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Die Fäden des Schicksals

Die Fäden des Schicksals

Titel: Die Fäden des Schicksals Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Bostwick
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ich, doch bezüglich der Trends hier in Neuengland bin ich mir nicht so sicher. Ich will nur hoffen, dass ich nicht Dr. Pepper auf Lager halte, wenn die Leute lieber Ginger Ale wollen.«
    »Ich habe schon von Ihnen gehört. Hier in New Bern machen Neuigkeiten schnell die Runde. Alle sagen, Sie würden kein halbes Jahr durchhalten.«
    »Ja, das bin ich. Evelyn Dixon, die verrückte Geschäftsfrau.«
    Er zuckte die Achseln. »Sind wir das nicht alle? Verrückt, meine ich. Charlie Donnelly.« Er streckte mir die Hand hin, und ich schüttelte sie.
    »Freut mich, Sie kennenzulernen, Charlie.«
    »Sie sind also aus Texas, ja?«, fragte er argwöhnisch. »Und wo ist dann Ihr Akzent?«
    »Ich habe keinen. Ich bin ich Wisconsin geboren und erst als Erwachsene nach Texas gezogen.«
    »Ach, wie schade«, erwiderte er mit einem leichten Lächeln. Und wieder war da dieses fast unmerkliche Funkeln in seinen Augen. »Um Kunden zu bezirzen gibt es nichts Besseres als einen Akzent.«
    In diesem Augenblick erschien eine Kellnerin mit zwei dampfenden Tellern. Es war dieselbe junge Frau, die ich von meinem ersten Besuch her kannte.
    »Danke, Gina. Stell sie einfach hierher.« Charlie nickte in meine Richtung, worauf die Kellnerin beide Teller auf dem Tisch abstellte. Dann ging sie, um sich der übrigen Gäste anzunehmen.
    Die Teller waren mit einem Dutzend verschiedener kleiner Vorspeisen und Appetithäppchen gefüllt. Da gab es ein rautenförmiges Stückchen Fisch, das in einer leuchtend grünen Sauce schwamm und dessen zartes weißes Fleisch die Spuren des Grillrosts trug, ein Mini-Krabbenküchlein, platziert auf einem einzigen roten Radicchioblatt, eine noch leise brutzelnde Scheibe Steak, innen zart rosa, die nach Ingwer, Knoblauch und weiteren, mir unbekannten Gewürzen duftete, und mehrere andere Speisen, darunter auch eine kleine Entenkeule, kunstvoll auf einem Hügelchen aus rubinrotem Chutney angerichtet – das Confit, das der Restaurantkritikerin Tränen entlockt hatte.
    »Das habe ich aber nicht alles bestellt«, sagte ich verwirrt.
    »Nein, natürlich nicht. Aber ich. Ein paar von diesen Sachen stehen nicht einmal auf der Speisekarte.«
    »Es sieht köstlich aus, aber … nun ja, es ist zu viel. Das schaffe ich niemals alles. Setzen Sie sich doch zu mir und helfen Sie mir dabei.«
    Charlie schüttelte bedauernd den Kopf. »Das geht nicht. Alle Tische sind besetzt, und ich muss mich um das Restaurant kümmern. Ich esse nie vor neun Uhr abends, wenn es ruhiger wird.«
    »Aber ich …« Ich wusste wirklich nicht, was ich sagen sollte. Das Essen duftete köstlich, und ich war am Verhungern. Doch der Grill war ein teures Lokal, und ich machte mir Sorgen, wie ich das alles bezahlen sollte.
    »Probieren Sie doch mal«, sagte Charlie. Offensichtlich wollte er sich nicht von der Stelle rühren, bis ich von seinem Essen gekostet hatte. »Zuerst das Confit. Sie müssen es zusammen mit dem Chutney essen. Es schmeckt herrlich. Ein Rezept meiner Mutter. Nur zu«, drängte er.
    »Charlie … Ich … Na ja, es ist nur so … Heute Morgen ist im Laden ein Wasserrohr gebrochen, und die Reparatur wird fünfzehnhundert Dollar kosten. Außerdem muss ich die Eröffnung noch einmal verschieben. Ich habe seit Monaten nichts verdient, sondern nur Geld für die Renovierung und den Lagerbestand ausgegeben. Ich muss jeden Cent dreimal umdrehen und bin seit drei Monaten nicht mehr im Kino gewesen. Aber heute war ein so schrecklicher Tag, dass ich dachte, ich hätte ein Trostpflaster verdient. Dabei dachte ich allerdings nur an ein kleines Gericht und dazu ein Mineralwasser und nicht an das alles hier …«
    Ich schaute ihn an und hoffte, er würde begreifen, in welch misslicher Lage ich mich befand. Doch vergeblich. So peinlich es mir auch war, musste ich doch offen zu ihm sein. »Charlie, ich kann mir das hier nicht leisten.«
    Einen Augenblick lang blickte er mich verständnislos an. Schließlich zuckte es erst in einem Mundwinkel, dann im anderen, und er lächelte. »Natürlich nicht, Sie Dummerchen. Jetzt, wo Sie dabei sind, ein Geschäft zu eröffnen, haben Sie keinen Cent übrig. Glauben Sie, das weiß ich nicht? Das Essen ist ein Geschenk des Hauses, ein Willkommensgruß für die neue Nachbarin. Ich dachte mir, ich sollte es Ihnen lieber jetzt ausgeben, weil ja alle sagen, dass sich Ihr Laden kein halbes Jahr halten wird.«
    Als im hinteren Teil des Restaurants eine gereizte Frauen-stimme ertönte, drehte sich Charlie um.
    »Andererseits«,

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