Die Fäden des Schicksals
Stirn kraus.
»Was ist los? Gefällt es dir nicht? Vielleicht wird es dir ja zu viel? Möchtest du dich ein bisschen hinlegen?«
»Nein, mir geht’s gut. Die Party ist herrlich, Abigail, und ich danke dir, dass du dir solche Mühe gegeben hast. Ich amüsiere mich prächtig, aber ich mache mir Gedanken wegen Charlie. Irgendetwas bedrückt ihn, doch er rückt nicht mit der Sprache heraus.«
Abigail wedelte wegwerfend mit der Hand. »Ach, kümmere dich gar nicht darum. Wahrscheinlich hat Charlie nur wieder eine seiner Launen. Vielleicht hat sein Küchenchef gekündigt, oder der Lieferant von frei laufenden Hühnern hat die Preise erhöht.« Sie zuckte mit den Schultern. »Wer weiß? Morgen ist bestimmt wieder alles in Ordnung.«
»Ich weiß nicht recht. Ich habe ihn schon öfter erlebt, wenn es im Restaurant Probleme gab, aber heute war es anders. Er wirkte traurig. Fast ein wenig deprimiert.«
Abigail legte den Kopf schief. »Evelyn, ich kenne Charlie seit zwanzig Jahren, du dagegen noch nicht einmal seit zwei Jahren. Mit ihm ist alles in Ordnung. Er ist einfach ein bisschen schwierig. Das ist alles.«
Ich murmelte eine vage Antwort.
»Wenn du dir Sorgen um ihn machst, warum gehst du dann nicht morgen zu ihm? Aber heute solltest du dich amüsieren.«
Jemand ging mit einem Tablett voller Champagnergläser vorbei. Abigail nahm zwei herunter und reichte mir eins. »Auf deine Gesundheit«, sagte sie und hob ihr Glas.
Lächelnd stieß ich mit ihr an. »Auf meine Gesundheit.«
Um zehn waren die meisten Gäste fort, doch einige blieben noch und halfen beim Aufräumen. Rob machte sich nützlicher als in all den Jahren unserer Ehe, trug das übrig gebliebene Essen nach oben in die Wohnung und packte es ein, bevor er gemeinsam mit Wendy Perkins und Franklin das Geschirr spülte. Ich konnte sie von unten hören – Franklins schlurfende Schritte, Wendys Prusten, wenn sie über ihre eigenen Witze lachte, und die schweren Tritte von Robs Cowboystiefeln.
Garrett, Margot, Liza, Abigail und ich machten unten sauber. Wir wischten die Tische ab, warfen gebrauchte Pappteller und Servietten weg und räumten die leeren Sektgläser zusammen, die auf praktisch allen ebenen Flächen herumstanden. Jemand hatte sogar eins auf der Zierleiste über dem Erkerfenster abgestellt. Offensichtlich war die Party gelungen, wie sonst hätten fünfunddreißig Gäste neunzig Sektgläser benutzen können?
Es herrschte eine schreckliches Durcheinander, doch mit vereinten Kräften schafften wir rasch Ordnung. Als wir fertig waren, drehte ich mich im Kreis und blickte mich im Laden – meinem Laden – um. Dann umschlang ich mich selbst mit den Armen.
»Danke!«, sagte ich. »Ich danke euch allen von ganzem Herzen. Ich weiß nicht, wie ich das jemals wiedergutmachen kann, aber ich werde es ganz bestimmt versuchen.«
»Es war eine nette Party, nicht?«, sagte Margot lächelnd und mit funkelnden Augen. »Alle haben sich prächtig amüsiert.«
»Ja, aber ich meinte nicht nur die Party, sondern einfach alles.« Ich breitete die Arme weit aus. »Ich spreche hiervon. Von Cobbled Court Quilts. Meinem Traum, der in Erfüllung ging.
Damals bei der Eröffnung sagte Charlie, ich sollte meine Fantasie spielen lassen und mir überlegen, wie ich mir den Laden wünschte. Und er ist genau so geworden, wie ich ihn mir vorgestellt habe. Es ist mehr als nur ein Quiltladen – eine Gemeinschaft, beinahe ein Zuhause, und ein Ort, wo Menschen sich treffen, um zu quilten, schöpferisch tätig zu sein und zu lernen. Ein Ort der Heilung und der Wagnisse. Das habe ich mir gewünscht!«
Ich lachte vor Freude über den Anblick, der sich mir bot, bis mir die Tränen in die Augen stiegen. »Und ohne euch alle hätte ich es nie geschafft. Ich wollte einen Quiltladen eröffnen und damit anderen Menschen diese großartigen Möglichkeiten eröffnen, doch ich hätte nie gedacht, dass es mir selbst so viel geben würde. Ich danke euch«, sagte ich noch einmal und blickte meinen wunderbaren Sohn und meine drei lieben Freundinnen an.
Doch das Funkeln in Margots Augen war erloschen, und sie biss sich auf die Lippe wie immer, wenn sie jemandem etwas Unerfreuliches beibringen musste. Ich hob die Hand und kam ihr zuvor: »Lass nur, Margot. Ich habe die Abrechnungen gesehen und weiß Bescheid. Ich werde den Laden schließen müssen.«
Seit Margot mir drei Tage zuvor die Bücher zur Durchsicht mitgebracht hatte, wusste ich, dass es vorbei war. Doch zum ersten Mal hatte ich es mir
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