Die falsche Tochter - Roman
suchte die Nummer von Dolan und Söhne heraus. Als sie gerade wieder ins Freie trat und die Tür hinter sich zuknallte, kam Jake aus seinem Zimmer. »Wie oft willst du die Tür eigentlich noch zuknal –« In diesem Moment entdeckte er Callies Wagen. »Ach du liebe Scheiße!«, entfuhr es ihm. Obwohl er barfuß war und nur eine Jeans trug, ging er zu dem Rover hinüber, um sich die Schmierereien genauer anzuschauen. »Glaubst du, das waren Austin und Jimmy oder ihre Kumpane?«
»Das werde ich noch herausfinden.« Callie schob Jake beiseite und riss die Fahrertür auf.
»He, warte! Warte einen Moment.« Er kannte diesen mordlustigen Blick. »Gib mir zwei Minuten Zeit, dann komme ich mit.«
»Ich brauche keine Unterstützung, um mit ein paar ungebildeten Lümmeln fertig zu werden.«
»Warte einfach auf mich.« Zur Sicherheit nahm Jake Callie die Autoschlüssel ab. Dann rannte er in sein Zimmer, um sich Hemd und Schuhe anzuziehen.
Als er dreißig Sekunden später wieder hinausrannte, stellte er verblüfft fest, dass Callie trotz allem ohne ihn gefahren war. Er hatte ganz vergessen, dass sie immer einen Ersatzschlüssel im Handschuhfach liegen hatte.
»Oh, verdammt! Verdammte Scheiße!«, fluchte er leise.
Callie blickte sich nicht einmal mehr nach Jake um. In Gedanken war sie bereits bei dem, was vor ihr lag. Sie besaß den Rover bereits seit sechs Jahren; er gehörte sozusagen zu ihrem Team. Jede Schramme und jeder Kratzer war mit einer Erinnerung verbunden, und niemand vergriff sich ungestraft an Callie Dunbrooks Besitz.
Minuten später hielt sie mit quietschenden Bremsen vor Dolans Büro auf der Hauptstraße. Wutschnaubend sprang sie aus dem Wagen und konnte nur mit Mühe der Versuchung widerstehen, die Tür einzutreten. Stattdessen hämmerte sie mit der Faust dagegen.
Eine freundlich aussehende Frau öffnete die Tür. »Es tut mir Leid, aber wir machen erst in einer Viertelstunde auf.«
»Ich muss zu Dolan, Ronald Dolan.«
»Mr Dolan ist heute früh auf einer Baustelle. Soll ich Ihnen einen Termin bei ihm geben?«
»Was für eine Baustelle?«
»Oben auf der Turkey Neck Road.«
Callie ballte die Fäuste. »Erklären Sie mir bitte, wie ich dorthin komme.«
Die Fahrt dauerte zwanzig Minuten, und am Ende musste Callie über eine kurvenreiche Landstraße holpern, weil sie die richtige Abzweigung verpasst hatte. Weder die Sonnenstrahlen,
die durch das Laub der Bäume brachen, noch die friedliche Morgenstimmung konnten Callie besänftigen. Im Gegenteil, je länger die Fahrt dauerte, desto wütender wurde sie. Immer wieder fiel ihr Blick auf die Motorhaube. Sie gelobte sich, dass der Schuldige dafür würde bezahlen müssen, obwohl sie noch keine genaue Vorstellung hatte, wie.
Schließlich bog sie in eine schmale Privatstraße ab, überquerte eine hübsche kleine Brücke und fuhr auf das große, bewaldete Grundstück, das ihr die Sekretärin beschrieben hatte. Schon von weitem konnte sie die Geräusche der Baustelle hören, das Hämmern und Sägen, das Dudeln eines Radios. Callie musste zugeben, dass das Haus nicht schlecht aussah, vor allem passte es gut zu dem pittoresken Waldgrundstück. Überall lagen Berge von Bauschutt herum, und mehrere Pickups standen kreuz und quer in dem Schlamm, den der Regen vom Vortag hinterlassen hatte. Ein paar stämmige Männer waren bereits schweißüberströmt bei der Arbeit. Dolan stand, wie immer in Arbeitshose und blauem Hemd mit hochgekrempelten Ärmeln, mit in die Hüfte gestemmten Händen da und überwachte die Arbeiten.
Als Callie die Wagentür zuknallte, wandte Dolan kurz den Kopf zu ihr um, blickte dann jedoch betont desinteressiert wieder weg, als sie auf ihn zukam.
»Austin und Jimmy, diese Arschgesichter!«, fuhr sie ihn ohne eine Begrüßung an. »Wo sind sie?«
Dolan drehte sich um und musterte die Schmierereien auf Callies Auto. »Wenn Sie ein Problem mit einem meiner Männer haben, wenden Sie sich bitte an mich.«
»Gut.« Das passte Callie hervorragend. »Sehen Sie das?«, fragte sie und zeigte auf ihren Rover. »Ich mache Sie dafür verantwortlich.«
Dolan spürte, dass seine Leute ihn beobachteten, und hakte betont lässig die Daumen in seine Hosenträger. »Wollen Sie etwa behaupten, dass ich Ihren Wagen beschmiert hätte?«
»Ich behaupte nur, dass derjenige, der das getan hat, für Sie arbeitet und genau zugehört hat, als Sie Ihre Bemerkungen
über die Arbeit meines Teams am Antietam Creek losgelassen haben.«
»Davon weiß ich nichts. Für
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