Die Farbe der Gier
Wortklaubereien mit mir«, bellte Fenston.
»Wenn Sie meinen. Lassen Sie mich aber klarstellen, dass Dr. Petrescu – sollte sie in diese Firma eintreten – rasch herausfinden wird, dass wir es nicht gut heißen. Kunden ihres Erbes zu berauben, insbesondere dann nicht, wenn es sich um alte Damen handelt.«
»Und was halten Sie von Bankdirektorinnen, die Eigentum der Bank in Höhe von 100 Millionen Dollar stehlen?«
»Ich bin entzückt, dass das Gemälde Ihrer Meinung nach so viel wert ist, denn die Besitzerin …«
»Ich bin der Besitzer«, brüllte Fenston. »Gemäß US-Recht.«
»Dessen Jurisdiktion sich nicht bis Tokio erstreckt.«
»Hat Ihre Firma nicht auch Büroräume in New York?«
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»Endlich haben wir etwas gefunden, auf das wir uns einigen können«, meinte Nakamura.
»Wenn Sie dumm genug sind, mein Bild kaufen zu wollen, wird mich nichts davon abhalten, Ihnen in New York eine Vorladung zukommen zu lassen.«
»Und wer genau wird die Vorladung ausstellen lassen?«, erkundigte sich Nakamura.
»Worauf wollen Sie hinaus?«, schrie Fenston.
»Nur damit meine New Yorker Anwälte wissen, gegen wen sie anzutreten haben: Wird es Bryce Fenston sein, Vorsitzender von Fenston Finance, oder Nicu Munteanu, Geldwäscher von Ceauceşcu, dem verstorbenen Diktator Rumäniens?«
»Drohen Sie mir nicht, Nakamura, sonst …«
»Brechen Sie meinem Chauffeur den Hals?«
»Nächstes Mal wird es nicht Ihr Chauffeur sein.«
Es herrschte lange Schweigen, bevor Nakamura erwiderte:
»Dann sollte ich womöglich überdenken, ob es das wirklich wert ist, so viel für den van Gogh zu zahlen.«
»Eine vernünftige Entscheidung«, meinte Fenston.
»Danke, Mr. Fenston. Sie haben mich davon überzeugt, dass mein ursprünglicher Plan doch nicht der Weisheit letzter Schluss war.«
»Ich wusste, Sie würden letztendlich Vernunft annehmen«, sagte Fenston und legte auf.
Als Anna eine Stunde später an Bord der Maschine nach Bukarest ging, war sie zuversichtlich, dass sie Fenstons Mann abgeschüttelt hatte. Nach ihrem Telefonat mit Tina war die Gegenseite bestimmt davon überzeugt, dass sie auf dem Weg nach London war, um das Gemälde dort einzusammeln, wo es immer war. Über diesen Hinweis hatten sich Fenston und Leapman zweifellos gestritten.
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Vielleicht hatte sie es ein wenig übertrieben, als sie so viel Zeit am Schalter vom British Airways verbrachte und dann direkt zu Flugsteig 9lB ging, obwohl sie kein Ticket hatte. Der kleine Junge hatte sich als Bonus erwiesen. Selbst Anna war überrascht gewesen, was für einen Wirbel er veranstaltete, als sie ihn in die Wade kniff.
Annas einzige Sorge galt Tina. Morgen um diese Zeit würde Fenston und Leapman klar sein, dass Anna sie mit einer bewussten Fehlinformation gefüttert hatte, weil ihre Telefonate abgehört wurden. Anna fürchtete, dass der Verlust ihres Jobs das Geringste von Tinas Problemen sein könnte.
Als das Fahrwerk vom japanischen Boden abhob, wanderten Annas Gedanken zu Anton. Sie hoffte, dass die drei Tage ausgereicht hatten.
Fenstons Mann hatte sie in eine Sackgasse getrieben. Und am anderen Ende der Gasse befand sich eine hohe, unüberwindbare Steinmauer mit Stacheldraht. Anna wusste, dass es keinen Ausweg gab. Sie drehte sich um und sah ihren Feind an, während er nur wenige Meter vor ihr stehen blieb. Der kleine, hässliche Mann zog eine Pistole aus seinem Holster, entsicherte die Waffe, grinste und zielte direkt auf ihr Herz. Sie wurde zur Seite gerissen, als die Kugel ihre Schulter streifte … »Wenn Sie jetzt Ihre Uhren umstellen würden. In Bukarest ist es 16 Uhr 20.«
Anna wachte abrupt auf. »Welcher Tag ist heute?«, fragte sie die vorbeikommende Stewardess.
»Donnerstag, der 20., Madam.«
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20. SEPTEMBER
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ANNA RIEB SICH DIE AUGEN und stellte auf ihrer Uhr die korrekte Zeit ein.
Sie hatte ihre Vereinbarung mit Anton eingehalten und war innerhalb von vier Tagen zurückgekehrt. Jetzt bestand ihr größtes Problem darin, das Gemälde nach London zu bringen, während sie gleichzeitig … – »Meine Damen und Herren, der Kapitän bittet darum, die Sitzgurte anzulegen. Wir landen in ungefähr 20 Minuten in Bukarest.«
Anna lächelte bei dem Gedanken, dass Fenstons Mann mittlerweile in Hongkong gelandet sein musste und sich wundern dürfte, warum er sie dieses Mal nicht im Duty-Free-Bereich entdeckte. Würde er nach London weiterreisen oder es riskieren, in die rumänische Hauptstadt zu fliegen? Womöglich würde er in Bukarest
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