Die fantastische Reise ins Koenigreich der sieben Tuerme
Stimme, die überhaupt nicht zu seinem mürrischen Gesicht passte.
»Tatsächlich? Sind sie alle nach Hause zurückgekehrt?«, fragte ich mit unverhohlener Skepsis.
Einer der beiden schweren Türflügel öffnete sich langsam. Der Offizier forderte mich auf einzutreten. Ich rührte mich nicht von der Stelle.
»Würden Sie mir bitte antworten? Sind die Ausländer alle evakuiert worden?«
An seinem verwirrten Blick erkannte ich, dass der Begriff »evakuiert« schlecht gewählt war. Ein anderer kam mir in den Sinn, der mir das Blut in den Adern gefrieren ließ.
»Verhaftet?«
»Tretet ein, ich bitte Euch.«
Ich warf einen Blick zurück und stellte fest, dass sich Lizlide auf Armaintho dem Fuß der Treppe genähert hatte. Sie beobachtete mich, oder besser, sie schien auf mich zu warten. Ich wandte mich wieder dem Gardeoffizier zu.
»Warten Sie bitte kurz auf mich, ich muss meiner Freundin etwas sagen.«
Ich schenkte ihm ein flüchtiges Lächeln, das in seiner groben Trollfratze ohne Wirkung blieb, und drehte mich um.
»Dafür ist es jetzt zu spät, mein Herr«, entgegnete er und hielt mich am linken Arm fest. »Ihr werdet Euch zu Euresgleichen gesellen müssen.«
Ich warf ihm vernichtende Blicke zu und verzog beleidigt das Gesicht.
»Meinesgleichen?«
»Kein Ausländer ist mehr befugt, sich im Königreich frei zu bewegen.«
»Und was habe ich damit zu tun?«
Bei dieser Dreistigkeit verzerrte sich sein Gesicht zu
einem spöttischen Grinsen. Ich senkte den Blick wie ein ertapptes Kind.
»Schon gut«, sagte ich.
Ohne den Griff seiner in einem Eisenhandschuh steckenden Hand zu lockern, zwang mich der Offizier, über die Schwelle in den großen Saal zu treten, in dem die Blütenlampen brannten. Mir blieben noch wenige Sekunden, um zu handeln, also zu fliehen, bevor sich die Tür schloss wie eine Grabplatte über meinen verblichenen Hoffnungen …
KRIEGSRAT
I ch ließ die Ledertasche mit meiner Zivilkleidung und den wenigen Reiseutensilien, die ich noch besaß, von der Schulter gleiten.
»Oh, Mist! Entschuldigung …«
Ohne auf eine Reaktion des isparanischen Offiziers zu warten, ging ich in die Hocke, um meine Sachen aufzuheben, sodass er meinen Arm loslassen musste. Das hätte er sicher nicht getan, wenn wir noch draußen gewesen wären.
Ich sah zu den beiden Dienern hinüber, die sich mit gesenkten Köpfen gegen den schweren Türflügel stemmten und ihn zurückschoben. Dann schnappte ich mir mit einer Hand meine Tasche, richtete mich auf und versuchte, sie dem Offizier ins Gesicht zu schleudern. Dieser reagierte mit einem vorhersehbaren Schutzreflex. Ohne meine Tasche loszulassen, stürzte ich zum Ausgang. Ein Schritt, noch ein Schritt … Einer der Diener stellte sich mir in den Weg. Eine Schulter nach vorn gerichtet wie ein Rugbyspieler, prallte ich mit ihm zusammen. Er taumelte. Ich schob ihn mit einer Hand zur Seite und wich ihm mit einem Sprung aus. Dann schaffte ich es, mich gerade noch rechtzeitig durch den Türspalt zu zwängen. Draußen waren die Soldaten durch die
Rufe aus dem Saal alarmiert worden und drehten sich um. Atemlos und mit weichen Knien blieb ich am oberen Ende der Treppe stehen. Dann bemerkte ich verblüfft, dass mir Armaintho zu Hilfe sprang. Er holte mich ab! Allein! Wo war bloß Lizlide? Der Gardist, der mir am nächsten stand, kam auf mich zu, um mich aufzuhalten, als die Elfe plötzlich vor ihm auftauchte. Bevor er begriff, was überhaupt los war, hatte ihm Lizlide schon ihre Klinge in den Oberschenkel gerammt. Er brüllte wie ein Minotaurus und taumelte mit ausgebreiteten Armen und vor Wut schäumend zurück. Inzwischen hatte mich Armaintho erreicht und ließ mich auf seinen Rücken steigen. Kaum saß ich im Sattel, bäumte er sich vor dem Soldaten auf. Mühelos stieg Lizlide vor mir auf das tänzelnde Equined, nahm die Zügel und rief: »Halt dich fest!«
Verdutzt schlang ich die Arme um sie. Wir stürmten die breite Treppe hinunter, überquerten in Windeseile den Platz vor dem Palast und verschwanden in einer Straße, deren Dunkelheit uns umhüllte.
Der Ritt durch die schlafende Stadt und dann den Titanenwald lief für mich ab wie ein Traum. Ich hielt Lizlides warmen Körper fest umschlungen und spürte den starken Kontrast zum frischen Wind in meinem Gesicht. Plötzlich wurde das undurchsichtige Blätterdach vom Himmelsgewölbe abgelöst. Fern im Norden funkelten Myriaden von Lagerfeuern der Verbündeten. Lizlide stieß einen langen melodiösen Klagelaut aus, auf den
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