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Die Falken Gottes

Die Falken Gottes

Titel: Die Falken Gottes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Wilcke
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Jahrzehntelang war man diesen Unstimmigkeiten mit Stillschweigen ausgewichen, erst vor etwa zehn Jahren, während der Verhandlungen zum Frieden von Prag, waren diese Fragen wieder zu einem Thema geworden.
    »Ihr nehmt die Reformierten in Schutz?« meldete sich nun auch Malkolm Arvidson zu Wort. Er richtete einen Finger auf Magnus. »Hier spricht der Günstling einer Königin, die Lutheraner, Reformierte und womöglich gar die aufrührerischen Calvinisten als gleichwertige Parteien betrachtet.«
    Natürlich steckte in Arvidsons Bemerkung ein Kern Wahrheit, auch wenn er wie so häufig zur Übertreibung neigte. Im Gegensatz zu den Oxenstiernas, die dem Lager der streng Lutherischen angehörten, wurden die junge schwedische Königin Christina wie auch Johan Adler Salvius zu den Unionisten gezählt, die dem Streben der Reformierten nach dem Schutz des Reiches weitaus differenzierter gegenüberstanden.
    »Die Königin will einen Frieden um jeden Preis«, setzte Arvidson nach und fixierte Magnus mit einem abfälligen |62| Blick. »Es heißt, Ihr kennt die Stellen, an denen man die Königin kitzeln muß, um ihre Entscheidungen zu beeinflussen. Vielleicht könnt Ihr sie dazu bringen, sich an den Geldbörsen der Reformierten schadlos zu halten.«
    »Aber laßt ein Licht brennen, wenn Ihr der Königin nahe kommt, sonst verwechselt Ihr Christina womöglich mit einer ihrer Stuten«, sagte Gyllenhammer. Er lachte laut, hob seinen Pokal und prostete Magnus zu.
    Magnus reagierte auf diese Schmähung mit einem gequälten Lächeln und wartete vergeblich darauf, daß Oxenstierna gegen die Beleidigung der Königin einschreiten würde.
    Daß er von dem Grafen keine Unterstützung erhielt, verwunderte ihn nicht. Magnus war klar, daß Oxenstierna weder an seinem Rat interessiert war noch daß er ihm vertraute. Er saß nur aus einem einzigen Grund an dieser Tafel: Oxenstierna wußte um das angespannte Verhältnis, das sich seit einiger Zeit zwischen Magnus und Salvius aufgebaut hatte, und es schien ihm Vergnügen zu bereiten, Salvius ein wenig damit zu provozieren, daß er sich mehr und mehr die Dienste seines Neffen sicherte und diesen auf seine Seite zog. Nicht zuletzt deshalb, weil er wohl hoffte, von Magnus die eine oder andere vertrauliche Information aus dem Umfeld des Salvius zu erhalten.
    Während weiter lebhaft über das Problem der
Satisfactio militium
disputiert wurde, schenkten die Mägde stetig den Wein nach. Gyllenhammer und Arvidson lallten bereits auffällig, und auch Magnus spürte, daß ihm der Rheinwein zu Kopf stieg. Zu den beiden fülligen, älteren Mägden gesellte sich mittlerweile ein recht hübsches, blondes Dienstmädchen, dem Magnus zuvor noch nicht in Oxenstiernas Haushalt begegnet war. Ihm fiel auf, daß sie ihn immer wieder verstohlen betrachtete. Wenn er dann diese Aufmerksamkeit erwiderte, senkte sie schnell den Blick. Magnus bedachte |63| sie mit einem Lächeln, doch die Magd verzog keine Miene und ging weiter ihren Pflichten nach.
    Er kümmerte sich nicht weiter um sie und verfolgte aus den Augenwinkeln, daß Alexander Erskein und der Sekretär Sonnert leise miteinander sprachen, während sich nun auch Erland Gyllenhammer mit dröhnender Stimme über die Anmaßungen des Militärs beklagte.
    Der Blick auf Sonnert erinnerte Magnus daran, daß er nicht in Oxenstiernas Haus gekommen war, um sich an dessen Tafel zu betrinken und spöttische Bemerkungen über sich ergehen zu lassen. Er erhob sich, spielte den Betrunkenen, indem er auffällig schwankte, und brachte lallend hervor: »Ich … ich werde auf dem Abtritt darüber nachdenken, wer für diesen Krieg bezahlen muß.«
    »Ihr wäret nicht der erste, dem dort eine gute Idee gekommen ist«, schickte Gyllenhammer ihm hinterher, als er vom Audienzzimmer auf den Korridor taumelte. Dort versuchte er sich zu orientieren. Zwar war er nicht so betrunken, wie er es den anderen glauben machen wollte, aber die Bittermandeln konnten auch nicht völlig verhindern, daß sein Geist vom Wein vernebelt wurde.
    Er eilte am Treppenabsatz vorbei zu der Tür am Ende des Korridors, wo sich Sonnerts Arbeitszimmer befand. Wie Magnus es erwartet hatte, war der Raum verschlossen. Hastig kramte er in seiner Wamstasche nach dem kleinen Metallstift mit schlangenförmiger Spitze und nach dem Spanner, einem Draht, dessen Kopf in einem rechten Winkel gebogen war. Mit diesen Werkzeugen würde es ihm keine Schwierigkeiten bereiten, dieses recht simple Türschloß zu öffnen. Es brauchte nur

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