Die fantastische Reise ins Koenigreich der sieben Tuerme
Litith und legte mir eine Hand auf die Schulter.
Diese freundschaftliche Geste überraschte und rührte mich.
Nachdem Ergonthe gegangen war, half mir Shbocho, unter den vielen Schwertern dasjenige für mich auszusuchen, das am besten zu meiner Statur passte. Als er es mir reichte, fand ich es nicht nur höllisch schwer, sondern es brachte auch blitzartig meine Vision vom Hinterhalt und meinem Ungeschick zurück. Ich schüttelte den Kopf, um den beängstigenden Gedanken zu verscheuchen. Ein Dolch und eine Armbrust vervollständigten meine Waffenausrüstung. Als Nächstes stöberte ich zwischen den Dutzenden an Kleiderständern hängenden Uniformen einen kompletten Kampfanzug auf: nietenbesetzter Überwurf aus dickem Leder, dunkelgrüne Hose aus weichem Leder … Ich zwang
mich, an nichts zu denken, und zog mir ein Paar sehr bequeme schwarze Stiefel an, die mir passten wie angegossen. Etwas fehlte noch, um meine Ausstattung zu vervollkommnen: ein Paar Lederhandschuhe, die ich mit einem verstellbaren Riegel am Handgelenk enger machen konnte.
So verwandelte ich mich in einen furchterregenden Krieger aus dem Königreich der sieben Türme. Irgendwie beunruhigte mich das.
»Auf geht’s«, sagte ich zu Shbocho.
»Sehr wohl, der Herr. Ich gehe voraus.«
Wir kehrten zur Wendeltreppe zurück. Im Tempo dieses Pendelzombies mit dem leicht wiegenden Gang hätte der Aufstieg bis nach ganz oben eine volle Stunde gedauert. Also überholte ich ihn, hängte ihn bald ab und erreichte in wenigen Minuten die Turmspitze. Leicht keuchend trat ich auf eine riesige achteckige Terrasse hinaus, über die ein gespenstisch brausender Wind peitschte. Der hünenhafte Akys III und Ergonthe standen nebeneinander und beobachteten den nördlichen Horizont. Ihre langen Haare flatterten in der eisigen Brise, die aus den Schwarzen Welten heranwehte. Der Litith drehte sich um und winkte mich zu sich. Jetzt bemerkte ich links vom Herrenbruder ein Doppelfernrohr, das auf einer Schiene befestigt war, die an der zinnenbewehrten Brüstung entlanglief. Ich schloss daraus, dass man das Gerät hin- und herschieben und auf diese Weise in alle Richtungen schauen konnte.
»Möchtest du einen Blick auf die Schwarzen Welten werfen?«, fragte mich der Herrenbruder mit einem freundlichen Lächeln.
Ergonthe runzelte überrascht die Stirn. Dieser harmlos anmutende Vorschlag schien ihm Unbehagen zu bereiten.
»Pass aber auf, Thédric«, warnte er mich. »Falls du zufällig die Burg des Schändlichen entdeckst, sieh sie dir nicht
länger als fünf Sekunden an. Die Strahlen der Finsternis, die davon ausgehen, verbrennen dir den Verstand so sicher wie die Sonne die Augen.«
Jetzt verstand ich seine Reaktion, umso weniger allerdings die Unbekümmertheit des Herrenbruders. Ich nickte und schaute ins Fernrohr. Beim Anblick der verwüsteten Landschaft der Schwarzen Welten spürte ich sofort denselben Ekel wie am Tag zuvor bei unserem turbulenten Ausflug mit den Drachenreitern. Es gelang mir aber, ihn zu ertragen. Alle Ebenen und Täler waren dunkelgrau und mit kohlschwarzen Baumstümpfen bedeckt, darüber lag ein dämmriger Gewitterhimmel. Es sah aus wie nach einer Feuersbrunst. Hügel und Plateaus waren zwar von einem helleren Ton, wirkten aber auch nicht fröhlicher. Hier und da bemerkte ich dunkle Krusten, die sich deutlich abhoben. Erst nach einer Weile erkannte ich, dass es sich dabei um befestigte Städte handelte, die sicher aus Lavastein gebaut worden waren. Ich fragte mich, was für Wesen wohl in einer solchen Umwelt leben konnten. Natürlich lautete die Antwort: Orks. Diese eher menschenähnlichen als menschlichen Kreaturen stellten die vorherrschende Spezies der Schwarzen Welten dar, weil nur sie dort gedeihen konnte wie die Ratten in den Kloaken.
Ein brauner Fleck in einer Talmulde, der aussah wie ein Haufen herumkrabbelnder Insekten, weckte meine Aufmerksamkeit.
»Was in aller Welt ist das denn?«
»Ein Bataillon von Orks«, antwortete Akys III.
»Aber … das sind ja Tausende!«
»Ein kleines Bataillon«, stellte er klar.
»Und wo ist der Rest?«, fragte ich verdutzt.
Der Herrenbruder schwieg, doch dann sagte er - und es klang wie ein Todesurteil: »Auf dem Weg. Genau wie dieses Bataillon da.«
Ich spürte, wie sich mein Herz zusammenschnürte, als wäre ich persönlich betroffen. Eigentlich war ich das ja auch, da der Rest meines Aufenthalts dadurch gefährdet wurde.
»Greifen sie bald an?«, fragte ich, ohne die wimmelnde, vorrückende Menge
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