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Die Fäden des Schicksals

Die Fäden des Schicksals

Titel: Die Fäden des Schicksals Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Bostwick
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verbitterten Nichte, sondern an Evelyn Dixon, der Inhaberin des Quiltladens.
    Als Evelyn den Abstellraum betrat, wo Liza, Margot Matthews und ich saßen, überraschte mich ihr Aussehen. Auf dem Zeitungsfoto hatten ihre Kleider einen eleganten, geschmackvollen Eindruck gemacht, doch heute wirkten sie beinahe so nachlässig und zerknittert, als hätte sie darin geschlafen. Vielleicht, dachte ich, hatte sie für das Zeitungsfoto jemand bei ihrer Garderobe beraten.
    Auf jeden Fall war ich froh, sie zu sehen. Weil ich Liza mein Wort gegeben hatte, war ich entschlossen, den Quiltblock so schnell wie möglich fertigzustellen und dann Cobbled Court Quilts auf Nimmerwiedersehen den Rücken zu kehren. Doch ich hatte Schwierigkeiten, die Anleitung zu verstehen, die mir diese schlampig wirkende Frau mit dem abscheulichen Strassschmuck zusammen mit dem Materialset ausgehändigt hatte. Liza und Margot waren ebenso ratlos wie ich.
    Trotz Lizas peinlichem Wutausbruch löste sich die Spannung merklich, als Evelyn uns zeigte, was wir zu tun hatten. Von da an machte es mir zwar nicht unbedingt Spaß, aber ich begann, mich ein wenig für diese Tätigkeit zu erwärmen. In der Schule hatte ich Geometrie gemocht, und durch Evelyns Erläuterungen verstand ich, dass die gesamte Konstruktion eines Quilts mit seinen einzelnen Blöcken auf geometrischen Prinzipien beruhte. Nach einer Weile konzentrierte ich mich völlig darauf, die Winkel und Spitzen meines Musters ordentlich auszuschneiden, zu nähen und ein makelloses Quadrat zu fertigen. Ich war dermaßen in meine Arbeit vertieft, dass ich vergaß, aus welchem Grund ich eigentlich hergekommen war. Es bot eine angenehme Abwechslung nach einem Tag voller Spannungen. Die Zeit verging wie im Flug, und außerdem brauchte ich Liza nicht anzusehen, solange ich den Blick auf den Quiltblock heftete.
    Als Evelyn schließlich begann, uns die Applikationstechnik zu erklären, schien es mir, als würde der Tag vielleicht doch nicht so schlimm werden wie befürchtet und als sei ich bei Lizas Erpressung noch ziemlich gut davongekommen. Es kostete mich lediglich einen halben Tag Arbeit an einem Quiltblock, der gar nicht mal so übel aussah, und die Erlaubnis, dass Liza die Wände ihres Zimmers wenn schon nicht schwarz, so doch in Blau-, Grau- und Grüntönen streichen durfte, und zwar in einer Technik, durch welche der Anstrich wie italienischer Marmor wirkte. Ich hätte es mir nicht unbedingt ausgesucht, doch sie hatte es recht gut hinbekommen. Wenn ich einen Anstreicher damit beauftragt hätte, wäre ich bestimmt ein Vermögen losgeworden. Alles in allem, dachte ich, ist das ein geringer Preis dafür, dass der Hals deiner Nichte von einer Beschriftung mit dem Familiennamen verschont bleibt.
    Aber ich hatte mich zu früh gefreut. Ohne Vorwarnung fiel Evelyn Dixons gelassene Haltung in sich zusammen. Sie stach sich in den Finger und verlor ein paar Tropfen Blut, worauf sie urplötzlich in Tränen ausbrach und uns die schockierende Mitteilung machte, dass man bei ihr Krebs festgestellt hatte – ausgerechnet einen Tag bevor sie eine Spendenaktion gegen ebendiese Krankheit veranstalten wollte.
    Selbstverständlich hatte ich Mitleid mit ihr. Wer hätte das nicht gehabt? Andererseits war es ihre Angelegenheit und ging mich nichts an. Doch die Ironie des Schicksals, die darin lag, war mir natürlich ebenso wenig entgangen wie die Tatsache, dass ihr tränenreiches Geständnis in meiner und Lizas Gegenwart genau an dem Tag stattfand, an dem ein Jahr zuvor meine Schwester ihren Kampf gegen den Krebs verloren hatte. Die Welt war entweder wirklich voller ironischer Zufälle, oder Gott besaß einen grausamen Sinn für Humor. Oder steckte hinter alldem noch etwas anderes?
    Mir blieb keine Zeit, länger darüber nachzudenken, denn im nächsten Augenblick hatte bereits Margot Matthews das Heft in die Hand genommen und kommandierte mich herum. Wollten die Demütigungen heute denn gar kein Ende nehmen?
    »Abigail, holen Sie doch bitte ein Glas Wasser, ja? Oder noch besser, kochen Sie Tee«, befahl sie. »Evelyn, haben Sie hier irgendwo eine Teekanne oder eine Mikrowelle?«
    Die Tränen quollen unter Evelyns geschlossenen Lidern hervor. »Oben. In meiner Wohnung.« Sie schniefte laut und verursachte dabei ein Geräusch, das ich lieber nicht näher beschreiben möchte.
    »Sie wohnen oben? Das ist ja noch besser. Dann bringen wir Sie einfach nach Hause.« Als wäre sie eine Invalide, legte Margot Evelyn die Hand unter den

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