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Die Fäden des Schicksals

Die Fäden des Schicksals

Titel: Die Fäden des Schicksals Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Bostwick
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wir fertig waren, ging Margot in den Pausenraum und holte aus dem Kühlschrank ein Tablett mit Butterbroten, die sie vorbereitet hatte, während ich einige Apfelsinen schälte und Liza eine Schale Popcorn in die Mikrowelle stellte und uns drei Gläser Diätcola eingoss. Das war unser Abendessen.
    Wir brachten alles in den Kursraum und machten uns daran, die Quilts einzufassen. Da wir dazu den unsichtbaren Stich verwendeten, den Evelyn uns beigebracht hatte, würde man später keine Naht zwischen dem Rand des Quilts und der Einfassung sehen. Wir stellten unsere Stühle im Dreieck auf, damit wir uns bei der Arbeit unterhalten konnten. Gesprächsstoff gab es wahrlich genug.
    »Also ehrlich«, begann ich, »der hatte vielleicht Nerven, mit seinen Blumen so einfach in Evelyns Krankenzimmer aufzukreuzen, nachdem er sich wegen einer anderen Frau hat scheiden lassen. So was von schlechtem Stil habe ich noch nie erlebt. Der Mann ist wirklich impertinent.«
    Liza blickte mich mit gerunzelter Stirn an, bevor sie sich wieder über ihre Arbeit beugte. »Nicht so laut, Abigail. Er ist doch oben in der Wohnung und könnte dich hören.«
    »Ich bitte dich, das ist mir doch völlig egal! Außerdem bezweifle ich, dass er weiß, was impertinent bedeutet. Der sieht mir nicht so aus, als würde er viele Fremdwörter kennen.« Erneut blickte Liza kurz von ihrer Arbeit auf. Sie konnte sich ein kleines Lächeln nicht verkneifen.
    »Na ja, die Cowboystiefel sind schon irgendwie interessant«, bemerkte sie. »Nach Texas passen sie wohl, aber man sollte meinen, er hätte sich für Connecticut Schneestiefel oder Slipper mitgebracht. Ich will ja niemandem vorschreiben, was er anziehen soll, aber es wäre schon praktisch gewesen. Gestern schaute ich aus dem Fenster, als er gerade über den Hof ging, und auf einmal – krach! – rutschte er auf dem Glatteis aus und schlug hin.«
    Liza machte eine Pause, um ihr Fadenende zwischen den Lippen anzufeuchten und es durch das Nadelöhr zu fädeln, bevor sie fortfuhr.
    »Und dabei ist er doch ursprünglich aus Wisconsin! Da sollte er eigentlich wissen, dass sich Schnee und Cowboystiefel nicht gut vertragen.«
    Ich schob mir die Lesebrille auf die Nasenspitze, damit ich meine Naht besser erkennen konnte. Ich hasste diese Brille; sie machte mich alt. Nicht um alles in der Welt hätte ich sie in der Öffentlichkeit getragen, doch beim Quilten, besonders bei künstlichem Licht, konnte ich nicht darauf verzichten. Und außerdem war es Margot und Liza egal, wie ich aussah.
    »Das ist es ja, was ich meinte«, erwiderte ich. »Alles an diesem Mann ist gekünstelt. Ich mag ihn nicht, und ich traue ihm nicht über den Weg. Was will er überhaupt hier?«
    Margot, die Klatsch nicht leiden konnte – ich hätte es allerdings einen schlichten Meinungsaustausch genannt –, hatte schweigend zugehört und dabei emsig weitergearbeitet. Jetzt schaltete sie sich doch ein. »Es ist wirklich ein bisschen komisch«, musste sie zugeben. »Da taucht er plötzlich nach Evelyns Operation auf und nistet sich einfach in ihrer Wohnung ein, obwohl sie geschieden sind. Sie hat ihn doch nicht gebeten zu kommen, oder?«
    Liza schüttelte den Kopf. »Nein, ganz bestimmt nicht. Garrett hat mir erzählt, Evelyn habe Rob vor einigen Wochen angerufen und ihm von ihrer Erkrankung berichtet. Und dann hätten sie sich gestritten, und Evelyn habe den Hörer aufgeknallt. In der kleinen Wohnung hat Garrett alles mitbekommen. Natürlich hat er es nicht gesagt, aber ich glaube, selbst er fragt sich, was sein Dad hier will. Es ist ihm wohl ein bisschen peinlich.«
    »Genau! Und es wird noch viel peinlicher werden, wenn Evelyn morgen aus dem Krankenhaus kommt.« Ich senkte die Stimme zu einem Flüstern. Im Gegensatz zu meiner vorangegangenen Behauptung wollte ich nicht, dass Rob Dixon unser Gespräch mit anhörte. »Evelyn hat nur ein Schlafzimmer, wo Rob jetzt wahrscheinlich schläft. Garrett übernachtet auf dem Sofa.« Über den Rand meiner Lesebrille hinweg warf ich den beiden Frauen einen vielsagenden Blick zu. »Was glaubt ihr, wo Rob schlafen will, wenn Evelyn wieder zu Hause ist?«
    »Hör auf damit, Abigail.« Margot schnalzte missbilligend mit der Zunge und schüttelte den Kopf. »Evelyn und ich haben ausgemacht, dass sie eine Weile bei mir wohnen wird. So braucht sie keine Treppen zu steigen und hat mehr Ruhe ohne den Laden. Rob kann in der Wohnung bleiben, wenn er will.« Mit einer Schere, die an einem Band um ihren Hals hing, schnitt

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