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Die Fallen von Ibex

Die Fallen von Ibex

Titel: Die Fallen von Ibex Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Clayton
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abverlangt.”
    Das Mädchen zog eine Schnute. „Du bevormundest mich, ist dir das klar? Schlimmer als Harskari, wenn sie ihren mütterlichen Anfall hat.”
    Aleytys schnaubte. „Das sagst du nach der letzten Nacht? Benimm dich deinem richtigen Alter entsprechend, nicht wie ein trotziges kleines Mädchen, und ich mische mich bestimmt nicht mehr ein.”
    „Letzte Nacht.” Shadiths Hände flatterten beiläufig, womit dieses Thema abgetan war. „Das ist vorbei. Jetzt bin ich richtig drin.”
    „Warum ein Risiko eingehen?”
    „Warum nicht?” Shadith rutschte unruhig auf dem Sattelpolster herum. „Wenn ich anfange zu schwanken, kannst du mich doch ganz leicht auffangen. Komm schon, irgendwann muß ich es versuchen. Es ist keine große Sache.”
    „Große Sache?” Aleytys schmunzelte und wurde wieder ernst.
    „Hör mal, dein Körper hat überaktive Drüsen.”
    „Pah! Also, was ist jetzt?”
    Aleytys schüttelte den Kopf. „Ich wußte, daß du nicht abwarten würdest.” Sie schloß die Augen, sondierte die Umgebung, so weit dies möglich war und nutzte die Augen des Falken für eine letzte Überprüfung. Weit und breit keine Bewegungen, keine Gefahr; momentan jedenfalls nicht. Sie warf Shadith einen Blick zu; ihr Gesicht glühte vor Eifer. Das und ihre offenkundige Sorglosigkeit waren überhaupt nicht beruhigend. Sie seufzte. „Hör zu, Shadi.”
    „Was ist denn noch?” Die Worte waren wie nach ihr geschleuderte Steine. Shadith war ungeduldig.
    „Wir haben keine Zeit für Spielchen…”
    Shadith ließ ein leises, fauchendes Geräusch hören - wie eine zornige Katze.
    „Nein!” sagte Aleytys, und ihre Ungeduld ließ dieses eine Wort lauter ausfallen, als ihr gefiel. „Nein. Hör auf, Theater zu machen und hör mir zu. Ich brauche deine Hilfe. Ich mußte aus der Siedlung verschwinden, bevor ich Zeit hatte, mir die Berge genauer anzusehen. Wir müssen einen Weg finden, an dieser Siedlung vorbeizukommen, und das weißt du, Shadi. Gut. Probier deine Talente aus, aber halte dich vom Talboden fern; such uns einen Weg.
    Wirst du das tun?”
    Shadiths Augen funkelten vor Begeisterung. „Klar!”
    „Also los. Aber immer mit der Ruhe. Du weißt, was ich meine.”
    „Ja, Mami. Natürlich, Mami. Ich bin kein Dummkopf.”
    Aleytys lächelte. „Großartig, alte, weise Frau. Aber du solltest ab und zu daran denken, daß du jetzt in einem jungen Körper steckst, und daß derselbe auf dich einwirkt. Du benimmst dich wie eine Vierzehnjährige, und nicht wie die Vierzehntausendjährige, die du zu sein vorgibst. Kühl dein Mütchen ab, oder du ziehst Schwierigkeiten an.”
    „Swardheld hast du nicht so angebaggert.” Shadith schob ihr Kinn herausfordernd vor, dann kicherte sie. „Schon gut, Mama, schon gut. Ich werde brav sein.”
    „Das glaube ich erst,, wenn ich es sehe.”
    Shadith grinste übermütig und setzte sich bequem zurecht; die Füße in den Steigbügeln gut verankert. Sie nahm einen tiefen Atemzug und schloß die Augen.
    Aleytys überwachte den Wechsel; das Eindringen. Augenblicklich fühlte sie immaterielle Ranken zaghaft von Shadith ausstrahlen. Es war sehr eigenartig, dies von außen geschehen zu sehen. Die Ranken bewegten sich schneller, sicherer. Dann stieß der Falke eine Folge kurzer, scharfer Schreie aus, geriet für einen Moment in taumelnde Hast, fing sich wieder und begann in engeren Schleifen zu kreisen. Aleytys hatte er ziemlich passiv angenommen, aber jetzt schienen sich Freude und Schmerz in ihm zu mischen. Er erkannte die Berührung wieder - fast. Der Geist hinter dieser Berührung war verändert, dennoch war genügend Rückstand von jenem Wesen vorhanden, das er gekannt hatte; genug um ihn zu verwirren.
    Sie lächelte, als sie Shadiths überschäumendes Vergnügen registrierte, und ihre Erregung, als sie in das Gehirn des Falken glitt, sich hineinschob, bis sie durch die Vogelaugen sehen konnte. Sie beobachtete das Mädchen einen weiteren Moment, dann entspannte sie sich zufrieden und überließ sie sich selbst.
    Aleytys reckte ihr Gesicht der Morgenbrise entgegen, zog den Turban ab und genoß es, die Luft an ihrem Gesicht und Hals entlangspielen zu spüren; die flüchtige Kühle war herrlich.
    Es war noch früh, doch schon gab es da mehr als nur eine Andeutung der bevorstehenden Tageshitze. Staub und Blütenpollen durchwirkten die Luft wie mit einem goldenen Dunst, und die Hufe der Gyori sorgten mit ihrem beständigen Traben dafür, daß dieser Dunst niemals versiegte. Bald darauf

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