Die fantastische Reise ins Koenigreich der sieben Tuerme
Auf dem gräulichen Grund der mondbeschienenen Wiesen schob sich die wimmelnde, mit Lichtpunkten gesprenkelte schwarze Zunge immer weiter vorwärts. Bei sich hatte sie wuchtige, auf Räder montierte Gebilde, die zweifellos Belagerungsgeräte waren.
»Lieber Himmel, wie viele sind das?«, murmelte ich.
Die eigentliche Frage lautete jedoch: Was hatten wir einer solchen Invasion von Killerameisen entgegenzusetzen?
»Wir sollten uns nicht so sehr über ihre Anzahl Gedanken machen«, entgegnete Ergonthe, »sondern darüber, bis wohin sie durchmarschieren wollen.«
»Bis Isparin, nehme ich an.«
»Wenn sie tatsächlich dahin wollen und sich ihnen niemand in den Weg stellt, brauchen sie dafür nicht mehr als zehn Tage.«
»Wird ihnen Fürst Isparan nicht seine eigene Armee entgegenschicken?«
»Fürst Isparan hat keine Armee. Nur die Bündnisarmee
kann einer solchen Flut entgegentreten. Akys III hat damit angefangen, sie aufzustellen, während wir die Orks von hier vertreiben sollen.«
»Bleibt ihr genug Zeit, sich in Bewegung zu setzen und Isparin zu retten?«
»Ich weiß es nicht. Aber das ist auch nicht unsere größte Sorge. Fürst Isparan hat mir anvertraut, was der Herrenbruder denkt: dass ein solcher Angriff nur ein Ablenkungsmanöver wäre. Die große Offensive, vor der wir uns wirklich fürchten müssen, würde sich in der Gegend von Idris abspielen, wo Uzlul früher mal den Turm bewohnt hat.«
»Uzlul hat im Turm von Idris gelebt? Ich dachte, er war ein Schwarzer Herr?«, fragte ich erstaunt.
»Das stimmt, aber vorher war er einer der damaligen sieben Herrenbrüder. Er hat das Königreich verraten, um sich mit dem Schändlichen zu verbünden, der ihn über seine Schwarzen Welten herrschen ließ. Du müsstest die Einzelheiten dieser Geschichte in deinem Zauberkasten finden.«
Er spielte auf meinen digitalen Reisebegleiter an, dessen Funktionsweise ihm übernatürlich erscheinen musste.
»Wenn ich es richtig verstehe«, versuchte ich zusammenzufassen, »ist das, was wir hier vor uns sehen, nichts als eine kleine Vorhut, mit der wir getäuscht werden sollen?«
»Nein, ich glaube, wir haben es hier mit dem Gros der feindlichen Armee zu tun.«
Jetzt wunderte sich auch Fregainthe.
»Aber Ergonthe, das ist doch absurd! Der Schändliche würde doch nicht alles auf eine Karte setzen. Das ist noch nie vorgekommen.«
»Das Königreich hat auch noch nie Ausländer aus einer anderen Welt aufgenommen.«
»Ich verstehe nicht ganz, was die Ausländer mit diesem Krieg zu tun haben«, warf ich ein.
Ergonthe drehte sich zu mir um und sah mich fest an.
»Ihr seid von strategischem Interesse … oder eine Gefahr.«
Ich gab meiner Skepsis mit einem »Ach?« Ausdruck, was so viel heißen sollte wie: »Und inwiefern?«
»Fest steht, dass sich der Schändliche nichts aus Isparin macht«, fuhr er fort. »Diese Stadt hat keinen anderen Reichtum zu bieten als den, die Ausländer zu versammeln, die in ihre Heimat zurückkehren wollen. Es wäre für ihn doch sehr viel sinnvoller, die Fürstentümer zu erobern, zum Beispiel die Armainthei, wo die mächtigsten Festungen stehen, die landwirtschaftlich genutzten Ebenen der Comainthei oder aber die Mysteria-Minen, die den Großteil des Eisenerzes liefern, aus dem wir unsere Waffen schmieden.«
Er hielt kurz inne und folgerte dann wie für sich selbst: »Wir müssen einfach sehr schnell herausbekommen, was der Feind mit den Ausländern vorhat.«
Er blickte mich noch einmal fest an und fügte hinzu: »Wir können sicher sein, dass es nichts Gutes ist.«
Die Diskussion machte zwar klar, was auf dem Spiel stand, aber nicht, warum. Ich fühlte mich dadurch unbehaglich, so als wäre ich mit dafür verantwortlich, dass der Teufel los war.
»Gehen wir wieder schlafen«, wies uns mein ehemaliger Fremdenführer an und riss sich vom überwältigenden Anblick der schwarzen Armee, die auf Akys’ Boden strömte, los. »Sobald der Morgen graut, reiten wir nach Olsomathe und du, Thédric, reitest nach Isparin.«
»Allein?«, fragte ich.
»Ja, es sei denn, du bestehst auf Begleitung.«
»Ich komme schon zurecht, danke. Langsam kenne ich das Land.«
Kaum hatte ich mich hingelegt, fiel ich auch schon in einen tiefen Schlaf.
Kurz vor dem Aufwachen wurde ich von einem Angsttraum heimgesucht: Der Halbork, gegen den ich am Tag zuvor gekämpft hatte, war hinter mir her und wollte mich um die Ecke bringen, doch meine Beine waren bleischwer. Mit jedem Schritt wurde die Flucht
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