Die Farben der Finsternis (German Edition)
dumme Kuh, als ich sie das letzte Mal getroffen habe, hat sie sich permanent darüber ausgelassen, was Angie für eine Schlampe gewesen ist, mit ihrem miesen Männergeschmack, dabei stimmt das alles nicht. Ich musste sie richtig anscheißen, bis sie mir endlich geglaubt hat, dass Angie gar keinen Freund hatte.« Sie gingen die Stufen zum Ausgang hinunter. »Die Leute glauben jeden Tratsch, findest du nicht? Und ich dachte immer, über die Toten soll man nur Gutes sagen.«
»Das wird alles bald vergessen sein«, antwortete Rachel, »dann wird Angie in Frieden ruhen. Entweder klärt die Polizei die Sache auf oder es bringt sich noch einer um, über den sie sich dann die Mäuler zerreißen können.«
»O Gott.« Amanda runzelte die Stirn. »Sind die da hinten von der Polizei?«
Rachel ließ den Blick über das Studentengewimmel bisin den Gang schweifen; der Mann, der die Drängelnden an der Tür musterte, war eindeutig der dunkelhaarige Detective, der immer so missmutig aussah.
»Was können die denn noch wollen?«, fragte Amanda.
»Komm, das finden wir raus.« Rachel schlängelte sich mit Amanda im Schlepptau durch die übrigen Nachzügler. Sie musste sowieso zu ihrem Schließfach, um die Bücher loszuwerden. Rechnungswesen war ein gewichtiges Fach.
»Wollen Sie mit uns sprechen?«, fragte sie, als die Mädchen endlich zu den Polizisten vorgedrungen waren. »Haben Sie etwas über Angie herausgefunden?«
»Leider noch nichts Konkretes«, antwortete der DI. Er sprach so leise wie Rachel, aber anders als bei ihr schwang ein leichtes Knurren mit. Das war wahrscheinlich immer so, dachte Rachel. Sie ging weiter zu den Schließfächern, und als der Polizist zwischen sie und Amanda trat, blieb sein blonder Sergeant ein wenig zurück. Die anderen Studenten stupsten einander an und blickten in ihre Richtung.
»Wir müssen herausfinden, ob Angie Phobien hatte.«
»Phobien?« Sie schaute Amanda an. »Da weißt du mehr als ich.«
Die dünne junge Frau hatte Schwierigkeiten mit dem Gleichgewicht, als sie die Bücher auf dem Knie balancierte und gleichzeitig das Schließfach aufschließen wollte.
»Nicht dass ich wüsste«, erwiderte sie. »Jedenfalls hat sie nichts davon gesagt. Sie hat immer so einen vernünftigen Eindruck gemacht.«
»Entschuldigung«, sagte Rachel zu dem Polizisten. »Sind die Phobien wichtig?«
Er verzog sein knittriges Gesicht zu einem Lächeln. »Gehe ich richtig in der Annahme, dass sie an einer Geschichte für Ihre Nachrichtenseite arbeiten?«
»Könnte sein.« Sie lächelte zurück.
»Wenn Sie diese Information noch für kurze Zeit zurückhalten könnten, verspreche ich Ihnen, dass Sie es als Erste erfahren, wenn wir diese Todesfälle aufgeklärt haben. Wie wär’s?«
»Hört sich gut an.«
»Manchmal hatte sie im Dunkeln Angst.« Amanda lehnte an den Schließfächern und drückte die Bücher fest an die Brust. »Sie schlief immer mit einem Nachtlicht. Das hat sie mir nie richtig erzählt, aber ich habe das Licht unter ihrer Tür gesehen.« Sie warf Rachel einen Blick zu. »Aber ob man das als Phobie bezeichnen würde? Vielleicht war es einfach nur Angst.«
»Das klingt, als würde es passen«, sagte der Sergeant. »Vielen Dank.«
Ein Telefon vibrierte und der DI zog es aus der Tasche. »Wenn Ihnen noch was einfällt, zum Beispiel irgendwer, den sie vielleicht konsultiert hat, rufen Sie uns bitte an.« Er lächelte ihnen zu. »Danke noch mal.«
Er wandte sich ab, um den Anruf entgegenzunehmen. »Jones. Ja. Ja. Ich will dabei sein. Wie lautet die Adresse? Wir treffen uns da.«
Rachel sah Amanda an und zuckte leicht die Achseln, weil sie sich allein mit dem jungen Sergeant unwohl fühlte. »Können wir jetzt gehen?«
»Ja selbstverständlich. Vielen Dank für Ihre Hilfe.«
»Gerne.« Als sie weggingen, winkte Rachel dem DI noch kurz zu, der weiter in sein Handy sprach.
»Ich wüsste wirklich gern, was Phobien damit zu tun haben könnten«, sagte sie zu Amanda, sobald sie außer Hörweite waren.
»Wer weiß?« Amanda klemmte die Bücher unter den linken Arm. Es sah aus, als würden sie das kleine Wesenaus dem Gleichgewicht bringen, aber ihr Rücken blieb gerade. »Bloß raus hier. Die starren uns schon alle an.«
»Was zum Teufel wollen Sie hier, wenn Sie immer noch nicht bereit sind, uns bei der Suche nach Abigail zu helfen?«
David Fletcher wartete vor dem Haus der Porters auf der Causton Road in Highgate auf ihn. Cass sah nach oben auf die saubere braune Steinfassade und die
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