Die Falle
„Verletzt? Warum sollte ich verletzt sein?"
„Ich habe einen Schuß gehört. Wer hat hier geschossen?"
Helen ließ sich auf den Stuhl fallen. „Ach ja, richtig. Der Schuß. Das war einfach zu viel. Als es ganz in meiner Nähe plötzlich knallte, wurde ich ohnmächtig. Erst Gilbert, dann Dr. Patrick . . . und nun das!"
„Du glaubst, man hat auf dich geschossen?"
Franklin erschien auf der Terrasse. „Bitte um Vergebung, aber habe ich nicht einen Schuß gehört?"
„Bringen Sie mir einen Kognak!" forderte Helen mit matter Stimme.
„Sehr wohl, Madame."
Rick schaute sich um. Der Garten war nicht sehr groß; an das Schwimmbassin schloß sich eine von Bäumen und Büschen begrenzte Rasenfläche an. Die Nachbargrundstücke waren ebenfalls mit vielen Büschen und Bäumen bepflanzt. Ein Schütze, der ungesehen einen Schuß abgeben wollte, hatte es nicht schwer, sich in unmittelbarer Nähe der Terrasse zu verbergen und unerkannt zu entkommen.
„Woher kam der Schuß?" fragte Rick, der sich jetzt die Hauswand betrachtete. Es war kein Kugeleinschlag zu sehen.
„Ich weiß es nicht . . . von da drüben, glaube ich", meinte Helen mit schwacher Stimme. „Glaubst du, daß der Schuß mir gegolten hat?"
„Vielleicht hat dein Nachbar auf Spatzen geschossen. Wer wohnt dort drüben?"
„Geoffrey Keene. Den kennst du doch?"
„Ist das der Schauspieler?"
„Stimmt genau."
„Ich bin überrascht zu hören, daß der noch lebt. Er muß doch schon an die Siebzig sein!"
„Ist er auch. Trotzdem spielt er noch häufig in der Provinz. Sein Name ist noch immer sehr zugkräftig. Meistens ist er unterwegs. Er
Ist nicht mehr jung, aber sehr agil. In seiner Jugend muß er hinreißend gewesen sein!"
„Ich weiß. Meine Mutter schwärmte für ihn."
„Ah, da sind Sie ja, Franklin. Vielen Dank!" Helen nahm den Kognakschwenker von dem Tablett, das der Butler ihr hinhielt. Sie schaute Rick an. „Ich dachte, du wärest längst über alle Berge!" meinte sie. „Wie kommt es, daß du den Schuß gehört hast?"
Während der Butler sich zurückzog, sagte Rick: „Ich habe mich vor dem Hauseingang noch ein wenig mit Betty Lindow unterhalten."
Helen leerte das Glas mit einem Schluck und stellte es dann auf den Tisch. „Ach, du meine Güte!" rief sie aus. „Das Dummchen weiß doch von nichts. Hoffentlich hast du die Ärmste nicht zu sehr erschreckt."
„Erschreckt?"
„Na, höre mal! In deren Augen bist du ein höchst gefährlicher Mann. Ich glaube, die bekommt schon Herzklopfen, wenn sie einen Polizisten nur von weitem sieht." Helen hob die Schultern und blickte sich wie fröstelnd um. „Es ist kalt und windig, trotz der Sonne. Wollen wir nicht reingehen?" Sie lächelte matt. „Ich habe Angst, Rick. Wer hat geschossen?"
„Das stellen wir rasch fest. Ich rufe die Revier- und die Kriminalpolizei an. Die werden sich der Sache annehmen“, meinte er. „Vielleicht klärt sich alles als ganz harmlos auf."
„Glaubst du daran?" fragte sie und stand auf. Sie blickte an ihrem Kleid herab. „Ich muß mich umziehen. Bei dem Sturz vom Stuhl habe ich mich beschmutzt."
Sie ging in den Salon. Er folgte ihr. „Ich darf doch das Telefon benutzen?"
„Natürlich." An der Tür zur Diele blieb Helen stehen. „Wirst du noch hier sein, wenn ich zurückkomme?"
„Ich weiß es nicht."
Helen zuckte die Schultern und verließ den Raum. Rick rief erst die Revier- und dann die Kriminalpolizei an. Danach ging er in die Küche. Außer Betty Lindow befand sich Franklin darin. Rick hatte bei seinem Eintritt das Gefühl, eine wichtige Unterhaltung unterbrochen zu haben. Franklins steinerne Miene verriet kein Gefühl, aber das Mädchen hatte einen roten Kopf.
„Würden Sie mich bitte mit Miß Lindow einen Augenblick allein lassen?" fragte Rick.
„Sehr wohl, Sir." Franklin verneigte sich und verließ dann die Küche. Das Mädchen fing an, das Einkaufsnetz zu leeren, das auf dem Tisch lag.
„Wie war das mit Mrs. Philmore?" fragte Rick.
„Bitte?"
Er unterdrückte den plötzlich aufsteigenden Ärger. Schwerfällige Menschen machten es ihm fast unmöglich, die Ruhe zu behalten.
„Sie haben vorhin angedeulet, daß zwischen Dr. Patrick und Mrs. Philmore gewisse — äh — Beziehungen bestehen. Oder habe ich Sie da falsch verstanden?"
„Ich habe nichts dergleichen gesagt."
„Nicht wörtlich, das stimmt. Sie drucksten um das Thema herum. Aber Sie wollten doch so etwas Ähnliches erklären?"
Betty Lindow schüttelte heftig den Kopf. Sie
Weitere Kostenlose Bücher