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Die Farbe der See (German Edition)

Die Farbe der See (German Edition)

Titel: Die Farbe der See (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan von der Bank
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umgedrehten Boot auf Käringön zurückgelassen hatten. Nicht dass sie ihre Feinde damit auf Distanz hätten halten können. Aber wenigstens hätten sie ihr Leben etwas teurer verkauft!
    Rasch warf Ole einen Blick nach vorn. Die heiß ersehnte Querpassage war immer noch nicht zu sehen.
    »Geh unter Deck!«, sagte Ole rau. »Leg dich flach auf den Boden und halte die Pläne bereit. Wenn wir getroffen werden, springst du aus dem Vorluk ins Wasser. Komm auf keinen Fall den Niedergang hoch, hörst du?«
    »Und du? Was ist mit dir?«
    Darüber machte sich Ole lieber keine Gedanken.
    »Ich spring dann auch«, murmelte er.
    Linas Blick sagte deutlich, was sie von dieser Aussage hielt, noch bevor sie es aussprach.
    »Schwachsinn! Du bist tot, ehe du einen Fuß aus dem Cockpit gehoben hast.«
    Sie machte eine kurze Pause, dann hatte sie ihren Entschluss gefasst.
    »Wir werden uns ergeben!«
    »Nein!«, sagte Ole und erschrak, wie heftig ihm das Wort herausgerutscht war. Leiser, aber umso eindringlicher setzte er hinzu: »Nein, Lina, du hast selber gesagt, es kommt auf die Pläne an! Und nur auf die Pläne!«
    Sie blitzte wütend zurück. Offensichtlich mochte sie es gar nicht, wenn man ihre eigenen Argumente gegen sie wendete.
    »Außerdem …«, wollte Ole rasch fortfahren, unterbrach sich aber.
    Schießen sie ja vielleicht nicht gleich, hatte er sagen wollen. Doch in diesem Augenblick sah er, wie sich voraus seine Querpassage öffnete.
    »Außerdem haben wir noch eine Chance!«, sagte er stattdessen, und zeigte nach vorne.
    »Du willst da durch?«
    »Ja.«
    »Und sie?«
    »Für sie ist es zu flach! Und jetzt geh in Deckung!«
    Lina sah ihn einen langen Moment an. Dann trat plötzlich dasselbe verschwörerische Lächeln in ihr Gesicht, das sie ihm gezeigt hatte, als sie einander an Bord des Schleppers in Kiel begegnet waren. Kurz bevor sie den Koffer mit den Plänen versenkt hatte und er von den hereinstürmenden Polizisten vermöbelt worden war. Weil damals ihre meergrünen Augen auf diese unglaubliche Art aufgeleuchtet hatten, hatte Ole dieses Lächeln immer als »Meeresleuchten« in Erinnerung behalten.
    Einen Augenblick später war sie unter Deck verschwunden. Mit einer wilden Gefühlsmischung aus Glück und Verzweiflung drehte Ole sich zu ihren Verfolgern um.
    Das Schnellboot war deutlich näher gekommen, vielleicht noch zwei Kabellängen entfernt. Aber es hatte auch seine Geschwindigkeit deutlich reduziert. Entweder wollte der Kommandohabende den Männern auf dem Vorschiff eine ruhigere Schussmöglichkeit verschaffen, oder aber sie waren sich ihrer Sache so sicher, dass sie sich jetzt einfach Zeit ließen.
    Plötzlich erstarrte Ole.
    Einer der Schnellbootleute, derjenige, der hinter dem MG Position bezogen hatte, war auffallend groß und schlaksig, und seine wirren blonden Haare wurden von einem blutigen Stirnband aus Verbandsmaterial zusammengehalten.
    Richard!
    Diese Erkenntnis ließ es Ole eiskalt den Rücken hinunterlaufen, und klar wie Eiswasser wusste er, dass Korfmann diesmal keine Sekunde zögern würde. Dies war ein Duell zwischen Regattaseglern, und Richard wollte um jeden Preis gewinnen. Egal, wie unfair die Chancen zwischen den beiden Schiffen verteilt waren und der Verlierer, sehr wahrscheinlich Ole, sterben würde.
    Aber noch hatte auch Ole sein entscheidendes Manöver nicht gefahren: die letzte Halse, mit der er sich aus der im Regattajargon als Überlappung bezeichneten, ultimativen Kontrolle des Gegners würde befreien können.
    Der Großbaum war weit aufgefiert an Steuerbord. Ole peilte den Mast hinauf. Der Wind kam jetzt genau von achtern und hatte durch den Trichtereffekt der steilen, hohen Ufer des schmalen Fahrwassers noch deutlich zugelegt. Gut so! Mit weniger Wind würde Ole es vielleicht nicht schaffen, wenn er über die Untiefe hinüberwollte.
    Langsam griff er nach der Großschot und wickelte sie zweimal um die Hand. Dann steuerte er die Lotten weiter an die rechte Fahrwasserseite heran. Er hatte jetzt das schmerzhafte Gefühl, sein Herz schlüge nicht mehr hinter den Rippen, sondern ganz oben in seiner Kehle.
    Da kam die Querung!
    Die Felsen rechts und links der Mündung fielen senkrecht ins Wasser, und nach seiner Farbe zu urteilen war es tief genug, um direkt daran entlangzusegeln. Ein letzter Blick zurück. Das verdammte Schnellboot musste doch jeden Augenblick in Schussweite sein? Ole klemmte die Pinne zwischen die Beine und begann die Großschot dichtzuziehen.
    Dann hörte er Richards

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