Die Fahrt der Slanderscree
unseren Milliken einfach nicht als eine richtige Bedingung vorstellen.«
»Ach ja, kannst du nicht? Korrigiere mal deinen Blickwinkel, Jungchen. In diesem Haufen macht Milliken eine bemerkenswerte Figur, und ich meine nicht seine Körpergröße. Er hat gesehen und erlebt, wovon diese Stubenhocker nur träumen können – und er lebt noch, um davon berichten zu können. Und für die Tran ist er ein echter, wahrer Held. Glaub doch nicht, daß unseren intellektuellen Freunden solche Dinge entgehen. Jemand wie er schneit nach Brass Monkey hinein, auf einem Schiff, das er selbst entworfen hat, bemannt von Tran, die zu Verbündeten zu machen er geholfen hat, und ein akademischer Grad ist keinen Schuß Pulver mehr wert. Kannst du nicht erkennen, wie beeindruckt Hwang von einer solchen Gestalt sein kann?« In Septembers Stimme lag eindeutig Belustigung.
»Mag sein. Aber die ganze Zeit, als wir auf dem Eis waren, hatte ich irgendwie das Gefühl, daß Milliken vielleicht… du weißt schon.«
»Ich dachte das auch, Jungchen, was die neuesten Entwicklungen nur um so verblüffender und interessanter macht. Doch denkt man darüber nach, paßt alles sehr gut zusammen. Unsere Freundin Cheela gehört mehr zur dominierenden Sorte, auch wenn sie ein winziges Persönchen ist und…«
»Hast du nichts Wichtigeres, worüber du spekulieren kannst?« fragte Ethan entrüstet.
»Bestimmt nicht«, antwortete September fröhlich. Er wies auf die Eisfläche, die unter ihnen vorbeizog, auf das ausgedehnte eintönige Pika-Pina-Feld. »Nicht hier draußen, nein. Ich frage mich nur, welchen Reim sich die Tran auf diese Vorgänge machen. Fremdrassig oder nicht, wir haben es hier mit einer Bande von Matrosen zu tun. Matrosen sind Matrosen, egal, welche Form ihre Pupillen oder Füße haben.«
»Behalte es einfach nur für dich, Skua. Was du amüsant findest, könnten sie für blasphemisch, unheilbringend oder sonst etwas halten. Wir wissen nicht, was sie von Romanzen an Bord eines Schiffes halten.«
»Tran würden da nicht so reagieren, aber in einem hast du recht, Jungchen. Ich sollte meine große Klappe halten.« Er wies mit dem Kopf zu dem Gelehrtenquartett. »Es wird aber nicht leicht sein, es geheimzuhalten, so wie die zwei sich aufführen. He, ist dir klar, daß sie gestern…«
Der Wind heulte über den Bug und übertönte die letzten Worte des davonschlendernden September.
Jetzt, da die Idee eingepflanzt war, mußte Ethan feststellen, daß Williams und Hwang seinen Blick wie magnetisch anzogen. Er verfluchte September, weil er ihn mit Belanglosigkeiten ablenkte. Es ging weder ihn noch sonst irgend jemand etwas an, was sich zwischen den beiden abspielte. Sollte es wahr sein, freute er sich jedenfalls für Milliken.
Er bemerkte, daß er still vor sich hin grinste.
Am nächsten Nachmittag begegneten sie keiner Achivar-Herde, sondern einer veritablen Armee davon, die aus dem Süden auf sie zuschoß. Braune und rosa Stacheln erstreckten sich von Horizont zu Horizont. Weibchen und Junge wichen den Kufen der Slanderscree elegant aus, während die größeren männlichen Tiere gelegentlich versuchten, mit ihren Vorderstacheln die Metallträger zu treffen. Der Eisklipper segelte durch ein Meer flaggenbewehrter Spieße.
»Das müssen Hunderttausende sein!« brüllte Moware begeistert, während er vergeblich versuchte, sich zu entscheiden, wohin er seinen Recorder richten sollte.
Hunnar und Ethan beobachteten das erstaunliche Schauspiel Seite an Seite. »Ich habe nie einen so großen Zug gesehen oder davon gehört. Es ist auch nicht die richtige Jahreszeit.«
»Vielleicht haben sie in diesem Teil des Planeten andere Gewohnheiten«, meinte Ethan.
Hunnar machte eine zustimmende Geste. »Vielleicht. Man sollte meinen, daß sie in einer so fruchtbaren Gegend Halt machen, um zu äsen, aber sie hasten weiter nach Norden. Es sieht fast so aus, als würden sie vor etwas davonlaufen.«
5
»POYOLAVOMAAR IN SlCHT!«
Alle Blicke wandten sich dem Ausguck an der Spitze des Hauptmastes zu. Alle eilten nach vorn, und sowohl Besatzung als auch Passagiere versuchten, einen ersten Blick auf den mächtigen Stadtstaat zu werfen, der sich im Anschluß an die Schlacht vor Moulokin mit Sofold verbündet hatte. Die Wissenschaftler waren begierig, die sieben Hügel zu sehen, von denen man ihnen erzählt hatte, während Ethan, September, Williams und die Tran sich fragten, welche Regierung wohl während ihrer Abwesenheit errichtet worden war. Würde man sie immer
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