Die Falken und das Glück - Roman
werden.
Als sie mit ihren Besorgungen fertig waren und sich auf den Weg nach Galway machten, standen die Kisten immer noch dort.
Siehst du, triumphierte Daniel, kein Mensch will diesen Mist lesen!
Dann hat sie dich also gefunden!
Pat lachte. Sie hat einen komischen Vogel gesucht, also schickte ich sie zu dir!
Ich danke dir, sagte Daniel.
Und mir hat sie erzählt, wie gerne sie allein sei, scherzte Pat.
Später, als sie einander im Pub gegenübersaßen, wandte er sich an Linda: Darling, was ist mit deinem Ring passiert?
Den haben die Möwen gefressen, sie lachte, die Verlobung war sowieso ein Irrtum gewesen.
Warum hast du mir davon nichts erzählt?
Daniel sprang auf. Er griff nach seinem Bierglas, knallte es gleich wieder auf die Theke, er raufte sich die Haare, dann baute er sich vor Linda auf, die auf ihrem Barhocker klebte.
Wie soll ich dir jemals vertrauen, wenn jeder dahergelaufene Buchhändler mehr weiß als ich?!
Rede anständig über deine Freunde, wies Linda ihn zurecht.
Daniel packte sie am Arm und zerrte sie nach draußen. Er beruhigte sich erst, als sie im Auto saßen.
Und jetzt erklärst du mir, was hier gespielt wird!
Wir haben uns getrennt, aber das habe ich dir doch bereits gesagt.
Ich will alles über dich wissen! Und über deinen ominösen Verlobten auch. Was war das für einer? Ein Schönling? Einer in deinem Alter?
Du übertreibst, sagte Linda, du bist ja sogar auf meine Vergangenheit eifersüchtig.
Zu Hause tranken sie Rotwein, redeten. Bei der zweiten Flasche begannen sie wieder zu streiten. Daniel beschimpfte Linda, bis sie ihm ihr volles Glas an den Kopf warf. Er packte sie an den Armen, sie stürzten zu Boden, Linda schlug mit dem Kopf gegen die Tischkante. Am nächsten Morgen hatte sie eine große Beule an der Stirn.
Du hast schlechte Blutgefäße, sagte Daniel, dich muss man nur anschauen, schon kriegst du eine Beule.
Später fand sie eine vergilbte Postkarte auf ihrem Schreibtisch. Darauf war ein Junge in einer Seifenkiste abgebildet, daneben stand ein Mädchen in einem zerrissenen Röckchen, das ihm zuwinkte.
Was auch immer geschieht, ich liebe dich, hatte Daniel geschrieben, dein Mann.
Linda war gerührt, minutenlang hielt sie die alte Postkarte in den Händen. Schließlich ging sie zu ihm in die Werkstatt, begann ihn zu küssen, als wäre sie am Verhungern.
Der Atlantik war beinahe warm in der letzten Septemberwoche. Die Sonne schien weich und golden, die meisten Touristen waren abgereist. Linda und Daniel packten belegte Brote, Wein und Bücher in ihren Picknickkorb und verbrachten ganze Tage am Strand. Immer wieder rannte Linda ins Wasser, stürzte sich mit dem Kopf voran in die schäumenden Wellen. Beim Auftauchen leckte sie sich über die Lippen, um das Salz zu schmecken, wie damals, als sie mit zwölf Jahren zum ersten Mal das Meer gesehen und nicht hatte glauben können, dass es tatsächlich salzig war.
Meine Undine, sagte Daniel.
Er warf ihr das Badetuch zu. Er selber vermied es, auch nur bis zu den Knien ins Wasser zu gehen. Pharao mied das Meer ebenfalls. Lieber rannte er am Strand auf und ab, dass der Sand nur so stob.
Die Iren mögen das Meer nicht, behauptete Daniel, und ich bin einer der ihren. Der Atlantik ist mit traurigen Gedanken verbunden, mit Erinnerungen an all jene, die vor dem Hunger nach Amerika geflohen sind. Jede Familie hat ihren Zoll gezahlt. Und denk nur, wie viele Fischer bei der Arbeit umkommen! Fischen ist der gefährlichste Beruf der Welt. Das Meer ist schrecklich. Ausgebeutet wird es bis heute von den anderen. Norweger, Spanier und Russen kämpfen da draußen um die letzten Fischgründe.
Die Iren haben doch inzwischen auch Fabrikschiffe!, wandte Linda ein.
Die Angst ist geblieben, die Furcht vor dem Wasser, das nie ihres war, sagte er. Wer nicht da draußen arbeiten muss, der sollte das Meer vergessen. Vernünftiger ist es allemal, sich dem Land zuzuwenden.
Linda schwamm weiter. Und sie träumte von einem Boot. Sie studierte die Anglerkolumne in der Lokalzeitung. McGuire, mit dem sie öfter mal ein Bier tranken, lieh ihr Ruten und Köder. Tagelang stand sie am Pier, bei Wind und bei Nieselregen. Aber die Kormorane und die Seehunde fraßen ihr die Makrelen vor der Nase weg. Einmal kam ein Delfin. In ihren Schuhen und in den Taschen der Wachsjacke knirschte Sand. Sie fasste in eine offene Wurmschachtel, als sie nach dem Telefon suchte.
Linda gewöhnte sich an die Allgegenwart des Meeres. Wo auch immer sie stand, aus dem Fenster
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