber hörte, was mein Vater die Woche über in der Stadt machte, oder die wütend gezischten Wortwechsel zwischen meinen Eltern mitbekam, die stets unvermittelt abbrachen, wenn ich das Zimmer betrat. Ich erinnere mich auch nicht, wann mir erstmals die rot geränderten Augen meiner Mutter auffielen, wenn mein Vater – wie es immer häufiger vorkam – am Freitagnachmittag anrief, um ihr mitzuteilen, dass er mit Arbeit überladen sei und übers Wochenende nicht kommen könne. Das Einzige, was ich sicher wusste, war, dass meine Mutter, diese schöne, strahlende Prinzessin, im Laufe der Jahre zu einer verbitterten, nörgelnden Nervensäge wurde. Kaum trat mein Vater zur Tür herein, fiel sie über ihn her mit ihren bohrenden Fragen, was er die ganze Woche über getrieben hätte, und ihrem Gejammer darüber, wie sehr er uns vernachlässigte. Haarklein sollte er über jede Stunde Rechenschaft ablegen, die er ohne sie verbracht hatte. Nach ein paar Minuten brüllte Vater dann immer, dass er ihr nichts recht machen könne und warum er sich überhaupt die Mühe mache, nach Hause zu kommen. Manchmal wurde er so wütend, dass er wieder ins Auto stieg, in die Stadt zurückfuhr und sich wochenlang nicht mehr in Winthrop blicken ließ.
    Ich machte meine Mutter dafür verantwortlich. Ihre ewigen Klagen und ihr Gekrittel trieben meinen Vater aus dem Haus. Das glaubte ich, und das sagte ich auch zu Susan – dass Vater ein guter, ein wunderbarer Mann sei, der nur dann nach Hause käme, wenn wir immer artig wären und uns nie beklagten. Vater arbeitete sehr hart an der Wall Street, erklärte ich ihr, und wenn er endlich einmal nach Hause kam, dann durften wir ihm nicht auf die Nerven fallen oder ihn fragen, warum er nicht früher gekommen war. Wir durften ihn nicht mit den hässlichen Dingen belästigen, die sich die Kinder in der Schule zuflüsterten. Das war alles gelogen. Die anderen waren nur neidisch auf unser schönes Haus, die schicken Autos und unsere gut aussehenden Eltern. Mit alldem durften wir Vater nicht belasten, sonst machte er womöglich kehrt und lief wieder davon.
    »Keiner ist gern mit jemandem zusammen, der traurig ist und herumjammert, Susan. Alle wollen nur mit glücklichen Menschen zusammen sein«, erklärte ich meiner sechs Jahre alten Schwester. »Deshalb musst du Vater sagen, wie froh du bist, ihn zu sehen, selbst wenn du innen drin traurig bist. Dann bleibt er gern hier bei uns.« So lernte ich schon in jungen Jahren, meine Gedanken und Gefühle für mich zu behalten.
    Als ich fünfzehn und Susan neun war, starb Vater an einem Herzinfarkt. In der Folgezeit, als unser finanzieller Ruin offenkundig wurde, musste ich endlich die Wahrheit über unsere Familie erkennen. Jahrelang hatte mein Vater ein Doppelleben geführt. Seine Familie hatte er in einem Winkel des ländlichen Connecticut untergebracht, wo er am Wochenende die Rolle des glücklichen Familienvaters spielte, doch die Woche über in Manhattan führte er das Leben eines ungebundenen Playboys. Er hielt sich diverse Geliebte, die er mit Geschenken überhäufte, und als ihm das Geld ausging, borgte er sich welches, um seinen kostspieligen Lebenswandel beibehalten zu können. Er starb mittellos und verschuldet. Zum ersten Mal in ihrem Leben musste Mutter arbeiten gehen. Sie bekam eine Stelle als Empfangsdame und konnte mit ihrem Gehalt gerade so unsere Lebenshaltungskosten decken. Gott sei Dank war das Haus in Winthrop Eigentum unserer Großmutter Alice, die kurz nach Vater starb und es Mutter hinterließ. Anderenfalls wären wir wahrscheinlich auf der Straße gelandet.
    Ich weiß wirklich nicht, wann Vaters Eskapaden begannen. Vielleicht stand die Ehe meiner Eltern von Anfang an auf tönernen Füßen, doch zu jener Zeit machte ich nach wie vor meine Mutter für das Scheitern unserer Familie

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