Die Fahrt der Slanderscree
noch als Freunde begrüßen? Gar als Verbündete?
Eine Stunde später befanden sie sich zwischen den vorgelagerten Inselchen, steilwandigen Vulkankegeln, deren Spitzen aus dem gefrorenen Ozean herausragten. Bauernhäuser aus behauenem Stein sprenkelten sauber terrassierte Abhänge, aus hohen Schornsteinen stieg Rauch. Die erste der sieben großen Inseln, die den Hauptteil der Bevölkerung Poyolavomaars beherbergten, lag Bug voraus.
Ethan suchte die Hänge nach Anzeichen von Krieg oder Auseinandersetzungen ab und gestattete sich einen erleichterten Seufzer, als er keine fand. Die damalige Absetzung des mordlustigen ehemaligen Landgrafen hatte keinen Bürgerkrieg nach sich gezogen. »Sieht ziemlich friedlich aus.«
September nickte. »Hier hat jemand die Kontrolle übernommen, und das ganz ohne Härte. Einige der Docks und Häuser sind mit neuen Holzschnitzereien geschmückt, wie ich sehe. Unterdrückte haben keinen Sinn für Schmuck. Ich frage mich, wer der neue Landgraf ist. Vielleicht dieser junger Offizier T’hosjer T’hos, der Rakossa erledigt hat.«
»Könnte sein, aber ich denke mir, die Edlen werden jemanden wählen, der enger mit dem Thron verbunden ist, falls sie einen entfernten Verwandten finden können, der nicht so verrückt ist wie Rakossa. Na ja, wir werden es bald erfahren.«
Kleine Eisboote änderten ihren Kurs, um die Slanderscreee zu eskortieren. Der Eisklipper war mit keinem anderen Schiff auf Tran-ky-ky zu verwechseln. Diejenigen Poyolavomaarer, die es gesehen hatten, als es auf dem Weg zum sagenhaften Moulokin gewesen war, erkannten es sofort wieder. Die Bürger des Stadtstaates besetzten die Takelage ihrer viel kleineren Schiffe oder drängten sich an deren Reling, um die Ankömmlinge mit Pfiffen und Rufen zu begrüßen.
Ein schlankes Eisboot mit hohem Segel blieb lange genug längsseits, um einem Mitglied seiner Besatzung einen Akt akrobatischer Verwegenheit zu ermöglichen, der selbst die hartgesottenen Matrosen Sofolds Beifall zollten. Sich mit seinen kräftigen Krallen in den Steuerbordausleger klammernd, kletterte er diesen hinunter, bis er direkt an dessen Ende über der Kufe hockte. Dann hob er eine Tatze, gerade lange genug, daß sein Rudergänger es sehen konnte. Dieser manipulierte einfühlig Wind und Segel, bis sich der Steuerbordausleger des Eisboots langsam hob, und es, sechzig Stundenkilometer schnell, nur noch auf Bug- und Heckkufen dahinschlitterte. Um eine Haaresbreite weiter nach Backbord geneigt, und das Boot würde überrollen und mitsamt Besatzung auf das Eis krachen. Zu plötzlich zurück nach Steuerbord, und der Aufprall würde den gefährlich balancierenden Reiter von seinem Platz reißen und auf das Eis oder unter die Kufen der Slanderscree schleudern.
Es kam weder zu dem einen noch dem anderen. Als das Boot so weit nach Backbord geneigt war wie möglich, sammelte sich der tollkühne junge Tran und sprang – seine Krallen gruben sich in das Holz der in die Bordwand eingelassenen Leiter. Das Boot, von dem er gekommen war, setzte im selben Moment wieder voll auf das Eis auf. Viele Matrosen der Slanderscree brüllten beifällig, andere streckten die Arme aus, um dem Enterer an Deck zu helfen.
Er entpuppte sich als hochgewachsener, schlanker Tran, der gerade der Pubertät entwachsen war. Sein Fell zeigte den Glanz der Jugend, und seine Augen blitzten erregt, als er versuchte, alles auf einmal in sich aufzunehmen. Sein Blick kam erst zur Ruhe, als er Ethan und September gewahr wurde.
»Ihr seid es, die uns geholfen haben, unsere Freiheit wiederzugewinnen und uns von dem Tyrannen Rakossa zu befreien. Ihr seid zu uns zurückgekehrt.«
»Nur auf der Durchreise«, erwiderte September. »Und was die Wiedererlangung eurer Freiheit angeht, das habt ihr selbst getan.«
»Wer herrscht jetzt in Poyolavomaar?« fragte Ethan.
»T’hosjer T’hos, der den Tyrannen entthronte.«
»Sie haben die richtige Person anstatt der richtigen Blutlinie gewählt«, murmelte September. »Vernünftige Leute, unsere Tran.«
»Wir freuen uns darauf, deinem neuen Landgrafen zu begegnen«, sagte Ethan zu ihrem Besucher.
»Und er wird sich glücklich schätzen, euch zu begrüßen«, erwiderte der Jüngling. »Ich heiße Neravar Blad-Kagenn, Soldat der Insel-Garde. Es wäre mir eine Ehre, euch zur Burg zu begleiten.«
»Es ist uns ein Vergnügen, dich an Bord zu haben.« September blickte an dem jungen Krieger vorbei. Sein kleines Schiff hatte sich rasch entfernt, vielleicht, um die
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