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Die Farben der Finsternis (German Edition)

Die Farben der Finsternis (German Edition)

Titel: Die Farben der Finsternis (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Pinborough
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bei der Arbeit verbringt, dass er das wirkliche Leben völlig vergisst.«
    »Um Himmels willen, Melanie!«, giftete ihr Mann.
    Sie sah ihn nicht an, sondern lächelte Cass verhalten zu. »Unsere eine Tochter ist tot, die andere wird vermisst. Wie konnte uns das passieren?« Eine kleine Träne rann silbern über ihre Wange. In Cass’ Augen sah sie wie Quecksilber aus und er wünschte fast, sie würde sich wieder umdrehen und aus dem Fenster sehen. Er wollte ihr sonderbares silbernes Leuchten nicht sehen – das Leuchten war golden , nicht silbern . So war es immer gewesen. Er biss die Zähne zusammen. Andererseits hatte Mr Bright damals vor vielen Monaten eine silberne Träne in der Kirche vergossen – ob silbern oder golden, vielleicht war eben alles Leuchten.
    Doch egal in welcher Farbe – Cass wollte nichts damit zu tun haben.
    »Wissen Sie, ich habe geträumt, dass Hayley stirbt«, fuhr Mrs Porter fort. »Früher, als sie klein war. Einen Monat lang habe ich es jede Nacht geträumt. Und nicht nur ich, Abigail auch. Es war sehr seltsam. Ich wachte immer weinend auf und musste in ihr Zimmer gehen, um mich zu vergewissern, dass es ihr gut ging. Zweimal traf ich dort ihre große Schwester, von demselben Traum getrieben.« Sie vergoss noch eine Träne, atmete jedoch gleichmäßig weiter, als weinte eine andere Person für sie. »Schließlich hörten die Träume auf, aber ich glaube, seitdem war mir immer bewusst, dass wir sie nicht lange bei uns haben würden.«
    »Wenn Sie meine Frau bitte entschuldigen würden«, sagte Alexander Porter. »Offenbar hat sie zu viel Sonne abbekommen. In Portugal bräunt sie sich die ganze verdammte Zeit über. Komisch, dass sie noch keinen Hautkrebs hat und in eine verschrumpelte Pflaume verwandelt wurde.«
    Cass musterte die dunkelhaarige Frau mit dem olivfarbenen Teint. Von Falten keine Spur; an der Stirn und umdie Augen war die Haut glatt, nur eine einzige Furche zog sich vom rechten Mundwinkel abwärts.
    »Wir trauern auf verschiedene Weise«, sagte Porter. »Tränen haben mir noch nie gelegen. Ich weiß nicht, wozu sie gut sein sollen.«
    Die Menschen trauerten tatsächlich unterschiedlich. Cass überlegte, dem Magnaten das zu bestätigen. Diese beiden in ihrer Distanz, die Denters in ihrer Angst und er selbst mit seinen verschlossenen Gefühlen – nie würde er auf die Idee kommen, Menschen danach zu beurteilen, wie sie mit dem Tod umgingen.
    »Haben Sie etwas von Abigail gehört?«, fragte Fletcher.
    »Nein, nichts mehr seit dem kurzen Anruf, nachdem wir gerade erfahren hatten, dass Hayley tot ist.« Als Alex Porter einen kleinen Schluck Whiskey trank, überlegte Cass, ob er vielleicht nur lieber ins Glas schaute als in Fletchers Augen. »Aber das ist nicht verwunderlich. Ihr Job liefert ihr gute Ausreden, uns nicht zu besuchen und nicht nach Hause zu kommen. Darum findet sie ihn auch so gut.«
    »Sie ist eine erwachsene Frau«, fauchte Melanie. »Warum sollte sie ständig Lust haben, nach Hause zu kommen? Um mit dir beim Abendessen über Anteile und Aktien zu reden? Damit du ihr Insiderwissen aus der Nase ziehst?«
    »Können Sie sich vorstellen, wo sie hingegangen sein könnte, wenn sie mit nichts und niemandem mehr etwas zu tun haben wollte?« Wieder redete Fletcher leise und mit fester Stimme, als er die spitzen Bemerkungen der Eheleute unterbrach. »Alte Schulfreunde, Lieblingsorte?«
    »Nicht dass ich wüsste«, antwortete Melanie. »Sie stand niemandem besonders nahe.«
    »Uns auch nicht«, fügte ihr Mann hinzu.
    »Wir lassen Ihr Haus in Portugal und Ihre Wohnungam Sloane Square beobachten. Falls sie dort auftaucht, gibt man uns Bescheid.«
    »Natürlich tun Sie das und selbstverständlich werden Sie benachrichtigt.« Als Porter Fletcher anstarrte, wurde er von seiner Abneigung sichtlich überwältigt. Fletcher kannte das sicher zur Genüge, aber Cass wurde den Verdacht nicht los, dass es Porter um den reinen Machtkampf ging – Porter war es gewohnt, der Stärkste zu sein, aber bei einem Mann wie Fletcher kam er mit Geld und Einfluss nicht weiter. Mehr noch: Fletcher hatte selbst Macht.
    »Darf ich Ihnen einige Fragen zu Hayley stellen?«, fragte Cass.
    »Selbstverständlich.« Melanie lächelte freundlich und Cass konzentrierte sich auf ihren Mund statt auf das Silber in ihren Augen.
    »Sie litt unter Flugangst?«
    »Ja, ganz scheußlich – schon Tage bevor sie fliegen musste, war sie in Panik. Darum zieht – zog sie es vor, die Ferien in London zu verbringen,

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