Die Fährte des Nostradamus
wenigen Augenblicken eintreffen würde. Am Morgen hatte er mit Steve ein längeres Telefongespräch geführt, und mögliche Szenarien besprochen. Sowohl Steve, als auch er waren noch immer der Meinung, dass die Situation keine vernünftige Planung zuließe. Cole musste den ersten Schritt machen. Erst dann konnten sie irgendwie reagieren. Kirsten sprach auch kurz mit ihm, und konnte Sheldon dahingehend beruhigen, das Cole sich auf keinen Fall vor seinen Augen in ein Monster verwandeln würde. Sie hatte inzwischen einen sehr intensiven Kontakt mit Elaine, und stand im ständigen Dialog mit ihr.
Der Teufel besaß keinen spezifischen Körper, so Elaine. Das Bild, das sich die Menschen seit jeher vom Teufel machten, war ein von der Kirche geschaffenes, und diente lediglich dem Zweck, Angst zu schüren. Schon zu Anfängen der Religionen wusste man, dass das Volk am leichtesten mit Angst zu kontrollieren war. Tatsächlich aber war das Böse körperlos. Eine Energieform, die von schwachen Charakteren Besitz ergriff, und sich bevorzugt Menschen suchte, die eine Machtposition inne hatten, oder danach strebten. Das Böse bringt Not und Elend nicht in spektakulären Auftritten über das Land, sondern ist ein äußerst geschickter Stratege, der seine Züge über Jahrzehnte plante. Zeit spielte keine Rolle.
„Es ist soweit“, hörte er Williams neben sich flüstern. Sheldon drehte sich um, als die Eskorte des Konvois um die Ecke bog. Flankiert von Polizisten auf Motorrädern, kam die Limousine schnell angefahren, und rollte schließlich vor dem roten Teppich aus. Fotografen und Schaulustige rangen um die beste Sicht, und Schulkinder wedelten auf Kommando mit amerikanischen Fähnchen.
Cole sprang galant aus dem Wagen und wandte sich winkend der Jubelnden Menge zu, während die Limousine langsam davon rollte. Nun entdeckte Sheldon auch einige von Coles Männern. Sie hatten sich unter die Leute gemischt und Jubelten ebenfalls. Traurig, dachte Sheldon. Da stehen sie nun mit ihren toten Augen und versuchten fröhlich zu wirken.
Eine junge Frau stand mit einem kleinen Mädchen etwas abseits. Das Mädchen hielt einen großen Blumenstrauß, der für ihre kleinen Hände viel zu groß war. Die Frau bückte sich zu der Kleinen herunter, und flüsterte ihr etwas ins Ohr. Dann gab sie ihr einen leichten Schubs, worauf das Mädchen fröhlich hüpfend auf Cole zu lief.
Cole spielte den überraschten, als er die Kleine auf sich zu kommen sah. Als das Mädchen ihn fast erreicht hatte, ging der Vizepräsiden in die Knie und wollte das Kind mediengerecht auf den Arm nehmen. Plötzlich blieb die Kleine jedoch stehen, und schaute Cole misstrauisch an. Cole war einen Augenblick verdutzt, fing sich jedoch schnell und versuchte die Situation zu retten, indem er das Mädchen ergriff und lachend in die Kameras schaute. Die Kleine wand sich in Coles Armen, und fing an zu weinen. Tränen flossen über ihr gerötetes Gesicht, der Blumenstrauß fiel zu Boden. Cole tat immer noch gute Mine zum peinlichen Spiel, und gab sich gekünstelt beleidigt. Endlich ging er wieder auf die Knie, und gab das weinende Kind frei. Erleichtert rannte es sofort zu seiner Mutter, die vor Scham am liebsten im Boden versunken wäre. Sie packte das Mädchen unsanft am Arm und zerrte es hinter sich her.
Cole hatte den kleinen Zwischenfall schon vergessen, und wandte sich nun Sheldon zu, der ihm auf halbem Wege entgegen kam. Die Männer standen nun nebeneinander und schüttelten die Hände. Ein Wink in die Kameras, ein Lächeln in die Menge, dann flüsterte Cole Sheldon etwas ins Ohr, worauf die Männer in die Botschaft verschwanden.
Ein Pressesprecher informierte die enttäuschten Reporter, dass der Vizepräsident einen straffen Zeitplan einzuhalten habe, der Presse aber nach dem Empfang beim englischen Premier, für Fragen selbstverständlich zur Verfügung stünde.
Kirsten und Steve beobachteten das Treiben vor der Botschaft am Fernseher. Sie hatten mit Sheldon abgesprochen, so lange wie möglich Versteckt zu bleiben.
„Hast du die Kleine gesehen?“, fragte Steve, nachdem er den Fernseher ausgeschaltet hatte. „Die hatte panische Angst.“
Kirsten saß am Fußende ihres Bettes und war bleich wie Kalkstein. In den Händen hielt sie verkrampft einen Becher Kaffe, und wärmte sich ihre Finger daran.
„Kindern kann man nicht so leicht etwas vormachen“, meinte sie leise, und nahm einen Schluck. „Kinder haben noch eine reine Seele. Ich habe früher schon gesagt,
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