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Die Fährte

Die Fährte

Titel: Die Fährte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Nesbø
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während sie …«
    Ihr Blick huschte aus dem Fenster. »Sie hatte kaum etwas an und trat einfach hinaus ins Leben, das war Anna. Männer kamen und gingen. Sie wusste, dass sie sie nicht bekommen konnte, liebte sie aber trotzdem. Sie konnte nicht malen, stellte ihre Bilder aber trotzdem aus, auf dass alle Welt sie sehen konnte. Sie sprach mit allen so, als habe sie Grund zur Annahme, dass alle sie mochten. Auch mit mir. Es gab Tage, da hatte ich das Gefühl, Anna habe mir mein eigentliches Ich gestohlen. So als ob es nicht Platz für uns beide gab und ich warten musste, bis ich an der Reihe war.« Sie lachte wieder ihr nervöses Lachen. »Aber dann starb sie. Und da habe ich bemerkt, dass es nicht so war. Ich kann nicht sie sein. Jetzt kann niemand mehr sie sein. Ist das nicht traurig?« Sie richtete ihren Blick auf Harry. »Nein, ich habe sie nicht gehasst. Ich habe sie geliebt.«
    Harry spürte es im Nacken kribbeln. »Können Sie mir erzählen, was an dem Abend geschehen ist, an dem Sie mich hier draußen auf der Treppe gefunden haben?«
    Das Lächeln kam und ging wie das Licht in einer defekten Neonröhre. Als ob eine glückliche Person ab und zu auftauchte und durch ihre Augen schaute. Harry musste unwillkürlich an einen Damm denken, der kurz davor war, zu brechen.
    »Sie waren hässlich«, flüsterte sie. »Aber irgendwie auch schön.«
    Harry zog die Augenbrauen hoch. »Hm. Als Sie mir aufgeholfen haben, hab ich da nach Alkohol gerochen?«
    Sie sah überrascht aus, als wäre ihr dieser Gedanke zuvor noch nie gekommen. »Nein, eigentlich nicht. Sie haben nach … gar nichts gerochen.«
    »Nach nichts?«
    Sie wurde krebsrot. »Nichts Spezielles.«
    »Habe ich auf der Treppe etwas verloren?«
    »An was denken Sie?«
    »Ein Handy. Schlüssel.«
    »Was für Schlüssel?«
    »Das frage ich Sie.«
    Sie schüttelte den Kopf. »Kein Handy. Und die Schlüssel habe ich wieder in Ihre Tasche gesteckt. Warum fragen Sie danach?«
    »Weil ich weiß, wer Anna Bethsen getötet hat. Ich will nur ganz sichergehen.«
     

 
     
     

    Kapitel 44 – Patrin
     
    Am nächsten Tag war der zwei Tage alte Schnee fort. In der Morgensitzung des Raubdezernates sagte Ivarsson, dass sie wohl auf einen neuen Bankraub hoffen mussten, wenn sie im Falle des Exekutors weiterkommen wollten. Beates Vermutung hingegen, er werde in immer kürzeren Abständen zuschlagen, habe sich leider als falsch erwiesen. Zur Überraschung aller schien Beate diese indirekte Kritik nicht nahe zu gehen, sie zuckte bloß mit den Schultern und sagte, es sei bloß eine Frage der Zeit, bis der Exekutor die Kontrolle verlöre.
    Am gleichen Abend rollte ein Streifenwagen auf den Parkplatz vor dem Munch-Museum und blieb stehen. Vier Männer stiegen aus, zwei uniformierte Polizeibeamte und zwei Zivilpersonen, die sich aus der Ferne betrachtet an den Händen zu halten schienen.
    »Sorry für die Sicherheitsmaßnahmen«, sagte Harry und deutete auf die Handschellen. »Aber nur so habe ich die Genehmigung dafür gekriegt.«
    Raskol zuckte mit den Schultern. »Ich glaube, es quält Sie mehr als mich, dass wir so nah aneinander gekettet sind, Harry.«
    Die Gruppe ging über den Parkplatz zum Fußballplatz und den Wohnwagen. Harry gab den Beamten ein Zeichen, draußen zu warten, ehe er und Raskol in den kleinen Wohnwagen kletterten.
    Simon wartete drinnen. Er hatte eine Flasche Calvados und drei kleine Gläser bereitgestellt. Harry schüttelte den Kopf, öffnete die Handschellen und schob sich auf die Eckbank.
    »Merkwürdig, wieder zurück zu sein?«, fragte Harry.
    Raskol antwortete nicht, und Harry wartete darauf, dass Raskols schwarze Augen den Wohnwagen scannten. Harry sah, dass der Blick des Zigeuners auf dem Bild der zwei Brüder über dem Bett hängen blieb, und glaubte zu erkennen, dass sich der weiche Mund ein klein wenig verzog.
    »Ich habe versprochen, dass wir vor zwölf wieder zurück im Botsen sind, wir sollten also zur Sache kommen«, sagte Harry. »Es war nicht Alf Gunnerud, der Anna getötet hat.«
    Simon sah zu Raskol, der Harry anstarrte.
    »Und es war auch nicht Arne Albu.«
    In der Pause, die folgte, schien das Rauschen der Autos auf dem Finnmarksvei lauter zu werden. Vermisste Raskol dieses Rauschen, wenn er sich in seiner Zelle schlafen legte? Vermisste er die Stimme aus dem anderen Bett, den Geruch, den gleichmäßigen Atem seines Bruders im Dunkel? Harry wandte sich an Simon. »Kannst du uns allein lassen?«
    Simon blickte zu Raskol, der kurz nickte. Er

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