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Die Familie ohne Namen

Die Familie ohne Namen

Titel: Die Familie ohne Namen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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Quälereien der Kronbeamten den höchsten Gipfel erreicht hätte. Daher kamen jene Verzögerungen, welche sich unabsehbar zum größten Leidwesen der Söhne der Freiheit verlängerten.
    Als Johann von Chipogan entfloh, rechnete er darauf, daß der Monat October nicht vergehen werde, ohne daß es zu einem allgemeinen Aufstand in ganz Canada käme.
    Auch am 23. October deutete noch nichts darauf hin, daß diese Erhebung nahe bevorstehe, als die von Johann vorhergesehene Gelegenheit es zu einer ersten Kundgebung kommen ließ.
    Entsprechend dem Berichte der drei neuerdings von der englischen Regierung ernannten Commissäre hatte sich das Haus der Lords und das der Gemeinen beeilt, folgende Vorschläge anzunehmen: Verwendung der Colonialeinkünfte ohne weitere Vollmacht seitens der canadischen Volksvertretung, Versetzung der hervorragendsten reformistischen Abgeordneten in Anklagezustand, Abänderung der Verfassung dahin, daß der französische Wähler einem doppelt so hohen Census wie der englische unterliege, und endlich Unverantwortlichkeit der Minister gegen die Kammer.
    Diese ungerechten und gewaltthätigen Maßregeln erregten das ganze Land; die ganze franco-canadische Race fühlte sich in ihren patriotischen Empfindungen aufs tiefste verletzt. Das war mehr als die Bürger vertragen konnten, und die Kirchspiele von beiden Ufern des St. Lorenzo traten zu Meetings zusammen.
    Am 15. September findet in Laprairie eine Versammlung statt, welcher auch ein Abgesandter Frankreichs, der von seiner Regierung Verhaltungsbefehle gegenüber dieser Angelegenheit empfangen hatte, und außerdem der Geschäftsträger der Vereinigten Staaten in Quebec beiwohnte.
    In St. Scholastique, in St. Ours und vor Allem in den Grafschaften Unter-Canadas verlangt man die sofortige Losreißung von Großbritannien, fordert die Reformer auf, von Worten zu Thaten überzugehen, und entscheidet man sich dafür, die Hilfe Amerikas anzurufen.
    Eine Kasse wird gegründet, um die geringfügigsten wie die größten Zuwendungen zur Durchführung der nationalen Sache zu sammeln.
    Verschiedene Abtheilungen ziehen mit fliegendem Banner umher, auf dem sich mit hellem Jubel begrüßte Inschriften, wie:
    »Flieht Ihr Tyrannen! Das Volk ist aufgestanden!«
    »Ein Bund der Völker – der Schrecken der Großen!«
    »Lieber ein baldiger Kampf, als die Unterdrückung durch eine corrumpirte Staatsgewalt!« – befinden.
    Eine schwarze Fahne mit Todtenkopf und gekreuzten Gebeinen darunter enthielt die Namen der verabscheuten Gouverneure Craig, Dalhousie, Aylmer und Gosford. Endlich zeigt ein weißes Banner zu Ehren Frankreichs auf der einen Seite den von Sternen umgebenen amerikanischen, auf der anderen den canadischen Adler mit dem Ahornzweige im Schnabel und mit den Worten:
    »Unsere Zukunft! Frei wie die Himmelsluft!«
    Man erkennt hieraus, bis zu welchem Grade die Geister schon erhitzt waren. England kann die Befürchtung hegen, daß die Colonie mit einem Schlage das Band zerreißt, das sie mit ihm verbindet. Die Vertreter seiner Autorität in Canada ergreifen die umfassendsten Maßregeln in Voraussicht eines erbitterten Kampfes, versteifen sich aber darauf, da nur die Schliche einer Fraction zu erkennen, wo es sich um die heiligsten nationalen Empfindungen handelt.
    Am 23. October findet eine Versammlung in St. Charles statt, in demselben Flecken, in dem Johann ohne Namen sich zu seiner Mutter geflüchtet und welcher der Schauplatz von beklagenswerthen Ereignissen werden sollte. Die sechs Grafschaften Richelieu, St. Hyazinthe, Rouville, Chambly, Verchère und Acadien haben hierzu ihre Vertreter geschickt. Dreizehn Abgesandte nehmen bei dieser Gelegenheit das Wort, und unter ihnen Papineau, der gerade jenerzeit auf dem Gipfel seiner Popularität stand. Mehr als sechstausend Personen, Männer, Frauen und Kinder, strömen aus dem Umkreise von zehn Lieues zusammen und lagern sich auf einer großen, dem Doctor Duvert gehörigen Wiese rings um eine mit der Freiheitsmütze gekrönte Säule. Und um Jedermann zu zeigen, daß auch militärische Elemente mit den bürgerlichen gemeinschaftliche Sache machen, schwingt eine Compagnie Milizen ihre Waffen am Fuße jener Säule.
    Nach anderen mehr Feuer und Flamme speienden Rednern hielt Papineau einen Vortrag, der vielleicht etwas zu gemäßigt erschien, da er anrieth, sich mit allen Maßnahmen auf gesetzlichem Boden zu halten. Der Doctor Nelson, als Vorsitzender der Versammlung, antwortete ihm auch unter wahnsinnigen

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