Die falsche Tochter - Roman
klopfen und fragen, ob wir mit Marcus Carlyles früherer Sekretärin sprechen.«
»So weit war ich mit meinen Überlegungen auch schon. Weißt du was? Wir versuchen beides — ich gehe von Tür zu Tür, und du bleibst hier und spielst die nervtötende Interviewerin am Telefon.«
»Damit ich auch bestimmt im Hotelzimmer bleibe? Nein, Doug, so haben wir nicht gewettet. Ich werde dich begleiten.«
»Jetzt denk doch mal nach.« Er folgte ihr ins Badezimmer, wo sie die Hähne an der Dusche aufdrehte und so lange die Wassertemperatur regulierte, bis sie damit zufrieden war. »Du weißt doch gar nicht, was uns erwartet. Deine Kanzlei hat gebrannt, und du hast immerhin so viel Angst, dass du Ty zu seinen Großeltern geschickt hast. Was soll denn aus ihm werden, wenn dir etwas passiert?«
Lana schlüpfte aus ihrem Morgenmantel und hängte ihn an den Haken hinter der Tür. Dann trat sie in die Dusche. »Du versuchst, mir Angst einzujagen, und damit drückst du genau den richtigen Knopf.«
»Gut.«
»Aber ich will keine Angst mehr haben. Weißt du, nach Steves Tod habe ich zwei Monate gebraucht, bis ich zum ersten Mal wieder am helllichten Tag in einen Lebensmittelladen gegangen bin. Damals habe ich mir gesagt, dass ich nicht ständig Angst davor haben kann, dass etwas passiert. Dadurch hatte ich nämlich gar nicht mehr richtig am Leben teilgenommen.«
»Verdammt!« Doug zog seine Jeans aus und trat ebenfalls in die Dusche. Er schlang die Arme um ihre Taille. »Du gibst mir keine Möglichkeit zu widersprechen.«
Sie tätschelte ihm den Kopf. »Ich bin eben ein Profi.«
»Die Liste liegt auf dem Schreibtisch. Daneben liegt ein Stadtplan. Wir sollten als Erstes die beste Route ausarbeiten.«
Als Lana fertig geduscht hatte, trocknete sie sich ab und schlüpfte wieder in ihren Morgenmantel. »Ich knöpfe mir schon mal den Stadtplan vor«, sagte sie.
Doch als Doug ebenfalls aus dem Badezimmer kam, sah er, dass sie am Schreibtisch stand und gedankenverloren eine kleine Kappe von den Boston Red Sox in der Hand drehte. »Hast du die für Tyler gekauft?«
»Ja. Ich dachte, sie würde ihm gefallen. Wenn mein Großvater auf Reisen war, hat er mir immer eine Kleinigkeit mitgebracht.«
Er zog sein Hemd wieder an und beobachtete Lana ein wenig unbehaglich. »Ich habe sie nicht gekauft, um bei ihm oder dir damit Punkte zu sammeln. Jedenfalls nicht in erster Linie.«
»Nicht in erster Linie.«
Leicht gereizt erwiderte er: »Da ich auch einmal ein kleiner Junge war, kenne ich den Wert einer Baseballkappe. Ich habe sie am Flughafen gesehen und spontan mitgenommen. Und erst als ich bezahlt habe, ist mir in den Sinn gekommen, dass man es auch falsch verstehen könnte.«
»Ty hat gefragt, wann du zurückkommst.«
»Ehrlich?«
Die Freude auf Dougs Gesicht war unmittelbar und echt, und Lanas Herz machte einen Satz. »Ja. Und die Kappe wird ihm gefallen. Punkte oder nicht — es war lieb von dir, dass du daran gedacht hast.«
»Dich habe ich auch nicht vergessen.«
»Ach nein?«
»Natürlich nicht.« Er zog eine Schublade auf. »Ich habe sie nur nicht draußen stehen lassen, weil ich nicht wusste, was das Zimmermädchen damit anstellen würde.«
Lana riss die Augen auf, als er eine Dose Boston Baked Beans hervorholte. Als er sie ihr grinsend in die Hand drückte, machte ihr Herz nicht nur einen Satz, sondern flog ihm entgegen.
»Das übertrifft meine kühnsten Hoffnungen. Mit einer Dose Bohnen bekommst du mich auf der Stelle herum.« Sie drückte die Dose an ihr Herz und begann zu weinen.
»Oh, bitte, Lana, weine doch nicht! Es sollte ein Scherz sein.«
»Du hinterhältiger Hurensohn! Ich hätte nie geglaubt, dass mir so etwas noch einmal passiert.« Sie ging zu ihrem Koffer und holte ein Päckchen Taschentücher heraus. »Schon als du vorhin aus dem Aufzug kamst, wusste ich, dass ich ein Problem habe. Du kamst auf mich zu, und mein Herz …« Sie drückte erneut die Dose Bohnen an ihre Brust und fuhr fort: »Mein Herz machte einen Satz, wie ich es nicht mehr erlebt habe, seit ich mich damals in Steve verliebt hatte. Ich habe nie im Leben erwartet, dass mir das noch einmal passiert. Natürlich habe ich gehofft, dass ich jemandem begegnen würde, den ich lieben und bei dem ich mich wohl fühlen könnte. Und wenn es nicht passiert wäre, wäre das auch in Ordnung gewesen, weil es bereits eine so außergewöhnliche Liebe in meinem Leben gegeben hat. Ich habe wirklich nicht geglaubt, dass ich noch einmal für jemanden so ein
Weitere Kostenlose Bücher