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Die fantastische Reise ins Koenigreich der sieben Tuerme

Titel: Die fantastische Reise ins Koenigreich der sieben Tuerme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Ténor
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die politische Lage des Landes zu entlocken, aber es war nichts zu machen. »Iss und genieße«, lautete seine stereotype Antwort. Schließlich gab ich es auf und versuchte es bei den Dienstboten.
    »Isst unser Gastgeber nicht mit uns zu Abend?«, fragte ich einen von ihnen.
    »Der Gebieter isst nicht zu Abend.«
    Das war auch schon alles. Nachdem sie uns als Dessert knusprige Heuschreckenschenkel serviert hatten, verschwanden sie. Endlich richtete Ergonthe das Wort an mich.
    »Du musst Geduld mit Akys III haben«, erklärte er. »Manchmal lässt er sich mehrere Wochen lang nicht blicken, ohne dass es einen erkennbaren Grund dafür gibt.«
    Als er meinen verdutzten Gesichtsausdruck bemerkte, fügte er hinzu: »Aber unter den gegebenen Umständen müssen wir vermutlich nicht länger als drei oder vier Tage warten.«
    »Das soll hoffentlich ein Scherz sein?«
    Er schaute mich fest an und erwiderte: »Sehe ich so aus?«
    Ich schloss die Augen. Drei oder vier sterbenslangweilige Tage in dieser Gruft, wo in meinem Pauschalurlaub doch zwölf Tage voller unerwarteter, atemberaubender Ereignisse vorgesehen waren! Das war etwa so, als hätte man mir eröffnet, dass die Fluggesellschaft plötzlich streikte und ich zweiundsiebzig Stunden in einer Flughafenhalle totschlagen müsste. Während ich noch innerlich lamentierte, zugleich verärgert und wahnsinnig enttäuscht war und mich um meine Reise betrogen fühlte, schallte plötzlich eine kräftige, tiefe Stimme durch den Saal.
    »Hier bin ich, meine Freunde!«
    Etwas übereifrig standen wir auf. Ich machte es wie Ergonthe und nahm die Haltung des büßenden Ritters ein:
Knie am Boden, Kopf geneigt und Hand auf dem Herzen. Ich sah einen Schatten über die roten Marmorfliesen gleiten, dann umhüllte er mich wie der Umhang eines Gespensts.
    »Seid willkommen im Turm des Großen Spähers!«
    Uff! Wir durften wieder aufstehen. Überrascht nahm ich die Statur des Herrenbruders wahr. Er war zwar nur zwei Meter groß, aber da ich weniger als einen Schritt von seiner imposanten Gestalt entfernt stand, fühlte ich mich so schmächtig wie ein achtjähriges Kind vor einem Weihnachtsmann mit der Figur eines Gewichthebers. Der Mann war nämlich nicht nur groß, sondern gebaut wie ein Möbelpacker. Er war mittelalterlich in mit Nieten verziertem Leder und dickem grauen Leinen gekleidet. Im Gürtel trug er einen Dolch, der länger als mein Unterarm war und in einer Scheide mit kunstvollem Eisenbeschlag steckte. Ein stattlicher Sechzigjähriger mit der würdevollen Eleganz eines Herrschers, dessen Autorität keine Widerrede duldete. Ich erlag sofort seinem Bann.
    Ergonthe wandte sich an ihn: »Können wir reden, Herrenbruder?«
    Unser Gastgeber machte ein besorgtes Gesicht.
    »Natürlich. Es ist sogar ziemlich dringend. Folgt mir, litithischer Freund, wir gehen in mein Observatorium hinauf.«
    Ich kam nicht mal dazu, mir zu sagen: Cool, ich darf bei einem Gespräch auf höchster Ebene dabei sein! So schnell bat mich Ergonthe, in mein Zimmer zurückzukehren. Ich sollte mich ausruhen, da ich mich auf ein paar anstrengende Tage einzustellen hätte. Ich fühlte mich ein wenig in meinem Stolz gekränkt, weil ich so abgeschoben wurde. Aber dann rief ich mir ins Gedächtnis zurück, dass ich hier nur ein Tourist auf einem Ausflug war.

    Allein in meinem Zimmer blieb mir nichts anderes übrig, als mich schlafen zu legen. Eigentlich war mir das ganz recht, denn ich fühlte mich ziemlich k. o. Ich gähnte, hatte aber überhaupt keine Lust, unter die Bettdecke zu kriechen, die sicher kalt wie ein Leichentuch war. Also beschloss ich, mich stattdessen vollständig angezogen aufs Bett zu legen und vor dem Einschlafen noch ein bisschen in einem guten Buch zu lesen (ich hatte etwa hundert Romane im Speicher meines digitalen Reisebegleiters dabei, darunter eine mittelalterliche Fantasygeschichte, die perfekt passte). Bereits kurze Zeit später reiste ich jedoch auf die andere Seite des Spiegels, wo der Aberwitz König ist und die Wunderlichkeit Königin. Was als Nächstes geschah, gehört zugleich dem Traum und der Wirklichkeit an.
    Zuerst wurde ich von einem leisen Geräusch aufgeschreckt. Ich hielt es zunächst für den Wind, der hinter der hohen Scheibe der einzigen Schießscharte meines Zimmers säuselte. Doch dann merkte ich schnell, dass es eine Stimme war. Sang sie? Rief sie mich? Meine Neugier war immerhin so weit geweckt, dass ich ihren Ursprung suchen wollte. Also stand ich auf und verließ mein

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