Die Farbe Der Leere
durchzuführen. Ihr ganzes Verhalten kann an Strukturiertheit einbüßen. Das passiert manchmal, wenn sie den Eindruck haben, dass sie kurz davor sind, geschnappt zu werden. Es kann allerdings auch am natürlichen Verlauf ihrer Störung liegen, irgendeiner Geisteskrankheit, die sie dazu bringt, zu tun, was sie tun.«
»Also Sie glauben nicht, dass es Jack ist.«
»Nein. Ich versuche aber, keine voreiligen Schlüsse zu ziehen. Erzählen Sie mir was über diesen Geräteraum.«
»Darin bewahrt der Hausmeister den Rasenmäher auf und Werkzeug und all solchen Kram. Der Raum hat zwei Zugänge. Einen von der Straße und einen vom geschlossenen Innenhof. Ich habe eigentlich nie jemanden außer Mr. Donnelly da herumfuhrwerken sehen. Obwohl, vielleicht gelegentlich mal Handwerker. Gärtner, Maler. Solche Leute.«
»Wer sonst hat Zugang zu diesem Innenhof?«
»Alle Apartments haben Fenster, die sich zum Innenhof öffnen. Nur die sechs Reihenhäuser mir gegenüber haben hinten richtige Türen, Verandatüren.«
»Und die Wohnung der Campbells, der Junge mit dem Internetfall?«
»Das ist eins dieser Reihenhäuser. Wer immer Lenny umgebracht hat, muss Zugang zum Geräteraum gehabt haben, und von da kommt man auch auf den Innenhof und zur Rückseite des Campbell-Hauses. Mir gefällt die Vorstellung gar nicht, wie nah der Mörder an Brians Wohnung war.«
»Ja«, sagte Mendrinos. »Das gibt mir auch zu denken.«
Unvermittelt wechselte er das Thema.
»Russo hält Sie für ein Risiko.«
»Ich hab auch so meine Thesen über Russo.«
»Ich habe mich nur gefragt, ob Sie sich vorstellen können, sich mal für eine Weile auf weniger aufregendes Terrain zu begeben.«
»Nein.«
»Verdammt. Aber ich kann nicht behaupten, dass mich das überrascht.«
»Der, um den ich mir Sorgen mache, ist Brian. Er hat das richtige Alter und die passende Statur.«
»Sie sind nicht die Einzige, die sich Gedanken über ihn macht.«
»Werden Sie mich auf dem Laufenden halten, wenn Sie etwas Neues erfahren? Egal was?«
»Nun, da wäre noch etwas. Es ist mir sehr unangenehm, das anzusprechen. Ihr Exmann, Mr. Worth, treibt sich offenbar bei Ihnen am Gericht herum, und er hat wohl zigmal bei Ihnen angerufen, im Büro und zu Hause.«
Nein, da war sie sich ganz sicher. »Barry hat mich nicht angerufen. Ich hab gar nicht mehr mit ihm gesprochen, seit …«
»Ich weiß, dass Sie ihn nicht gesprochen haben. Er ruft Sie an und legt sofort auf. Mehrere Dutzend Mal am Tag. Ich war gleichermaßen verwundert wie enttäuscht, feststellen zu müssen, dass solche Dinge vorgehen, ohne dass Sie es uns gemeldet haben.«
»Gemeldet! Wir reden hier von meinem Privatleben! Und anscheinend brauche ich gar keine Meldung zu machen. Die Gestapo weiß doch offenbar schon alles. Aber was meinen Sie eigentlich damit, er treibt sich bei meinem Büro herum?«
»Genau das. Ich bin erstaunt, dass Sie ihn nicht bemerkt haben. Er stellt Ihnen eindeutig nach.«
»Er würde nie seine Arbeit vernachlässigen, um etwas so Dummes zu tun. Sie kennen meinen Exmann nicht. Seine Arbeit ist ihm alles.«
»Er hat unbezahlten Urlaub genommen. Seine Firma hat das verlangt, nachdem er nur noch unregelmäßig erschien.«
»Was? Sie glauben doch wohl nicht, dass er … ich meine, dass er darin verwickelt ist?«
»Nein, das nicht. Tatsächlich sind wir ziemlich sicher, dass er mit den Morden nichts zu tun hat. Aber wir mussten ohne Ihre Mitarbeit zu diesem Schluss kommen, da Sie uns völlig im Dunkeln gelassen haben.«
»Aber – warum sollte er so was tun?«
»Männer werden manchmal komisch nach einer Scheidung. Sie waren mit ihm verheiratet, Sie sollten besser als wir wissen, wie er tickt. Lassen Sie sich davon nicht runterziehen. Sie sind nicht die Einzige. So etwas passiert viel mehr Leuten, als man denkt.«
»Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Und ich bin wütend auf Sie und Russo, weil Sie ungefragt in meinem Privatleben herumschnüffeln.«
»Es tut mir leid, Katherine. Es tut mir leid, dass Ihnen das passiert, und es tut mir leid, dass ich es bin, der Ihnen das sagen musste.«
»Danke.« Ihr Ton war sarkastisch.
»Hören Sie, Sie sollten im Moment besser nicht allein sein. Vielleicht kann ich heute Abend vorbeikommen, wenn ich hier fertig bin.«
»Nein. Danke für das Angebot.« Ihre Stimme war kalt wie Eis.
»Gern geschehen.« Er sagte das in einem Ton, als hätte sie bloß eine zweite Tasse Kaffee abgelehnt.
Sie überdachte sein Angebot keine Sekunde länger, als es
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