Die Farben der Finsternis (German Edition)
kühl.
»Nichts.«
»Die Männer, die Ihnen in die U-Bahn und auf den Bahnsteig gefolgt sind, sagen etwas anderes. Sie berichten, er hätte mit Ihnen gesprochen, bevor er sich vor die Bahn warf.«
»Dieselben Männer, die einen Mann nicht gesehen haben, der mit dem Verdächtigen für die Bombenattentate identisch ist?«
»Das reicht.«
Bis der Innenminister sich zu Wort meldete, hatte Abigail beinahe vergessen, dass noch jemand anwesend war. Er war völlig in den Hintergrund getreten, während sich die Fronten zwischen Fletcher und ihr verhärteten.
»Bitte vergessen Sie nicht, dass wir alle auf derselben Seite stehen«, fuhr er fort. »Die werte Dame an der Spitze würde es sicher nicht gutheißen, wenn wir uns hier angiften.«
Abigail dachte, wenn McDonnell hörte, wie er über sie sprach, wäre angegiftet zu werden das geringste Problem dieses Kabinettmitglieds.
»Wie lange sie allerdings noch an der Spitze bleibt, ist ein anderes Thema.« Dawson rieb sich das Gesicht. »Sie ist schon wieder in einer Dringlichkeitssitzung, wo darüber beraten wird, wie man den lauter werdenden Forderungen nach Neuwahlen oder einer Neubesetzung ihres Amtes begegnen soll. Und Sie können sich denken, was es heißt, wenn ich lieber hier sitze und zuhöre, wie Sie beidedas immer wieder durchkauen. Konzentrieren wir uns aufs Wesentliche. Wenn ich sie hinterher treffe, wird es ihre ohnehin schlechte Laune nicht heben, wenn ich nichts in der Hand habe.«
Abigail starrte Fletcher an. Zwar schwiegen sie beide, aber das gegenseitige Misstrauen war nicht zu übersehen. Schmerz stach ihr in den Nacken und einen Augenblick lang sah sie nur noch Schwarz und Weiß. Was zum Teufel war mit ihr los? Die Farbe flutete in den Raum zurück.
»Ist dieser Tote der Verdächtige von den Bombenanschlägen – oder wenigstens einer der Verdächtigen?«, fragte Dawson.
»Ja.« Fletcher wandte sich von Abigail ab. »Und wahrscheinlich auch derselbe Mann, den Abigail in der Nacht nach den Attentaten auf dem Heimweg gesehen hat.«
»Ich habe Ihnen schon gesagt, dass …«
»Lassen wir das für den Moment«, fiel Dawson ihr ins Wort. »Wie lauten die Fakten?«
»Auch wenn er keinen echten Sprengstoffgürtel bei sich trug, hatte er sich so verkleidet. Die Knetmasse, die er sich auf die Brust gebunden hatte, ist jetzt überall auf dem U-Bahngleis verteilt. Wir haben den Kuli, den er in der Hand hielt. Es handelt sich um einen normalen Kugelschreiber, und die einzigen Fingerabdrücke stammen von Abigail, obwohl er keine Handschuhe getragen hat.« Fletcher hob die Hand, um Dawsons Frage abzuwehren. »Fragen Sie mich nicht, warum das so ist, weil ich es verdammt noch mal nicht weiß. Außerdem hat er gewartet, bis einer von uns kam, bevor er sich vor die Bahn geworfen hat. Es ist eindeutig, dass er dabei gesehen werden wollte.«
»Das Timing war perfekt«, fuhr er fort. »Er lockte Abigail nur eine Minute vor Einfahrt der Bahn auf das Gleis. So oft fahren die heutzutage nun wirklich nicht mehr.«
»Aber wenn unser toter Mann die ganze Zeit auf dem Bahnsteig gestanden hat, wie die Zuschauer behaupten, könnte er sich doch mit seinen mysteriösen Doubles verständigt haben, sich nach einem bestimmten Plan zu verhalten.«
»Nein, denn es gab keinerlei Hinweis auf ein Funkgerät«, erwiderte Fletcher. »Vielleicht dachte er, dass er sich erschießen lassen könnte, wenn keine Bahn käme. Falls der Selbstmord von Anfang an geplant war.«
»Ich habe auch den Eindruck, dass er es aus irgendeinem Grund auf Abigail abgesehen hatte«, sagte Dawson nachdenklich.
»Wie kommen Sie darauf ?«, fragte Abigail bewusst ohne jeden Kampfgeist. Sie wollte nur noch weg und das Benutzerkonto bei Hotmail checken. Interventionist . Das hatte er gesagt. Es war so weit. Sie wusste es.
»Eine einfache Beobachtung. Er hätte viel leichter die Aufmerksamkeit von einem von Dunnes Männern auf sich lenken können als Ihre. Er hätte einfach nur rufen müssen, dann hätten sie ihn gesehen. Stattdessen sorgte er dafür, dass Sie ihn sahen, indem er sich direkt in Ihr Sichtfeld stellte, ein wenig hinter das der anderen. Er hat sein Jackett für Sie geöffnet.«
»Vielleicht wollte er auch die Premierministerin auf sich aufmerksam machen«, wandte Abigail ein.
»Nein, McDonnell konzentrierte sich auf ihre Rede und hätte Blickkontakt zu den Angehörigen gesucht. Sie musste ganz bestimmte Gesichter im Auge behalten, das können Sie mir glauben. Er wollte Sie und nur Sie zu dem
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