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Die Fäden des Schicksals

Die Fäden des Schicksals

Titel: Die Fäden des Schicksals Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Bostwick
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Fassung.
    »Und du hast mir nichts davon erzählt!« Seine Stimme wurde lauter und ein wenig schrill. »Du plagst dich seit dem Herbst damit herum und sagst mir kein Wort? Dein Geschäft steht auf der Kippe, du hast Brustkrebs, musst operiert werden, jetzt steht dir eine zweite Operation bevor, und du erzählst ein paar wildfremden Leuten davon, lässt dir von ihnen helfen, und dein eigener Sohn hat keinen blassen Schimmer?«
    Ich nickte. Er war wirklich zu Recht wütend. Seine Reaktion und die Fragen standen bereits auf meiner Liste, und ich hatte mir schon eine Antwort zurechtgelegt. »Ich weiß, ich hätte es dir sagen sollen, aber ich dachte … Schließlich hast du doch einen neuen Job und ein neues Leben, Garrett. Da wollte ich dir nicht im Weg stehen. Wenn die erste OP nach Wunsch verlaufen wäre, hätte ich es dir gleich darauf erzählt, und du hättest dir keine Sorgen mehr zu machen brauchen. Wahrscheinlich wollte ich dich eben beschützen.«
    Er kniff wütend die Lippen zusammen. »Mom, ich bin vierundzwanzig. Du brauchst mich nicht mehr zu beschützen, weil ich selbst auf mich aufpassen kann. Wenn es nötig ist, kann ich sogar auch noch auf dich aufpassen.«
    »Du hast recht, ich hätte es besser wissen sollen. Tut mir leid.« Meine Entschuldigung war ernst gemeint. »Es soll nicht wieder vorkommen, das verspreche ich dir. Von nun an wirst du alles erfahren. Keine Geheimnisse mehr. Du kannst mich fragen, was du willst.«
    »In Ordnung«, erwiderte er und stellte dann die einzige Frage, die ich nicht vorausgesehen hatte: »Wann wolltest du es Dad sagen?«
    Die Gäste gingen erst nach elf, und bis Garrett und ich das Geschirr gespült und die Ausziehcouch im Wohnzimmer bezogen hatten, war es schon beinahe Mitternacht. Ich bot ihm mein Schlafzimmer an, doch davon wollte er nichts wissen.
    »Das ist doch prima hier. Letzte Woche habe ich zwanzig Stunden am Stück gearbeitet, dann schlief ich todmüde zwei Stunden auf dem Fußboden in meinem Büro, bevor ich wieder aufstand und noch acht Stunden weitermachte. Glaub mir, ich kann überall schlafen.«
    Da hatte ich meine Zweifel, doch ich kannte diesen eigensinnigen Gesichtsausdruck meines Sohnes. »Na gut, wenn du meinst. Gute Nacht, mein Schatz«, sagte ich und drückte ihn. »Ich bin so froh, dass du da bist.«
    »Ich auch, Mom.«
    Ich ging in mein Schlafzimmer, setzte mich im Schneidersitz aufs Bett und nahm das Telefon zur Hand. In Texas war es jetzt elf Uhr. Normalerweise würde ich niemanden mehr um diese Zeit anrufen, doch in all den Jahren, in denen ich mit Rob verheiratet war, hatte er nie vor Mitternacht das Licht ausgemacht. Ich ging immer gegen zehn zu Bett, und er blieb noch auf, um sich ein paar Notizen zu machen oder die E-Mails zu beantworten, zu denen er tagsüber nicht gekommen war. Zwischen zwölf und zwei schlüpfte er dann immer leise und ohne mich zu wecken ins Bett.
    Mensch, dachte ich, ob das wohl ein Grund dafür ist, dass wir jetzt geschieden sind?
    Ich begann die Nummer zu wählen, doch vor der letzten Ziffer hielt ich inne. Ich hatte keine Lust, Rob anzurufen. Seit der Scheidung hatten wir nicht mehr miteinander gesprochen. Was sollte ich ihm sagen, wenn er sich meldete? Und was war, wenn sie ans Telefon ging?
    Von Sharon,einer unserer ehemaligen Nachbarinnen, hatte ich erfahren, dass Tina, ungefähr zehn Sekunden nachdem die Scheidung rechtskräftig wurde, bei Rob eingezogen war. Sharon war ein fürchterliches Klatschmaul, von der Sorte, die ihr Geschwätz hinter falschem Mitgefühl verbirgt. Sie kennen den Typ Mensch wahrscheinlich. Eine Zeit lang ging ich mit ihr zur Bibelstunde in der Nachbarschaft, und wenn wir dann unsere Fürbitten sprechen sollten, legte Sharon ungefähr so los: »Lieber Gott, bitte hilf Francine Diamond, die in dem rosa Backsteinhaus an der Ecke Lake Mead und Alamo Drive wohnt. Ihr Mann David ist schon wieder entlassen worden, weil er sich während der Arbeitszeit Pornoseiten im Internet angeschaut hat, und ihre Tochter Denise wurde gerade wegen ihrer Bulimie in eine Rehaklinik eingewiesen. Wir bitten dich, lieber Gott, steh der Familie bei und gib der armen Francine Kraft. Mach, dass sie eine bessere Ehefrau und Mutter wird und begreift, warum ihre Familie ein Trümmerhaufen ist. Amen.«
    Unnötig zu sagen, dass ich ihr Angebot, für mich zu beten, ablehnte, als Sharon anrief. Bei dieser Gelegenheit teilte sie mir auch mit, dass Tina in Robs Eigentumswohnung gezogen war.
    Sharon war schrecklich enttäuscht

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