Die falsche Tochter - Roman
Bad und Gästetoilette sind auf dieser Etage, und oben gibt es drei Schlafzimmer und ein weiteres Bad. Da drüben ist noch ein Schlafzimmer oder ein Büro, und dort …«
Jake durchquerte das Wohnzimmer, drehte sich um und wies auf einen großzügigen Raum mit einer Glasschiebetür, die auf die hübsche kleine Terrasse führte, die sie bereits von draußen gesehen hatten. Callie öffnete den Mund, doch bevor sie etwas sagen konnte, schüttelte Jake den Kopf.
»Zu spät, Babe. Darauf habe ich bereits Ansprüche angemeldet.«
»Bastard!«
»Nett, vor allem, weil ich dir das größte Schlafzimmer oben reserviert habe. Wir können morgen einziehen.«
»Gut.« Sie trat auf die Terrasse. »Es ist schön ruhig hier.«
»Wenn wir erst einmal hier wohnen, ist es mit der Ruhe vorbei.«
Callie wunderte sich, wie normal sich in diesem Moment alles anfühlte. Nach dem Treffen mit den Cullens in Lanas Büro erschien ihre diese Normalität ein wenig merkwürdig. »Kannst du dich noch an dieses Haus in der Nähe von Kairo erinnern? Wir waren nur ein paar Wochen da.«
»Und das war schon zu lange.«
»Es war nur eine kleine Schlange.«
»Als sie zu mir ins Badezimmer kam, sah sie gar nicht so klein aus.«
»Du hast gekreischt wie ein kleiner Junge.«
»Ganz sicher nicht. Ich habe gebrüllt wie ein Mann. Und obwohl ich splitternackt war, habe ich die Schlange eigenhändig entfernt.«
»Du hast sie mit einem Handtuchhalter zu Brei geschlagen.«
»Aber den habe ich mit bloßen Händen aus der Wand gerissen. Das läuft aufs Gleiche hinaus.«
Callie konnte sich gut erinnern, wie Jake ihr damals nackt und mit entsetztem Blick die Schlange präsentiert hatte, die schlaff über dem Handtuchhalter hing.
»Aber es war doch nicht schlecht. Wir hatten auch schöne Zeiten«, sagte sie leise.
»Ja, oft.« Er legte ihr die Hand auf den Nacken. »Willst du mir nicht von dem Treffen mit den Cullens erzählen, Callie? Warum fällt es dir immer so schwer, außer deiner Wut etwas herauszulassen?«
»Ich weiß nicht. Suzanne war völlig außer sich, Jake. Sie ist in Lanas Büro fast zusammengebrochen. Sie hat mich so fest gehalten, dass ich kaum Luft bekam. Ich weiß nicht, was ich empfunden habe oder was ich jetzt empfinde. Ich kann es
nicht identifizieren. Aber ich habe angefangen, darüber nachzudenken, wie ich wohl geworden wäre, wenn all das nicht passiert wäre. Wenn Suzanne sich nicht für ein paar Sekunden abgewendet hätte und ich bei ihr aufgewachsen wäre.«
Sie wollte sich von Jake lösen, aber er hielt sie fest. »Erzähl weiter. Tu einfach so, als sei ich nicht da.«
»Man merkt dir an, dass du das Grundstudium in Psychologie absolviert hast«, erwiderte sie. »Nun, ich habe schon oft daran gedacht, wie es wäre, wenn ich als Jessica aufgewachsen wäre. Jessica Lynn Cullen wäre bestimmt sehr modebewusst. Sie würde einen Minivan fahren und wahrscheinlich gerade das zweite Kind erwarten. Vielleicht hätte sie einen Abschluss in Kunst gemacht und würde ihr Talent dazu nutzen, ihr Haus geschmackvoll einzurichten. Wenn die Kinder älter sind, wird sie wieder arbeiten gehen, aber zurzeit kümmert sie sich nur um ihre Ehrenämter, das reicht ihr. Aber vielleicht wäre Jessica auch immer Jessie geblieben. Dann wäre sie eine andere Person.«
»Inwiefern?«
»Jessie wäre mit Sicherheit Cheerleader gewesen. Wahrscheinlich hätte sie sich in den Captain des Footballteams verliebt. Die beiden waren in der Highschool ein heißes Pärchen, aber die Beziehung hat nicht gehalten. Jessie hat schließlich ihren besten Freund vom College geheiratet, einen von den zahlreichen Typen, die sie ständig umschwärmten, weil sie so strahlend und lustig war. Jessie arbeitet halbtags, um das Familieneinkommen aufzubessern. Sie hat auch ein Kind und verfügt über genug Energie, um alles unter einen Hut zu bringen.«
»Ist sie glücklich?«
»Klar. Warum nicht? Aber keine dieser beiden Frauen hätte Stunden damit zugebracht, ein sechstausend Jahre altes Schienbein zu identifizieren. Sie hätten auch keine Narbe auf der Schulter, von einem Sturz von einem Felsbrocken in Wyoming. Und ganz sicher hätten sie dich nicht geheiratet – das spricht natürlich für sie.«
Callie blickte Jake an. »Du hättest ihnen höllische Angst eingejagt. Nein, ich bin froh, dass ich keine von beiden geworden bin. Das habe ich auch gedacht, als Suzanne mich schluchzend in den Armen hielt. Ich bin froh, die zu sein, die ich bin.«
»Dann sind wir schon
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