Die Farben der Sehnsucht
Colette lehnte ab und wählte stattdessen einen koffeinfreien Kaffee. Wie immer war ihr Date sehr schön und unglaublich angenehm. Sie schwelgten wieder in Erinnerungen an Derek, und Steve unterhielt sie mit Geschichten über seinen Job und eine Ermittlung, die er gerade erfolgreich beendet hatte. Wo immer sie sich auch trafen – er schien überall Leute zu kennen. Offensichtlich wusste der eine oder andere noch nichts von seiner Scheidung, und Colette wurden einige neugierige Blicke zugeworfen. Irgendwann musste sie ein Gähnen unterdrücken und sagte, dass sie nun nach Hause wolle. Nachdem er sein Auto aus dem nahe gelegenen Parkhaus geholt hatte, brachte Steve Colette das kurze Stück zu ihrem Apartment.
„Ich hatte einen wundervollen Abend“, sagte sie. Und es stimmte – auch wenn Christians Warnung ihr nicht aus dem Kopf ging.
„Ich auch“, entgegnete Steve und beugte sich zu ihr herüber.
Sie küssten sich, und er presste seine Lippen voller Leidenschaft auf die ihren, bis sie den Kopf leicht abwandte. Als sie sich voneinander lösten, flüsterte Steve: „Bist du dir sicher, dass du mich nicht noch auf einen Kaffee hinaufbitten möchtest?“
„Nicht heute Abend.“
„Bald?“, fragte er.
Sie lächelte und gab ihm einen sanften Kuss auf die Wange. „Vielleicht.“
Steve seufzte. „Colette, Derek ist jetzt seit über einem Jahr tot.“
„Ja, ich weiß“, sagte sie leise.
Er legte seinen Daumen unter ihr Kinn und hob es an, so dass sie ihn ansah. „Es ist an der Zeit, dass du nach vorn siehst und dein Leben weiterlebst“, mahnte er sie. Sein Blick war voller Wärme. „Derek hätte nicht gewollt, dass du dich versteckst, in diesem …“, er zögerte und suchte offenbar nach den richtigen Worten, „… seltsamen kleinen Blumenladen. Er hätte gewollt, dass du glücklich bist.“ Wieder presste er seine Lippen auf die ihren. „Ich kann dich glück lich machen, Colette“, versprach er, und seine Stimme klang heiser. „Und ich kann dir helfen, dich daran zu erinnern, wie es sich anfühlt, geliebt und geschätzt zu werden.“
„Ich … ich …“ Sie brachte kein Wort heraus.
„Keine Angst, ich will dich nicht drängen“, sagte Steve und küsste ihren Hals. „Du sollst einfach nur wissen, dass ich für dich da bin, wenn du so weit bist.“
Colette wollte nur noch raus aus dem Wagen. Ohne hinzusehen, tastete sie nach dem Türgriff und wäre beinahe aus dem Auto gefallen.
„Vielen Dank noch einmal für das Essen“, sagte sie. Dann konnte sie nicht schnell genug in ihre Wohnung gelangen. Fieberhaft suchte sie nach ihren Schlüsseln und schloss die Tür auf, ohne Steve noch einmal anzusehen. Sie schlüpfte ins Apartment. Ihr Herz schlug ihr bis zum Hals, als sie sich schließlich atemlos von innen gegen die Tür lehnte. Im nächsten Augenblick schob sie den Riegel vor die Tür. Reglos stand sie im Flur und hatte die Hand an ihre Stirn gelegt. Was war nur mit ihr los? Es war mehr als nur Christians Nachricht. Mehr als nur ihre eigene Vorsicht. Doch Colette wusste nicht, was es war.
Am Sonntagnachmittag griff Colette nach ihrem Telefon, legte es wieder zur Seite und lief rastlos in ihrem kleinen Wohnzimmer auf und ab. Sie fragte sich, ob sie das Richtige tat. Irgendwann setzten sich ihr Mut und ihre Neugierde durch, und sie rief die Auskunft an – eine halbe Minute später kannte sie die neue Nummer von Jeanine Grisham.
Steves Exfrau nahm nach dem dritten Klingeln ab.
„Hallo, Jeanine“, sagte Colette und hoffte, fröhlich und entspannt zu klingen, obwohl ihre Hände vor Beklemmung und Angst zitterten. „Hier spricht Colette Blake.“
„Colette! Du meine Güte, wie geht es dir?“
„Mir geht es gut.“ Sie zögerte und entschloss sich dann, direkt auf den Grund ihres Anrufs zu kommen. „Ich habe das von dir und Steve gehört. Es tut mir so leid.“
„Nun, mir tut es auch leid, aber mir und den Mädchen geht es gut.“ Jeanine schwieg einen Moment lang. „Mir ist zu Ohren gekommen, dass du das Haus verkauft hast und umgezogen bist. Wohnst du noch in Seattle?“
„Ja … ja.“ Colette erzählte ihr von den Veränderungen – einigen der Veränderungen – in ihrem Leben, die seit ihrer letzten Begegnung eingetreten waren.
„Es ist eine Ewigkeit her! Ich wollte nach Dereks Tod den Kontakt zu dir aufrechterhalten, aber du weißt ja, was man über gute Vorsätze sagt. Steve und ich hatten bereits schwerwiegende Probleme – und das alles nahm mich sehr mit. Wie hast du
Weitere Kostenlose Bücher