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Die Fäden des Schicksals

Die Fäden des Schicksals

Titel: Die Fäden des Schicksals Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Bostwick
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über meine Reaktion. »Na gut, aber wenn du es dir anders überlegst und doch willst, dass ich für dich bete, dann brauchst du nur anzurufen. Ich weiß ja, wie sehr du leidest.« Sie seufzte mitfühlend.
    »Eigentlich leide ich überhaupt nicht, Sharon. Ich bin glücklich in meinem neuen Leben und habe so viel mit meinem Geschäft zu tun, dass ich kaum dazu komme, an Rob zu denken.« Das entsprach der Wahrheit. Dann fügte ich noch hinzu: »Aber ich bin dir sehr dankbar für dein Angebot.« Was gelogen war.
    Bis jetzt hatte ich nicht viel über Tina nachgedacht; ich hatte mich lediglich gewundert, dass sie sich so lange hielt. Ich hatte sie nur einmal gesehen – sie war ungefähr achtundzwanzig, dünn, mit großen blauen Augen, dickem blondem Haar und dicken … na, Sie wissen schon. Sie arbeitete in einem Fitnessstudio am Empfang. Hätte eine Castingagentur jemanden für die Rolle der Geliebten eines leitenden Angestellten mit Midlife-Crisis gesucht, so wäre Tina die Idealbesetzung gewesen. Das machte die Scheidung noch schlimmer für mich. Ich meine, ich wäre auch nicht glücklicher gewesen, wenn mein Mann mich für eine Raumfahrtexpertin oder eine Pulitzerpreisträgerin verlassen hätte, aber dann hätte ich es wenigstens ansatzweise verstanden.
    Anfangs dachte ich, Rob würde irgendwann aufwachen und merken, dass er sein Heim, seine Familie und alles, was zählte, für das Leben in einer bunten Barbiewelt geopfert hatte, doch das geschah nie. Es war traurig und immer noch kaum zu glauben. Ich hatte ihn für vernünftiger gehalten.
    Eine nervige Tonbandstimme drang an mein Ohr, die immer und immer wieder »Bitte legen Sie auf und wählen sie erneut« sagte. Ich legte die Hand über den Hörer und schloss stöhnend die Augen. Ich wollte Rob nicht anrufen. Wenn Garrett nicht darauf bestanden hätte, wenn er nicht mein Schuldgefühl ihm gegenüber ausgenutzt und mir das Versprechen abgenommen hätte … Aber ich hatte es ihm nun einmal versprochen; da half alles nichts.
    Das Telefon klingelte mehrmals, bevor Rob (und nicht Tina!) an den Apparat kam. »Hallo.«
    »Hallo, ich bin’s.« Es folgte ein kurzes Schweigen. Einen Augenblick lang dachte ich schon, er hätte meinen Namen vergessen, und wollte ihm gerade auf die Sprünge helfen, doch da antwortete er, und seine Stimme klang besorgt.
    »Evelyn? Was ist los? Ist irgendwas mit Garrett?«
    »Nein, nichts dergleichen. Alles in Ordnung. Garrett geht’s gut. Er ist übrigens hier und will über Weihnachten bleiben.«
    »Oh, das ist schön«, sagte er, und ich bildete mir ein, einen wehmütigen Ton in seiner Stimme zu hören. Doch falls er an die glücklichen Weihnachtsfeste dachte, die wir alle gemeinsam verbracht hatten, sagte er es jedenfalls nicht. Er wartete einfach darauf, dass ich weitersprach.
    Ich atmete einmal tief durch und legte los. Dabei versuchte ich, mich so knapp und sachlich wie möglich auszudrücken. »Hör mal, Rob. Ich sagte zwar, alles wäre in Ordnung, aber das stimmt nicht ganz. Ich habe Brustkrebs.«
    »Oh, mein Gott!«, keuchte er. »Evelyn, das tut mir so …«
    »Er wurde vor einigen Monaten festgestellt, und ich habe schon eine OP hinter mir«, unterbrach ich ihn. Ein gestammeltes Schuldbekenntnis oder vage Beileidsbekundungen waren das Letzte, was ich jetzt gebrauchen konnte. »Sie konnten beim ersten Mal nicht alles entfernen, und deshalb soll Ende Januar eine beidseitige Mastektomie vorgenommen werden.«
    »Eine beidseitige … Oh, mein Gott«, sagte er noch einmal. »Evie … ich … ich kann es einfach nicht fassen. Kann ich irgendetwas für dich tun?«
    Es ärgerte mich, dass er mich bei meinem alten Kosenamen nannte. »Ich hätte dich gar nicht damit belästigt, aber Garrett wollte es unbedingt.«
    »Ich bin froh, dass du angerufen hast. Ja. Es ist nur … der Schock, nehme ich an. Kann ich dir irgendwie helfen? Hast du eine gute Krankenversicherung? Brauchst du Geld?«
    Ich schüttelte den Kopf. Typisch, dachte ich. Das Geld hatte bei Rob immer locker gesessen. Das war ja auch viel einfacher, als etwas zu unternehmen, das seinen Terminplan oder gar, Gott behüte, seine Gefühlswelt durcheinanderbrachte.
    »Nein«, entgegnete ich knapp. »Ich habe nicht angerufen, um dich anzubetteln. Im Augenblick ist Geld meine geringste Sorge.«
    »He, Evie, das ist ungerecht. Sei doch nicht so. Ich weiß, du bist jetzt bestimmt bestürzt und besorgt, aber ich wollte doch nur …«
    »Weißt du, Rob, es ist mir herzlich egal, was du

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