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Die Farben der Finsternis (German Edition)

Die Farben der Finsternis (German Edition)

Titel: Die Farben der Finsternis (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Pinborough
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doch er entfernte sich gehorsam.
    Armstrong kam mit einer durchsichtigen Beweismitteltüte aus dem Schlafzimmer. »Wir haben ein Handy gefunden. Neben dem Bett. Soll ich es untersuchen lassen?«
    »Ja – und schicken Sie jemanden los, der bei den anderen Familien nach Handys der Selbstmörder fragen soll. Dannkönnen Sie die Nummern vergleichen und feststellen, ob es eine Verbindung gibt.«
    »Kein Problem.« Sekunden später hing Armstrong schon am Telefon und beauftragte jemanden in der Einsatzzentrale. Nicht nur rücksichtslos, auch noch effizient und immer so verdammt ruhig. Cass’ Urteil stand immer noch aus.
    In Lidsters Zimmer fotografierte der neue Gerichtsmediziner Dr. Marsden den Toten schweigend aus verschiedenen Winkeln. Er arbeitete ruhig und präzise. Farmers Ehrgeiz ging ihm ab, aber vielleicht war das nicht das Schlechteste, wenn man bedachte, was in Paddington Green in letzter Zeit los gewesen war.
    »Bin fast fertig. Nicht gerade ein komplizierter Tatort.«
    »Wie sieht’s denn aus?«, fragte Cass. Er musste sich nicht näher erklären. Es war klar, dass er die Auswirkungen der Bombenanschläge meinte.
    »Wird zum Glück langsam weniger.« Dr. Marsden seufzte und ließ die Kamera sinken. »Als Nächstes müssen wir die ganzen Berichte schreiben.« Er warf noch einen Blick auf Lidster. »Ich würde sagen, er ist verblutet. Das passt zu den Wunden. Aber das muss ich Ihnen wahrscheinlich nicht sagen bei der Schweinerei.« Seine Stimme war frei von Gefühlen, als er die Pfützen mit geronnenem Blut betrachtete. Dr. Marsden hatte wahrscheinlich auch vor den Attentaten keine großen Reaktionen gezeigt, aber wenn man bedachte, was er in den letzten Wochen erlebt haben musste, konnten ihn aufgeschlitzte Pulsadern wahrscheinlich nicht mehr schockieren.
    »Er wird sich eine neue Matratze anschaffen müssen, bevor er dieses Zimmer an den nächsten gut aussehenden jungen Mann vermieten kann«, meinte Cass.
    »So wie er aussieht, kauft er nie was Neues«, antworteteDr. Marsden. »Sogar sein Aftershave ist seit zwanzig Jahren aus der Mode.«
    Cass lachte. Anscheinend hatte Dr. Marsden doch Humor.
    »Ich packe hier ein und gebe die Leiche in die Hände meines wissbegierigen Schützlings«, sagte der Gerichtsmediziner.
    »Eagleton ist gut, oder?«
    »O ja, er ist sogar sehr gut. Irgendwann wird er spitze sein. Gut, dass er uns erhalten geblieben ist.«
    Wenn man Cass fragte, war Dr. Marsden der Meister der Untertreibung.
    Auf einmal drehte sich Armstrong, der immer noch mit der Einsatzzentrale telefonierte, um und suchte Cass’ Blick.
    »Was ist?«
    Armstrong klappte das Handy zu. »Schon wieder eine, Sir. Am Sloane Square.«
    Die beiden Männer starrten sich an, ehe Cass das Schweigen brach.
    »Jesus fucking Christ.« Mehr fiel ihm nicht ein.

11
    Eagleton war schon voll bei der Sache, als Cass sich endlich durch das bombastische Durcheinander der Londoner Rushhour gekämpft hatte, die seit den Anschlägen gar nicht mehr aufhörte. Die Pathologie lag vielleicht näher am Sloane Square als Soho, aber Cass kapierte trotzdem nicht, wie der junge Mann das machte. Vielleicht hatte Josh Eagleton sich ein Moped besorgt. Cass würde es ihm zutrauen. Denn erfahrungsgemäß kam man heutzutage nicht mal mehr mit Blaulicht durch.
    »Immerhin hältst du mich am Arbeiten, bis die anderen exhumiert sind«, sagte Josh, als er Cass hereinließ. »Und wenn die Leiche nicht wäre, könnte man den Nachmittag auch an einem schlechteren Ort verbringen.«
    Cass musste ihm zustimmen. Es war jedenfalls weit besser als das Loch, in dem er die sterblichen Überreste von Joe Lidster zurückgelassen hatte. Diese Wohnung passte mit der rund um die Uhr besetzten Concierge-Loge und dem Türsteher bestens zum Sloane Square. Die hohen Räume waren elegant dekoriert und es gab drei Schlafzimmer mit jeweils eigenem Bad. Eins wurde offensichtlich nicht genutzt und war hübsch als Gästezimmer eingerichtet, mit vielen Kissen auf dem Bett und hotelmäßigen Toilettenartikeln am Waschbecken. Die Arbeitsflächen in der Küche waren aus robustem Granit, die Haushaltsgeräte aus gebürstetem Stahl, und im Wohnzimmer standen der Bang-&-Olufsen-Fernseher und die dazugehörige Anlage auf einem Ehrenplatz. Vor dem eingebauten Gaskamin – sehr stilvoll mit glatten, hellen Steinen statt mit künstlichen Holzscheiten – lag ein dicker cremefarbener Teppich.Trotz all dieser Pracht war das Mädchen jedoch nicht weniger tot als Joe Lidster. Diesen Punkt hatten

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