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Die Fäden des Schicksals

Die Fäden des Schicksals

Titel: Die Fäden des Schicksals Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Bostwick
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war, dass sie den Mut aufgebracht hatte, der mir gefehlt hatte, und damit das eine bekam, wonach ich mich so sehnte und das mir Woolley Wynnes sämtliche Millionen nicht verschaffen konnten – wahre Liebe.
    »Denn das warst du für sie«, flüsterte ich mit versagender Stimme. »Du warst die große Liebe ihres Lebens. Ich beneidete sie so. Mir schien, als hätte mir Susan alles, was ich jemals hatte, weggenommen. Heute sehe ich, dass das nicht stimmt. Ich traf meine eigenen Entscheidungen, und sei es auch, indem ich mich nicht entschied und nicht Nein sagte, als ich die Möglichkeit dazu hatte. Heute würde ich so vieles anders machen. Wenn ich nur …«
    Vergeblich versuchte ich, mich zu beherrschen. Ich konnte die Tränen nicht länger zurückhalten.
    »Wenn ich es nur früher erkannt hätte. Dann wäre für uns alles anders verlaufen. Es tut mir leid. Lieber Gott! Liza, es tut mir so schrecklich leid! Es ist meine Schuld. Ich weiß, dass du mir nie verzeihen kannst. Es ist alles meine Schuld.«
    Während ich sprach, hatte Liza klein und still in einem der großen Ohrensessel gehockt, die den Kamin in der Bibliothek flankierten. Sie lauschte stumm und schien sich dabei in sich selbst zurückzuziehen, winkelte die Arme eng an den Körper und drückte sich mit rundem Rücken in die Kissen, als wollte sie so viel Abstand wie möglich zwischen uns legen. Dabei strömten ihr die Tränen über die Wangen, als sie zum ersten Mal von den traurigen Geheimnissen ihrer Familie erfuhr.
    Nun erhob sie sich aus dem Sessel und kam durch das Zimmer zu dem Sofa, auf dem ich, ebenfalls weinend, saß. Ich spürte eine zaghafte Berührung an der Schulter und vernahm Lizas raue Stimme.
    »Aber ich muss es, Tante Abigail. Ich habe keine Lust, dir oder Mom oder diesem verlogenen Drecksack, der mich gezeugt hat, zu verzeihen, aber es muss sein. Wir wissen doch, was dabei herauskommt, wenn ich es nicht tue. Das ging schon viel zu lange so, durch zu viele Generationen unserer Familie. So will ich nicht leben. Und deswegen muss ich dir verzeihen, Tante Abigail. Und das tue ich auch. Und du verzeihst mir auch, ja? Wir haben doch nur noch uns.«

29
    Evelyn Dixon
    Mom?« Garretts Miene war besorgt, als er sich über mich beugte. »Mom? Wie fühlst du dich?«
    »Großartig.«
    Das war gelogen. Mir tat alles weh: der Kopf, die Arme und die glatte Fläche an meinem Oberkörper, wo einmal meine Brüste gewesen waren.
    »Liebling, könntest du mir ein bisschen Wasser holen? Ich habe solchen Durst.«
    »Klar.« Er nahm die Plastiktasse vom Nachtschränkchen und füllte sie am Waschbecken.
    »Deine Lippen sind ganz aufgesprungen.« Blinzelnd öffnete ich die Augen und erblickte Margot und neben ihr Abigail, Liza und Charlie. Margot kramte in ihrer Handtasche nach einer Tube Lippenbalsam und strich ihn mir mit dem Finger auf die rissigen Lippen.
    »So, jetzt ist es bestimmt besser.«
    Ich nickte und sog an dem Strohhalm, den mir Garrett an den Mund hielt. Das Wasser tat mir gut.»Die Ärztin war vorhin hier«, sagte Garrett. »Aber du hast noch geschlafen. Sie sagt, es sei alles gut verlaufen. Der endgültige Bericht aus dem Labor steht noch aus, aber sie glaubt, dass sie diesmal alles erwischt haben.«
    Ich blickte auf meine flache Brust hinunter. »Na, dann ist es ja gut. Wenn sie noch mal ranmüssen, bin ich wahrscheinlich die einzige Frau, die einen BH mit Körbchen in Minusgrößen tragen muss.« Ich versuchte zu lächeln, doch es fiel mir schwer.
    Sosehr ich auch versucht hatte, mich auf den Augenblick vorzubereiten, wenn ich aufwachen und mich zum ersten Mal ohne Brüste sehen würde, war es dennoch ein Schock. Mir schien, als wäre ich eingeschlafen und in einem anderen Körper wieder aufgewacht. Meine Gestalt, mein Gewicht, ja, das gesamte Volumen und die Masse meines Körpers hatten sich verändert. Ich kannte mich selbst nicht wieder. Tapfer versuchte ich, mir nichts anmerken zu lassen, doch es war zu viel, zu schmerzhaft für mich. Eine Träne rann mir über die Wange.
    »Seht doch nur«, flüsterte ich. »Was haben sie bloß mit mir gemacht?«
    Garrett schluckte und drückte meine Hand. Er wusste nicht, was er darauf sagen sollte, doch Abigail kam ihm zu Hilfe.
    Sie trat ans Bett und beugte sich über mich. »Lass nur, Evelyn. Bald ist alles wieder gut. Du bist müde und hast Schmerzen, meine Liebe. Wein ruhig.«
    Liza nickte mit ernster Miene. »Ja. Abigail hat recht. Weine ruhig, wenn dir danach zumute ist.« Behutsam ergriff sie meine

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