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Die falsche Frau

Die falsche Frau

Titel: Die falsche Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katrin Mackowski
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und seine schlaffen Genitalien sah, war sie schlagartig wieder nüchtern.
    »Sieh mich an«, sagte er und nahm ihr Gesicht zwischen seine Hände. Sie wollte jetzt keine Vertrautheit, sondern Berührungen, die fremd, wild und aufregend waren, vielleicht sogar zerstörend.
    Das Telefon läutete.
    Die Ernüchterung, die sie dazu gebracht hatte, sich Georg zu entziehen, war vorüber.
    »Wer kann das sein?«, fragte sie erschrocken. »Um diese Zeit?«
    Georg sah auf die Uhr. »Halb vier.«
    Dann ging er an den Apparat und kam mit dem Hörer ins Bad zurück.
    »Für dich«, sagte er traurig.
    Sarah hörte eine Weile schweigend zu.
    »Ein Patient von mir«, flüsterte sie. »François Satek! Sitzt unter Mordverdacht im Knast. Hab ich dir davon nicht erzählt?«
    »Nein«, sagte Georg stirnrunzelnd. »Hast du nicht.«
    »Ich muss zu ihm ins Gefängnis.«
    »In diesem Aufzug?«
     
    Als ob sie einen medizinischen Eingriff vorzunehmen hätte, schloss Sarah bis auf einen winzigen Spalt die Augen, zog mit ruhiger Hand den schwarzen Kajalstrich nach und gab Transparentpuder auf ihre aufflammenden Wangen. Zufrieden mit sich, lächelte sie in den Spiegel. Gut so!
    Keine Frage, das Abendkleid musste sie anbehalten. Ihre Kontaktlinsen tauschte sie gegen eine schwarze Brille ein. Strenge Eleganz, dachte sie und kam sich ungeheuer versiert vor.
     
    Wenig später hielt ihr Taxi vor dem Untersuchungsgefängnis. Sarah Rosen zahlte und sog die Luft ein, die sie jetzt wie kühlendes Eis empfing, angenehm und keine Spur schneidend. Vielleicht lag es daran, dass sie verliebt war oder etwas empfand, das an Verliebtheit erinnerte.
    Die Arme unter der Brust verschränkt, stöckelte sie auf den Eingang zu. Sie war aufgeregt.
    »Dr. Rosen«, sagte sie heiser durch die Gegensprechanlage. »Fallanalytikerin in der Sache Orlinger. Bitte öffnen Sie.«
    »Stehen Sie auf der Liste?«
    »Ich bin eben angerufen worden und möchte zu François Satek.«
    Der Türsummer surrte. Sie trat ein. Der Beamte, der ihr Handtasche und Mantel abnahm, musterte sie missbilligend, bevor er auf ihren Ausweis sah.
    »Ausnahmsweise«, sagte er und gab ihr den Mantel, den er inzwischen gefilzt hatte, wieder zurück. »Ziehen Sie den wieder über! Sie verstehen doch, was ich meine, oder?«
    »Verstehe«, sagte Sarah, legte mit großem Schwung den Mantel um ihre Schultern und verschloss den obersten Knopf, sodass es aussah, als würde sie ein Cape tragen.
    »Sie müssen hier unterschreiben und die Tasche abgeben.«
    Er blätterte in einem Buch, kritzelte etwas und gab Sarah Rosen dann den Stift.
    »Dauert einen Moment«, sagte er.
    Sarah hörte, wie sich neben ihr in einer Metalltür ein Schlüssel drehte. Die Tür ging auf, und ein Mann mit einem Gesicht wie eine Kraterlandschaft winkte sie heran. Er fragte nach ihrem Namen. Ein zweiter Wärter tastete sie mit einem Metalldetektor ab. Dann wurde sie über einen schmalen Korridor, der von Decken- und Wandkameras bewacht wurde, in den Gefangenentrakt geführt. Sarah beschloss, sich durch nichts beirren zu lassen und folgte den schweren, großen Schritten, die auf dem Steinboden quietschende Geräusche machten. Ruckartig blieb der Mann vor einer Arrestzelle stehen und fuchtelte mit einem Schlüsselbund rum.
    »Dachdecker wie Sie brauchen normalerweise eine Anmeldung«, brummte er.
    »Wie bitte?«
    Was meinte er mit Dachdecker?
    Der alte Mann gab keine Erklärungen ab und hatte sich aus Gründen, die Sarah Rosen unerklärlich waren, auf die Seite von François Satek gestellt.
    »Wie gesagt, Satek hatte einen Anfall«, sagte er. »Bestimmt Epileptiker oder nicht ganz dicht.«
    Dazu machte er eine kreisende Handbewegung vor seiner Stirn.
    »Der Gefängnisarzt war zwar schon bei ihm, aber ich dachte, dass Sie vielleicht … ich meine, viele von den Knackis, die was im Kopf haben, gehen zu einer …«
    »Ach ja?«, sagte Sarah Rosen.
    »Hier«, sagte der Wärter. »Das ist doch Ihre Visitenkarte, oder?«
    Sarah nickte.
    »Hab ich bei Satek gefunden.«
    Dann steckte sie die Karte ein.
    »Sie haben fünfzehn Minuten! Drücken Sie den Knopf, wenn Sie fertig sind.«
     
    Die Wände waren eierschalengelb, der Boden aus Vinyl.
    François saß nur mit Unterhose bekleidet auf einer Decke.
    Er war im Vorteil, weil er auf sie gewartet hatte und ihr die Sekunde voraus war, die sie brauchte, um sich zurechtzufinden. Bemerkte er sie überhaupt? Die Tür fiel ins Schloss. Sarah Rosen strich sich das Haar zurück. Worauf wartete er?
    »Sarah

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