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Die falsche Frau

Die falsche Frau

Titel: Die falsche Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Burger
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»Die notwendige Technik ist
bereits bestellt.«
    Auch hier an den Wänden Regale, Regale, Regale. Billige Blechdinger,
wie sie normale Menschen in ihre Keller stellten. Im Obergeschoss gab es ein
letztes kleines Zimmer ohne Ordner, das Zorn als Schlaf- und Wohnzimmer diente.
    Â»Wie …« Auch Evalina Krauss war sichtlich bewegt von dem, was sie
sah, und kaute einen Moment auf der Unterlippe, bevor sie es wagte, ihre Frage
auszusprechen: »Wie wollen Sie denn hier irgendwas finden?«
    Zorn deutete nach oben. Erst jetzt entdeckte ich, dass über jeder
Tür ein kleines Pappschild klebte mit den Jahreszahlen, die in dem Raum
dahinter zu finden waren. »Hier herrscht strengste Ordnung. Strengste Ordnung.
Deshalb bin ich auch nicht sehr glücklich, wenn sich Fremde hier aufhalten.«
    Ich machte einen letzten Versuch: »Haben Sie eine Vorstellung, wann
ungefähr Sie das Gesicht des Mannes gesehen haben? In welchem Kontext?«
    Â»Nein, das habe ich nicht. Aber vielleicht haben Sie nun ihrerseits
eine Vorstellung davon, wie viele Gesichter ich tagein, tagaus zu sehen
bekomme.«
    Â»Das war ja wohl ein Schuss in den Ofen«, meinte Evalina Krauss, als
wir mit eingezogenen Köpfen zurück zu unserem Wagen liefen. Es hatte plötzlich
wieder zu regnen begonnen.
    Â»Ihr Sven würde sagen, ein Griff ins Klo.«
    Â»Weiß nicht«, erwiderte sie ernst, »ob er noch lange mein Sven ist.«
    Der Regen schien nur darauf gewartet zu haben, dass wir aus der Tür
traten.

12
    Am Donnerstagvormittag saß ich wieder einmal im Rathaus. Unser
großes Besprechungszimmer war immer noch nicht einsatzbereit, obwohl ich in den
letzten Tagen vereinzelt Handwerker im Haus gesehen hatte. Heute wurde
angeblich der Teppichboden erneuert. Morgen oder nächste Woche sollten die
neuen Möbel kommen. Mein Trost war, dass am Montag Liebekind wieder zurück sein
würde und ich ihn nicht mehr ständig vertreten musste.
    Der Regen hatte im Lauf der Nacht wieder aufgehört. Der Wetterbericht
versprach der Kurpfalz für heute Sonne und für die kommenden Tage die ersten
Herbststürme. Ich war müde, obwohl ich gut und lange geschlafen hatte, und
spürte einen kleinen Schmerz im Kopf, der für den Tag nichts Gutes ahnen ließ.
    Ein Mitarbeiter Sneiders hielt – auf Englisch und ohne sich die
geringste Mühe zu geben, verständlich zu sprechen – einen wort- und
folienreichen Vortrag, in dem er sämtliche Zaubertricks vorführte, zu denen die
neueste Powerpoint-Version fähig war. In seiner dreiviertelstündigen
Präsentation ging es nicht etwa darum, was die Amerikaner tun wollten, um ihren
Minister zu schützen, sondern im Gegenteil darum, was sie nicht tun würden. Vor Monaten schon hatten sie das komplette oberste Stockwerk
des Palace-Hilton angemietet. Dort gab es drei Suiten. Die mittlere und größte
würde Ron Henderson allein bewohnen, den Rest sein Tross und seine
Schutztruppen. Niemand, der nicht Amerikaner war und überdies den richtigen
Ausweis am Jackett hatte, würde dieses Stockwerk auch nur betreten dürfen. Auch
die deutsche Polizei nicht. Auch ich nicht. Henderson würde ständig von einem
Kokon von Security-Leuten umgeben sein. Wann genau er sich wo aufhalten würde,
würden wir immer erst in allerletzter Minute erfahren. Eigenes handverlesenes
Reinigungs- und Servicepersonal würden sie einfliegen, da dem Hotelpersonal
natürlich nicht zu trauen war. Für sämtliche Aufzüge bis auf den einen, der ausschließlich
für Henderson reserviert war, würde im vorletzten Stockwerk Endstation sein.
Der Schiffsverkehr auf dem Neckar musste leider stark eingeschränkt werden. Die
Schleusen oberhalb und unterhalb Heidelbergs würden nur unregelmäßig und zu vorher
nicht bekannten Zeiten öffnen und bald darauf wieder schließen. Am liebsten
hätten sie in dem Flüsschen einen Flugzeugträger stationiert. Und mit
Sicherheit würden sie auf dem Dach Flakgeschütze installieren, aber das war
natürlich geheim.
    All das klang für meine mitteleuropäischen Ohren paranoid,
übertrieben und, ich gebe es zu, kränkend. Unsere transatlantischen Freunde
machten keinen Hehl daraus, dass sie uns nicht über den Weg trauten. Sie
führten sich auf, als befänden sie sich in einer Bananenrepublik mit durch und
durch korrupter und unfähiger Polizei.
    Sneider hörte seinem

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