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Die falsche Herrin

Die falsche Herrin

Titel: Die falsche Herrin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margrit Schriber
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Aufzählung ihrer Taten. «Die Leute müssen ja glauben, dass wir im Land Schwyz allesamt Schelmen sind. Du schadest unserem Ansehen. Statt stark zu sein wie unsere Berge und lauter wie das Wasser unserer Muota, bringst du uns Schande.»
    Aufmerksam beobachtet die Bitzenin des Richters schmale Finger, die mit der Tabatière spielen. Niemand weiß, was dieses Mädchen denkt. Was ihm alles einfällt. Und was ihm weiterhin einfallen wird.
    Die Berner hätten der Delinquentin das meiste abgenommen, heißt es im Bericht. Sie schlagen vor, die Kosten mit den Eidgenossen zu teilen, da Anna Maria Inderbitzin nichts besitzt.
    Der Schreiber liest das gütliche Examen vor. Es ist alles wahr, was man Anna Maria zur Last legt. Sie bekennt sich für schuldig. Das Urteil wird gefällt.
    Die Bitzenin Genannte sei mit dem Munifisel bis aufs Blut zu streichen. Diesmal öffentlich. Der Weg führt über die Reichsstraße bis zur Weidhuob. Danach wird ihr beim Rathaus das Halseisen der Trulle umgelegt, und sie muss dort stehen. Zur Abschreckung. Damit männiglich sehe, wohin ein ruchloser Lebenswandel führt. Das Volk soll sich ein Beispiel nehmen.
     
     
    Schnee fällt in dichten Flocken. Trotzdem bleiben die Kirchgänger bei der Trulle stehen. Wie hübsch die berüchtigte Schelmin ist! Trotz der von Hieben braun verfärbten Haut. Und trotz ihrem triefenden, zerzausten Haar. Hängt im Eisen, den Kopf zur Seite, den Blick zum Boden. Dem Hohn ausgesetzt.
    Sie gibt keinen Laut von sich.
    Stolz sei sie. Brechen müsse man sie.
    «Wetten, dass es keinem Burschen gelingt, dieses Mädchen zum Winseln, Schreien und Flehen zu bringen?»
    Glücklicherweise hätten die Wäscherinnen die Qual der Kleinen in der Trulle von Schwyz nicht mit ansehen müssen. Mit dem Waschbrett hätten sie die Burschen abgewehrt, die eins übers andere Mal mit Gebrüll vor sie hinsprangen, mit den Armen fuchtelten, sie von oben bis unten vollspuckten, mit Rossgummel in ihr Gesicht zielten. Jeder versuchte dort sein Glück. Sie wetteiferten, denn die Stumpfheit der Bitzenin in ihrem Halseisen hat die Burschen immer wütender gemacht. Sie glaubten, diese würde sie verhöhnen.
    «Alles ist an ihr abgeprallt.»
     
     
    Als der Nachrichter ihre Eisen löst, ist die Bitzenin verdreckt und blutüberströmt.
    «Aber zeigt sie einen Ausdruck von Reue oder Scham oder Unterwerfung?
    Nichts zeigt sie. Kein Hass. Keine Abweisung. Nur Leere.»
    «Unsere Kleine hat dem Dorf Schwyz nicht den Triumph gegönnt, sie leiden zu sehen. Irgendjemand hat dann erklärt, dass es vielleicht stimme, was wir Wäscherinnen behaupten. Dass Joannes Bossert seinem Mündel das Weinen und Jammern vor vielen Jahren schon mit dem Knüppel ausgetrieben hat, weil er den Anblick der Qual einfach nicht aushielt. Seither verwandelt sich die Bitzenin in einen Flachslappen, den sie dem Munifisel von Schwyz oder ein paar sich aufspielenden Quälgeistern hinhalten kann.»
    Richter Reding mahnt die Delinquentin zur Besserung. Ansonsten werde Neues und Altes zusammengenommen. Er verlangt, dass Anna Maria Inderbitzin sich nicht mehr aus dem Land fortbegebe.
    Mit Schwung wirft sie ihren Haarschopf in den Nacken und richtet die Augen auf ihn, etwas wie Mitleid im Blick.
    Sie wird noch acht Tage auf ihre eigenen Kosten im Kerker verwahrt. Danach soll sie zur Beichte und zur Kommunion gehen. Jeden Sonntag hat sie zum Hochamt zu erscheinen. Bis sie Arbeit und Unterkunft gefunden hat, erhält sie im Spittel einen Strohsack und täglich einen Napf Haferbrei mit Kraut.
     
     
    Anna Maria wäscht an der Muota das Blut ab, trocknet ihr Kleid, setzt den Wollhut auf. Dann bewirbt sie sich im Herrenhaus um die Anstellung als Zofe des Fräulein Reding.
    Die Gouvernante verschränkt ihre Arme vor den Schlüsseln am Bauchbändel.
    Habe die Jungfer Qualifikationen? Oder nur die Male von Ruten auf dem Rücken?
    Ihre Reise ist eine Qualifikation. Anna Maria komme überall durch. Sie bietet sich als Begleitung an.
    Habe die Jungfer ein Empfehlungsschreiben? Könne sie eine Person von Rang in ihrer Familie nennen?
    Sie ist flink.
    Sie sei eine Ausreißerin.
    Sie könne Depeschen austragen. Pergamente versiegeln. Diesen und jenen Auftrag erledigen.
    Dem Herrn Richter würde dies nicht convenieren. Leute ihres Schlags finde man nie hinter Schreibpulten, meint die Gouvernante. Sondern sie stünden nur davor, um gescholten zu werden.
    Für eine Bitzenin gibt es keine Arbeit. Nicht im Haus von Patriziern. Nicht in Schwyz.
    Das Tor mit den

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