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Die falsche Frau

Die falsche Frau

Titel: Die falsche Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katrin Mackowski
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lief. Aber das andere Gefühl war stärker. Ein Stachel Eifersucht. Dann wieder Begierde.
    »Es ist Victoria’s Secret«, sagte sie. Und gleich hinterher. »Hast du sie sehr gemocht?«
    Keine Antwort.
    Sarah war enttäuscht. Wieso gelang es ihr nicht, ihn jetzt zu verführen und an sich zu fesseln, war er doch längst Bestandteil ihrer inneren Welt? Kein Wunder, sie hatte ihn verwirrt. Schnell küsste sie seinen Hals, denn sie wollte schnell wieder vergessen, aber der Mann, der nackt vor ihr stand, fing plötzlich an zu zittern. Es schüttelte ihn, als hätte er Fieber. Er hätte nur zugreifen müssen. Auch jetzt noch. Jetzt erst recht, dachte sie. Er atmete stoßweise, stammelte etwas. Sie verstand nicht. Zwischen ihnen nur verschluckte Worte der Angst wie eine unüberwindliche Mauer.
    Verrückt, das Wissen, das sie über die Jahre gesammelt hatte, kam ihr wie vergiftet vor. Ein Wort nur, ein Geruch, diese Erinnerung, die an den Tod Irenes geknüpft war, hatte den Moment zerstört, den sie so sehr ersehnte. Hilflos sah sich Sarah in ihrem Bad um. Was sollte sie jetzt machen? Der Mann war in Panik. Sie selbst kurz davor. Die Verbindung gekappt. Warum zitterte er so? Sein ganzer Körper war in Aufruhr, und wenn der Mann weiter so nach Luft schnappte, würde er noch ohnmächtig werden.
    Schnell, das alberne grüne Gummitier, dachte Sarah. Etwas Besseres fiel ihr nicht ein. Dann nahm sie Georgs Badeente zwischen zwei Finger, hielt sie ihm demonstrativ vor die Nase und drückte fest zu. François schloss vor Schreck die Augen, das Zittern verebbte und ging in zögerliches Lachen über.
    »Die Tricks einer Seelenklempnerin«, sagte er, trocknete sich ab und schlüpfte in viel zu große Boxershorts.
     
    Wenig später stellte François den Teller vor sie hin, auf dem der Fisch unter der hellen Mandelsoße kaum zu erkennen war.
    Sarah nippte an ihrem dritten Glas Wein. Vielleicht fühlte er sich ausgetrickst. Wegen der Ente, dachte sie. Andererseits hatte der Witz genauso gut wie eine Dosis Xanax gewirkt.
    »Dieser Typ in meiner Wohnung. Glaubst du wirklich, dass er mir an die Wäsche wollte?«, fragte sie.
    François hob den Kopf. Der Schrecken saß ihm noch in den Gliedern.
    »Keine Ahnung, zumindest wollte er dir einen Denkzettel verpassen oder hat nach etwas gesucht«, sagte François. »Bewahrst du hier eigentlich wichtige Dokumente auf? Belastungsmaterial, Gerichtsgutachten oder so was in der Art?«
    Wie gern hätte sie jetzt einfach ihren Fuß ausgestreckt und in seinen Schritt gelegt, aber Szenen wie diese kannte sie nur aus den Erzählungen von Patienten, die viel ins Kino gingen.
    Sarah seufzte. »Ich weiß nicht«, sagte sie.
    Am Ende war immer alles Seifenoper. So sehr sie es sich auch wünschte, sie war einfach keine dieser Frauen, denen es leicht fiel, mit einer eindeutigen und tiefschürfenden Geste ein eindeutiges und tiefschürfendes Ergebnis zu erzielen, und genauso wenig konnte sie sich vorstellen, dass auf diesem Wege, unter einem komischen Vorwand zwar, aber immer noch direkt genug, ausgerechnet einer ihrer Patienten Kontakt zu ihr suchen sollte.
    »Erzähl mir, was es mit diesem Cafard auf sich hat«, sagte sie.
    François zog die Augenbrauen hoch, packte die Goldbrasse an der Schwanzflosse und legte sie auf einem Extrateller ab.
    War es tatsächlich dieser verrückte Zug an ihm, der sie interessierte, oder eher, dass er sie so geschickt mit seiner Angst traktierte?
    »Ich hab einen Kurs in Wahnsinn gemacht. Jeder von uns hat ihn gemacht, verstehst du das?«, sagte er.
    Sarah schwieg.
    »Kakerlaken wie ich hausen in dunklen, feuchten Ritzen und ernähren sich vom Abfall.«
    »Na und? Die Psychoanalyse kratzt den Abfall wieder raus«, sagte sie.
    François prostete ihr zu und leckte sich obszön über die Lippen. Er hatte wieder Oberwasser. Zieh ruhig deine Show ab, dachte sie und wechselte die Rolle.
    »Also, was ist? Die Legion ist vorbei. Von wem lässt du dir jetzt noch Angst einjagen?«
    »Und du?«, fragte er zurück. Er hatte Soße in den Mundwinkeln. »Du ekelst dich doch vor mir.«
    »Wieso sollte ich mich ekeln?«
    Am liebsten hätte sie ihm die Soße abgeleckt.
    »Weil du mich nicht …«
    Dann nahm er die Serviette und knitterte sie zusammen.
    »Du hast gezittert wie Espenlaub«, sagte sie. »Du wolltest doch gar nicht, dass ich dich anfasse!«
    »Merde!« François warf Messer und Gabel in die Luft.
    »Ich bin nichts! Ich bin nichts … für deine Sammlung.«
    »Gleichfalls«, sagte sie

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