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Die Fahrt des Leviathan

Die Fahrt des Leviathan

Titel: Die Fahrt des Leviathan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Henkel
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Anerkennung meiner Nation beweist!«
    »Ein großzügiges Angebot, Sir. Doch ich werde, mit Ihrer Erlaubnis, erst über meine Belohnung nachdenken, wenn ich Grund dazu habe«, entgegnete Levi bescheiden. Dann trat er an den Tisch, holte ein Stück Kreide aus der Tasche hervor und skizzierte auf der Tischoberfläche mit sicherer Hand die südliche Küstenlinie Karolinas von Friedrichsburg bis Savannah.
    »Mein Operationsplan ist einfach, bedarf aber sorgfältiger Vorbereitung und präziser Durchführung«, kommentierte er. »Zwei wichtige Voraussetzungen sind zu erfüllen. Erstens muss in Georgia , in Savannah, eine konföderierte Streitmacht von etwa 1500 Mann auf Abruf bereitstehen.«
    Beaulieu fuhr sich nachdenklich über die Bartspitzen. »Das dürfte nicht leicht zu bewerkstelligen sein, bedenkt man unseren eklatanten Mangel an Soldaten. Doch ich denke, für diesen Zweck werden sich viele freiwillig melden, vor allem Nachkommen vertriebener NeitherNors. Und die zweite Voraussetzung?«
    Levi vollendete seine Zeichnung und legte das Kreidestück beiseite. »Eine hundertzwanzig Mann starke Truppe hier in Karolina, heimlich ausgebildet von mir selbst. Zwanzig davon handverlesene Leute, die allein ich auswähle.«
    »Ein Kinderspiel«, meinte Weaver großspurig. »Ich kenne mehr als genügend Männer, die es kaum erwarten können, endlich gegen die preußische Herrschaft zu kämpfen. Aber uns fehlen Waffen.«
    Kolowrath winkte ab: »Überlassen Sie das nur dem Evidenz-Büro. Leutnant, fahren Sie bitte fort.«
    »Sehr gerne.« Levi platzierte die Weingläser auf der Kartenskizze, zwei in Friedrichsburg und eines in Savannah. »Gehen wir davon aus, dass die
Great Eastern
9000 Tonnen Baumwolle nach Europa brachte, nunmehr bis an den Rand beladen mit Kriegsgütern zurückgekehrt ist und jetzt im Hafen von Friedrichsburg liegt«, führte er aus und zeigte auf eines der Gläser. »Das ist der Zeitpunkt, wenn die von mir ausgebildeten hundertzwanzig NeitherNors zum Einsatz gelangen. Sie schlagen überraschend los, besetzen alle wichtigen Punkte der Stadt wie den Bahnhof, das Telegraphenamt et cetera. Ich selbst führe dabei die zwanzig Mann starke Sturmkolonne, welche sich des Kronprinzen Friedrich bemächtigt.«
    Levis Finger umfassten von oben das nahebei stehende andere Glas und hielten es fest. »Mit dem allseits verehrten Prinzen in unserer Gewalt werden die Preußen für eine Weile wie paralysiert sein und es nicht wagen, etwas zu tun, das sein Leben in Gefahr bringen könnte. Diese Periode der Lähmung müssen wir nutzen. Nun rücken die in Savannah bereitstehenden Truppen per Eisenbahn ein« – er schob das dritte Glas hinüber zu den beiden anderen – »und besetzen Friedrichsburg. Mit einer ganzen Stadt als Geisel sind wir dann die Herren der Lage. Sodann können wir mit der Entladung der
Great Eastern
beginnen. Die Konföderierte Armee erhält ihre Waffen, mit denen sie den Krieg gegen die Nordstaaten für sich entscheidet. Karolina ist befreit und Preußen unsterblich gedemütigt. Alle Ziele sind erreicht.«
    »Exzellent!«, frohlockte Weaver und klatschte begeistert in die Hände. »Ich sehe alles bildlich vor mir. Ein brillanter Plan!«
    Doch Beaulieu schien diese Einschätzung nicht zu teilen. Er lobte das Konzept zurückhaltend, um dann zu bedenken zu geben: »Ist dieser ganze Aufwand nicht ein wenig überzogen? Wäre es nicht weit einfacher, die
Great Eastern
auf ganz gewöhnliche Weise zu entladen, der Armee die Waffen zu liefern und erst dann, nachdem der Sieg über die Yankees errungen wurde, Karolina aus einer Position der Stärke heraus zu besetzen?«
    »Einfacher wäre es mit Sicherheit«, meinte Levi. »Aber bedauerlicherweise auch undurchführbar. Die Hafenarbeiter hier sind nahezu ausschließlich entflohene ehemalige Sklaven. Sie werden zähneknirschend das Schiff mit Baumwolle beladen, weil die Zeiten schlecht sind und sie ihre Familien ernähren müssen. Man könnte überdies zur Vermeidung größerer Probleme im Vorfeld verbreiten, das Schiff solle Getreide für die hungernde Zivilbevölkerung des Südens aus Europa holen. Doch wenn die
Great Eastern
mit einer gewaltigen Ladung Waffen für die Südstaaten zurückkommt, dann bringt das definitiv das Fass zum Überlaufen. Freiwillig werden sie keinen Finger rühren. Und zum Entladen zwingen können wir sie nur, wenn die Konföderation zuvor hier die Macht übernommen hat.«
    Weaver nickte so nachdrücklich, dass der Fettwulst unter seinem Kinn in

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