Die Falknerin: Historischer Roman (German Edition)
seid.«
»Ich kümmere mich zuverlässig um unsere Kinder und werd’s auch bei dem Falken tun, wenn Ihr mir nur sagt, wie ich’s machen soll.«
Der Falkenmeister lachte rau. »So weit kommt’s noch. Geht besser rasch zurück zu Euren Bälgern, und übt Euch darin. Ein Falke ist nichts für Euch. Er wird Euch nur Euer hübsches Gesicht zerkratzen.«
Der alte Mann schielte lauernd zu Margarethe, als hoffte er, sie damit endgültig vertreiben zu können. Doch die junge Frau rührte sich nicht vom Fleck.
»Was ist noch?«
»Ich warte, dass Ihr mich zu meinem Falken bringt.«
Der Alte spuckte vor sich auf den Boden. »Warum sollte ich das tun?«
»Damit ich ihn mitnehmen kann, denn schließlich gehört er mir. Ich werde ihn großziehen, mit oder ohne Eure Hilfe, Meister Karl.«
»Der Mann, der Euch mal nehmen muss, ist zu bedauern«, schimpfte der Graubart. »Ihr habt einen größeren Dickschädel als dieser Esel dort drüben.«
»Dafür bin ich bekannt.« Margarethe nickte nur.
Missmutig musterte Meister Karl die junge Hofdame und quittierte ihre Bemerkung mit ungnädigem Schnauben. »Ist gar nicht sicher, ob das arme Ding überlebt, weil Ihr es viel zu früh von seiner Mutter weggerissen habt. Merkt’s Euch für die Zukunft: Nicht vor der achten Lebenswoche, kurz bevor es selbst fliegen kann, nimmt man ein Falkenküken aus dem Nest. Unser Freund hier ist höchstens dreißig Tage lang vom Altvogel gehegt worden und bräucht ihn noch dringend, schon der bitteren Nachtkälte wegen.«
Mit diesen Worten öffnete der alte Mann seinen Mantel. In einem Tragetuch kuschelte sich das Küken eng an den Leib des Falkners. Von der Schönheit seiner Eltern war noch nicht viel zu erkennen. Der gelbe Schnabel ragte übergroß aus dem hässlichen Gesicht. Kaum sah es Margarethe, begann das Tier zu kreischen und mit den Flügeln zu schlagen, so als fürchte es, erneut fortgerissen zu werden.
Margarethe betrachtete das Küken, das seinen Kopf ängstlich in Meister Karls Arm barg. »Es fürchtet sich«, stellte die junge Frau fest und widerstand dem Drang, es an sich zu nehmen.
»Hat ja auch allen Grund dazu«, knurrte der Falkenmeister unwirsch. »Es wurde der Mutter entrissen. Allein ist’s jetzt und hilflos.«
Eine Weile sagte Margarethe nichts. Sie fühlte sich schuldig. Was der alte Falkenmeister gesagt hatte, stimmte genau. Sie hatte sich vor Albrecht beweisen wollen, um ihm zu zeigen, dass sie nicht weniger mutig war als er. Manchmal ließ sie sich wirklich zu Dingen hinreißen, die sie im Nachhinein bereute. Doch hatte sie nicht stets die Anmut der Falken bewundert und sich gewünscht, selbst so ein Tier zu besitzen? Wäre Meister Karl nur eine Spur freundlicher im Umgang, sie wäre gewiss schon früher auf den Hradschin gekommen.
»Und wenn ich es zurückbrächte?«, fragte sie zaghaft. »Ich könnt es schaffen, noch einmal den Felsen zu ersteigen.«
Meister Karl schüttelte energisch den Kopf. »So was muss man sich vorher überlegen. Die Eltern würden’s nicht mehr nehmen, jetzt, da es bei den Menschen war.«
»Dann bleibt es dabei: Ich werde mich selbst darum kümmern«, beharrte Margarethe.
Meister Karl schüttelte zweifelnd den Kopf, wirkte aber nicht mehr ganz so abweisend wie am Anfang des Gesprächs. »Zu schwierig für jemanden, der’s nicht gelernt hat. Überlasst den Vogel mir. Dann hat er vielleicht eine Chance.«
Mit diesen Worten band er sich den Mantel wieder zu und griff nach dem hölzernen Eimer, den er abgestellt hatte. Ohne ein weiteres Wort drehte sich der Mann um und marschierte zu den säuberlich gezimmerten Verschlägen, in denen die Falken untergebracht waren.
»Wartet, Meister Karl!«, rief die junge Frau ihm nach, doch der Falkner dachte gar nicht daran. Und so blieb ihr nichts anderes übrig, als ihm nachzulaufen. »Nun bleibt doch bitte stehen!« Erneut keine Reaktion. Langsam wurde Margarethe wütend. Atemlos holte sie den Mann schließlich ein, als er vor dem ersten Gehege Halt machte und einen Schlüssel aus seiner Manteltasche angelte. »Ihr könntet mich doch unterweisen.«
»Wenn Ihr weiter so herumbrüllt, werdet Ihr mir noch die Vögel scheu machen«, murrte der Ritter ungehalten.
Margarethe stellte sich vor den Zugang zur Voliere. »Bitte, Meister Karl«, flüsterte sie, »lasst es mich wenigstens versuchen. Zeigt mir, wie man einen Falken zähmt.«
Der alte Mann seufzte, als würde er den Launen eines Kindes nachgeben müssen. »Das Geheimnis ist hier drin.« Er
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