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Die Falknerin: Historischer Roman (German Edition)

Die Falknerin: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Falknerin: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karolina Halbach
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klopfte gegen einen Eimer, der mit einem Deckel verschlossen war. »Man bringt den Falken dazu, die Atzung anzunehmen.«
    »Das ist alles? Bloß füttern soll ich ihn?«
    Meister Karl rollte mit den Augen. »Das ist alles«, gab er zurück. »Wollen wir einen Handel eingehen? Wenn der Falke nachher von Euch Futter nimmt, bilde ich Euch zur Falknerin aus. Tut er es nicht, ist er mein, und Ihr lasst Euch hier nie wieder blicken.«
    Margarethe zögerte. An diesem Angebot war sicher ein Haken.
    »Nun, was ist?«, drängte Meister Karl.
    »Abgemacht, vorausgesetzt, ich darf zunächst dabei zusehen, wie Ihr diese beiden Vögel hier füttert.«
    Margarethe deutete zur Voliere, in der sich zwei junge Falken befanden und ein ohrenbetäubendes Gekreisch von sich gaben. Während sie heftig mit den Flügeln schlugen, sperrten die Tiere die Schnäbel so weit auf, dass man tief in ihren Schlund blicken konnte.
    Meister Karl lächelte. »Abgemacht.«
    Er steckte den Schlüssel ins Schloss und öffnete die Tür. Mit einer einladenden Handbewegung forderte er Margarethe auf einzutreten. Ein stechender Geruch schlug der jungen Hofdame entgegen. Unwillkürlich rümpfte sie die Nase.
    »Nicht gerade ein Duftwässerchen, hä?«, spöttelte der Falkner, während die Jungvögel mit ihren scharfen Schnäbeln nach seinen Stiefeln hackten. »Fallt mir jetzt bloß nicht in Ohnmacht, edle Dame, denn auffangen kann ich Euch nicht. Und was würde die Königin dazu sagen, wenn Ihr mit Vogelkot besudelt an den Hof zurückkehrtet?«
    Mit diesen Worten stellte der Ritter den Eimer ab und öffnete den Deckel. Das Gefäß war gefüllt mit den leblosen Körpern hellgelber Eintagsküken. Nachdem er sich einen dicken Lederhandschuh übergestreift hatte, griff der Ritter hinein und holte ein Küken heraus. Dann hielt er es den Jungvögeln hin, die sofort danach schnappten. Jedes an einem anderen Körperteil ziehend, stritten sich die beiden lauthals um die Beute, bis einer der beiden sich durchsetzte und das tote Küken mit ruckelnden Kopfbewegungen gierig verschlang. Margarethe spürte, wie ihr Magen zu rebellieren begann. Sie würgte und hatte das Gefühl, sich an Ort und Stelle übergeben zu müssen.
    Meister Karl beobachtete sie mit süffisantem Grinsen. »Na, geht’s der edlen Dame etwa nicht gut?«, erkundigte er sich mit unverhohlenem Spott. »Soll ich Euch zurück in den Palast geleiten?«
    Zweimal schluckte Margarethe schwer. Das hier waren Falken, und als solche fraßen sie nun einmal keine Körner. Besser, sie gewöhnte sich daran. Vor allem durfte sie nicht zulassen, dass dieser aufgeblasene Griesgram ihren Vogel bekam. Entschlossen griff Margarethe in den Eimer. Die Hühnchen fühlten sich noch warm an. Vermutlich waren sie noch vor wenigen Minuten im Stall herumgelaufen. Die junge Frau hielt die Luft an.
    »Das hier ist Futter«, flüsterte sie leise zu sich selbst. »Nahrung für einen Raubvogel.«
    Vorsichtig hielt sie ein lebloses Küken dem kleineren der beiden Falken vor den Schnabel. Der hatte seine erste Portion gerade heruntergewürgt und schnappte sofort zu. Sein scharfer Schnabel verfehlte Margarethes Finger nur um Haaresbreite. Erschrocken ließ sie los.
    »Hoppla«, gurrte der Ritter belustigt. »Da hat aber einer Hunger.« Wieder huschte eine Art Lächeln über seinen zerfurchten Mund. Fast wie ein Vater, der strahlend die ersten Schwertübungen des Sohnes überwacht, beobachtete er zufrieden, welchen Appetit sein Schützling entwickelte.
    Margarethe sah auf ihre Hand. An den Fingern klebte Blut, wenn auch nicht ihr eigenes.
    Der Falkenmeister reichte ihr einen seiner groben ledernen Handschuhe. »Besser, Ihr benutzt den da. Sonst könnt Ihr bald nicht mehr die Laute zupfen.« Er gluckste amüsiert über seinen Witz.
    Margarethe nickte, während sie erstaunt beobachtete, mit welcher unglaublichen Geschwindigkeit die toten Küken in den Schnäbeln verschwanden. Es würde sie ein Vermögen kosten, auch nur das Futter für ihren Falken zu bezahlen. Endlich schienen die beiden Vögel satt zu sein, jedenfalls verstummten die Bettelrufe, und Meister Karl schloss den Deckel des Eimers.
    »Füttern wir jetzt meinen Falke?«, fragte Margarethe.
    Sie erntete ein schiefes Grinsen. »Ja, aber das machen wir in meiner Hütte. Die Abmachung gilt doch noch, oder?«
    »Ich steh zu meinem Wort.«
    In der Hütte roch es nach abgestandenem Bier. Die Einrichtung war spartanisch. Ein Strohsack als Schlaflager und ein grob behauener Tisch, auf dem

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