Die falsche Tochter - Roman
ist zwar noch sehr schwach, aber ihr Zustand ist jetzt stabil.«
»Wird sie wieder gesund?«
»Sie ist jung und stark. Entscheidend war, dass sie sofort behandelt worden ist. Sie hat eine gefährliche hohe Dosis Seconal zu sich genommen.«
»Seconal? Hätte sie daran sterben können?«
»Möglich. Es ist zwar nicht wahrscheinlich, aber immerhin möglich.«
»Es muss in meinem Tee gewesen sein. Das ist die einzige Möglichkeit.«
»Ich möchte, dass du mit uns nach Hause kommst, Callie.«
»Das kann ich nicht.« Sie sprang auf. »Du darfst mich nicht darum bitten.«
»Warum?« Zornig stand auch Elliot auf und packte sie am Arm. »Das Ganze ist es nicht wert, dass du dein Leben aufs Spiel setzt. Du könntest jetzt an ihrer Stelle hier liegen. Du bist zehn, vielleicht fünfzehn Pfund leichter als deine Freundin. Und wenn du den Tee während der Arbeit getrunken hättest, wärst du womöglich ins Koma gefallen, ohne dass es jemand gemerkt hätte. Die Dosis, die sie zu sich genommen hat, hätte dich töten können.«
»Dad, ich kann jetzt nicht mehr aufhören. Ich stecke bereits viel zu tief drin. In Philadelphia wäre ich nicht sicherer. Wir haben schon zu viele Schichten freigelegt, die wir nicht wieder zuschütten können, und wir sind erst in Sicherheit, wenn wir alles wissen.«
»Überlass das doch der Polizei.«
»Ich werde sie nicht an ihrer Arbeit hindern, das verspreche ich dir. Hewitt hat bereits das FBI informiert. Aber ich kann die Sache auch nicht auf sich beruhen lassen. Wer auch immer dahinter steckt, soll merken, dass er mich nicht erwischen kann.« Sie blickte Jake entgegen, der auf sie zukam. »Ich werde nicht von hier weggehen.«
Es war schon fast dunkel, als sie mit Jake auf dem verlassenen Gelände stand.
»Leo möchte die Grabung abbrechen. Zumindest für eine Zeit lang.«
»Das müssen wir ihm ausreden«, erwiderte Callie. »Wir machen weiter. Und wenn Rosie wieder auf den Beinen ist, wird sie auch gleich wieder an die Arbeit gehen.«
»Du kannst vielleicht Leo überreden, aber was glaubst du, wie viele von unseren Leuten hier bleiben werden?«
»Und wenn nur wir beide übrig bleiben, dann ist es eben so.«
»Und Digger.«
»Ja, und Digger«, stimmte sie ihm zu. »Ich lasse mich nicht fortjagen. Und ich lasse mich auch nicht bedrohen.«
Jake stellte fest, dass Callie in dem fahlen Mondlicht blass und erschöpft wirkte. Doch sie machte einen fest entschlossenen Eindruck. Plötzlich musste er daran denken, wie sie ausgesehen hatte, als sie in der Nacht mit ihm geschlafen hatte. Ihr Gesicht hatte vor Erregung geleuchtet. Und während sie sich einander hingegeben hatten, hatte ein anderer geplant, sie zu töten.
»Es muss jemand aus dem Team gewesen sein«, sagte er gepresst.
Callie seufzte. »Ja, du hast Recht. Ich bin in Gedanken alles noch einmal durchgegangen. Die Kanne stand heute Morgen offen auf der Arbeitsfläche. Dann ist Leo mit dem Geschenk hereingekommen, und ich habe es am Tisch geöffnet. Zu der Zeit waren alle in der Küche, und jeder weiß, welches meine
Thermoskanne ist. Und alle wissen, dass ich meistens allein arbeite, zumindest während der Mittagspause.«
»Du hast heute früh keinen Tee getrunken.«
»Nein, nur Wasser. Rosie …« Callie brach verwirrt ab, als Jake sich abrupt abwandte und wegging. Als er am Rand des Grabungsfeldes stehen blieb, trat sie zu ihm und legte ihm zögernd die Hand auf den Rücken.
Er wirbelte herum und umarmte sie so fest, dass sie fürchtete, er würde ihr die Rippen brechen.
»Hey, du zitterst ja«, sagte sie.
»Sei still!« Seine Stimme klang erstickt. Er küsste sie. »Sei still.«
»Okay. Mein Gott, jetzt zittere ich . Ich glaube, ich muss mich hinsetzen.«
»Nein. Bleib stehen, verdammt noch mal.«
»Ist ja schon gut. Meine Güte, Jake, langsam beginne ich zu glauben, dass du mich wirklich liebst.«
»Du hättest heute sterben können. Wer weiß, wie lange es gedauert hätte, bis jemand von uns es gemerkt hätte.«
»Ich bin aber nicht gestorben. Und Rosie liegt im Krankenhaus.«
»Wir werden das Team auseinander nehmen. Einen nach dem anderen. Wir werden nicht nur das Projekt weiterlaufen lassen, sondern auch die Mannschaft so lange zusammenhalten, bis wir den Schuldigen gefunden haben.«
»Und wie wollen wir die Mannschaft zusammenhalten?«
»Indem wir lügen. Wir erzählen einfach, dass ein paar Idioten aus dem Ort das Projekt sabotieren wollen, um uns heimzuzahlen, dass sie hier nicht bauen können. Wir
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