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Die Falken Gottes

Die Falken Gottes

Titel: Die Falken Gottes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Wilcke
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gestiegen wie in der Nähe dieses Mannes.
    Inzwischen war auch die Magd aus der Kutsche gestiegen. Die obersten Knöpfe ihres Hemdes standen offen, und ihre Haube war so verrutscht, als wäre sie durch einen Sturm gelaufen. Ihre Augen funkelten noch immer wütend.
    »Jagt diesen Bauerntrampel fort«, rief sie. »Oder besser noch, ruft die Büttel herbei. Vielleicht wollte sie Euch bestehlen.«
    »Halt dein Maul, Ebba«, wies Ohlin die Magd zurecht. »Willst du, daß die halbe Stadt davon erfährt, was wir hier getan haben?«
    Ebba verzog beleidigt das Gesicht. »Wen würde das denn überhaupt interessieren?« Sie deutete auf Anneke. »Aber wenn Ihr meint, dann nehmt Euch doch die vor, um Euch Erleichterung zu verschaffen.« Trotzig verschränkte die Magd ihre Arme vor der Brust und verließ mit einem Schnauben den Stall.
    Ohlin betrachtete Annekes zerrissenen Rock. Er streckte seine Hand aus und zog ihn zur Seite, so daß sein Blick auf ihre Beine fiel. Es schien ihm zu gefallen, was er dort sah, denn er lächelte und meinte: »Vielleicht ist diese Idee gar nicht mal so übel.«
    Anneke schlug erbost seine Hand fort. »Untersteht Euch, mich anzufassen!«
    |48| »Du bist ein rechter Wildfang«, stellte Ohlin fest.
    »Ich bin nicht zu Euch gekommen, um mich begaffen zu lassen.«
    »Ach nein?« meinte er in gespielter Überraschung. »Womöglich hat meine Frau dich geschickt, um zu verhindern, daß ich Ebba allzulang von der Arbeit abhalte.«
    Die blasierte Art, wie dieser eitle Kerl mit ihr sprach, mißfiel Anneke. Sie wollte nur noch fort von hier. Darum würde sie jetzt hinter sich bringen, weswegen sie Ohlin aufgesucht hatte, und dann konnte sie endlich zu Seybert zurückkehren.
    »Wollt Ihr nun hören, was ich Euch zu sagen habe?«
    Ohlin strich über seine Haare. »Verrate mir zuerst, wer du eigentlich bist.«
    »Mein Name ist Anneke. Ich arbeite als Dienstmagd in einer Schenke in Lengerich. In einem Waldstück nahe der Ortschaft wurde ich zur Zeugin einer Mordtat. Ein Mann, wahrscheinlich ein Botenreiter, ist ermordet worden.«
    Ohlin lachte. »Aber womöglich hast du dir das alles auch nur eingebildet, um dich aufzuspielen.«
    »Nein, ich …«
    Aus der Ferne erklangen Trompetenfanfaren. Ohlins Kopf schnellte zur Seite, und Anneke stockte mitten im Satz.
    »Oh, verdammt, der Graf begibt sich bereits an seine Tafel. Kann es denn schon so spät sein?« Er hastete zum Ausgang des Stalls. Anneke folgte ihm und versuchte ihn aufzuhalten. Er durfte noch nicht gehen, nicht, bevor sie ihm alles berichtet hatte. Der Tote mußte seinen Frieden finden.
    »Wartet!« meinte sie, doch er eilte schon über den Hof. Sie lief ihm nach, durchquerte die Tenne und stand dann mit Ohlin auf der Straße.
    Der Schwede hielt inne und faßte sich an den Kopf. |49| »Mein Hut«, stöhnte er. Ohlin rannte zurück in das Haus und kehrte bald darauf mit einem breitkrempigen Filzhut zurück, der mit bunten Straußenfedern geschmückt war.
    »Nun hört mir doch bitte zu«, sagte sie, als Ohlin an ihr vorbeilief und die Straße entlanghastete. Bis zum Ende der Straße versuchte sie mit ihm Schritt zu halten, dann gab sie es auf, blieb keuchend stehen und rief ihm hinterher: »Bevor der Mann im Wald starb, hat er mir aufgetragen, Euch aufzusuchen. Er hat mir Euren Namen genannt. Hört Ihr? Euren Namen.«
    Ohlin hatte sich bereits einige Hausreihen von ihr entfernt. Sie wußte nicht, ob er ihre Worte verstanden hatte, und es war ihr nun auch egal. Wenn dieser blasierte Parvenü nicht hören wollte, was sie ihm mitzuteilen hatte, dann konnte sie nichts dagegen ausrichten.
    Enttäuscht wandte Anneke sich um und schlug den Weg zurück zum Markt ein.

|51| Kapitel 5
    Während Magnus Ohlin über den Domvorplatz lief, fragte er sich noch immer, was dieses seltsame Mädchen, das ihn mit Ebba in der Kutsche überrascht hatte, von ihm gewollt hatte. Sie hatte ihm etwas von einem Toten hinterhergerufen, einem Mord im Wald und einem Mann, der sie zu ihm geschickt hatte. Magnus nahm an, daß ihr Geist verwirrt war. Das Mädchen mochte nicht klar bei Verstand gewesen sein, aber nichtsdestotrotz hatte ihm durchaus gefallen, was er gesehen hatte, als ihm ihr zerrissener Rock einen Blick auf das rosige junge Fleisch ihrer Schenkel ermöglicht hatte.
    Er wandte sich um und stellte erleichtert fest, daß sie ihm nicht länger folgte.
    Kurz darauf erreichte Magnus das schwedische Gesandtenquartier an der Domsfreiheit und die Hofanlage des Hauptgesandten Johan

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