Die Fahrt der Slanderscree
großen Freund nicht besonders gut, aber ich glaube, er trägt, wo immer er auch hingeht, eine erhebliche seelische Last mit sich herum. Er scherzt zwar mit Worten, aber nicht mit den Augen.« Er sah Ethan an. »Sie allerdings sind gute Freunde.«
»Sehr gute, glaube ich.« Ethan sah sich nach September um, doch der Hüne war bereits verschwunden. »Er hat aber recht. Wir kennen die Tran nicht wirklich.«
Und ich kenne dich nicht wirklich, Skua September, nicht wahr?
Er schlenderte zu Hunnar und Elfa hinüber, die sich endgültig von den zurückbleibenden Besatzungsmitgliedern verabschiedeten.
»Wir werden uns bald in Wannome wiedersehen und am großen Feuer in der Halle der Landgrafen feiern.« Hunnar schlug dem alten Krieger auf beide Schultern, und Balavere Langaxt erwiderte die Geste. Dann wurde er von Elfa umarmt.
»Mögen die guten Geister mit dir sein, Prinzessin, und dich sicher zu uns zurückgeleiten. Dein Vater wird enttäuscht sein, dich nicht unter uns zu finden.«
»Mein Vater wird murren und brummen und dann wieder an seine Arbeit gehen«, erwiderte sie mit einem Lächeln. »Du wirst ihm immer noch Geschichten erzählen, wenn wir endlich in Wannomes Hafen vor Anker gehen, denn wir werden zurück sein, bevor deine Stimme und Phantasie erschöpft sind.«
Dann war Ethan an der Reihe. Als die Zeremonien abgeschlossen waren, suchte Langaxt die geschäftige Menge hinter ihnen ab. »Wird der große September nicht kommen, um uns Lebwohl zu sagen?«
»Er schmollt«, informierte ihn Ethan. »Macht eine große Schau daraus, wie sehr es ihn aufregt, daß er mit uns kommt.«
Langaxt nickte verständnisvoll. »September ist einem kleinen Fleischfresser sehr ähnlich, der Toupek genannt wird. Er ist einzelgängerisch, jagt allein, kommt mit anderen seiner Art nur zusammen, um sich zu begatten und brüllt wie Donner – aber er ist nur so groß.« Er hielt seine Pranken dreißig Zentimeter auseinander.
»Ich weiß nicht. Skua spricht davon, daß wir euch nicht kennen würden. Manchmal glaube ich, daß ich dich, Hunnar und Elfa besser kenne als ihn.«
»Er ist schon seltsam, dein hochgewachsener Freund«, stimmte ihm Langaxt ernst zu, »selbst für einen Menschen. Ich glaube, er segelt am liebsten gegen den Wind.«
»Warum sollte ihm das was ausmachen?«
Ethan brauchte einen Moment, um zu erkennen, daß er gerade einen Scherz gemacht hatte, den nur ein Tran verstehen konnte. Übersetzt hätte er jemandem wie Cheela Hwang nichts bedeutet. Er war wirklich schon sehr lange hier.
Langaxts Gruppe verließ das Eisschiff und stellte sich auf dem Steindock auf. Ein Stoß eisiger Luft schlug Ethan ins Gesicht, und er schloß das Visier seines Überlebensanzugs. Durch das polarisierte Glas beobachtete er, wie Langaxt und seine Begleiter sich feierlich verbeugten.
Ta-hoding nahm hinter dem Steuerrad des Seglers Aufstellung und schnauzte Kommandos. Der Wind, der Ethan dazu gebracht hatte, sein Visier zu schließen, störte den Kapitän nicht im mindesten. Tran enterte die Takelage und die verstellbaren Spieren. Aus Pika-pina gewebte Segel wurden losgemacht.
Eine beachtliche Menge hatte sich zur Abreise des Eisklippers eingefunden. Ein paar Menschen aus der Forschungsstation ließen ihre Videorecorder laufen und murmelten Kommentare in ihre Mikrophone. Ein dreimastiges Eisschiff, geformt wie eine Pfeilspitze, auf fünf mächtigen Kufen, deren Metall dem zerstörten Rettungsboot entstammte, das Ethan, Skua und Millikan Williams ursprünglich auf diese Welt gebracht hatte – die Slanderscree war ein Objekt des Staunens für jeden, der sie zu Gesicht bekam, mochten es Menschen oder Tran sein. Es gab nichts auf dieser Welt, das mit ihr vergleichbar war. Ihre Vorfahren, die Klipper, hatten einstmals Tee, Porzellan und Passagiere über die Ozeane der Erde befördert. Milliken Williams hatte ihre Konstruktion an die Erfordernisse Tran-ky-kys und seiner gefrorenen Meere angepaßt.
Den Wind mit der Virtuosität eines Flötisten nutzend, ließ Ta-hoding das mächtige Schiff rückwärts vom Dock ablegen. Die Menschen waren zu sehr mit ihren Aufgaben beschäftigt, um zu jubeln, während die Tran keinen Grund dazu hatten. Die feierlichen Abschiedsgrüße waren ausgetauscht; soweit es Balavere Langaxt und seine Begleiter betraf, waren ihre Freunde und Schiffskameraden bereits außer Sicht.
Unter Ta-hodings Leitung schwenkte der Eisklipper sauber auf seiner fünften Kufe herum, dem Heckruder, mit dem das Schiff gesteuert wurde.
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