Die Farben der Zeit
mußten, um Mittagessen zu bereiten.
»Und eine Flasche Milch«, rief ich ihm nach. Sobald die beiden außer Sicht waren, öffnete ich die Reisetasche, um nach Prinzessin Arjumand zu sehen.
Sie schlief immer noch. Ich ließ die Tasche offen zwischen meinen Knien stehen und nahm die Ruder in die Hand. Bis jetzt hatte Terence ganz allein gerudert, aber das konnte er kaum den ganzen Tag durchhalten, nicht wenn wir die Zeit einhalten wollten. Und war nicht rudern gleich rudern? Das hier konnte sich doch nicht so grundlegend vom Rudern mit Supragleitern unterscheiden. Ausgenommen, daß die Ruder erheblich schwerer waren. Und weniger ausbalanciert. Als ich an ihnen zog, passierte gar nichts.
Ich setzte mich aufrecht hin, stemmte meine Füße auf den Boden und riß die Ruder zurück.
Dieses Mal passierte etwas. Das rechte Ruder schoß aus dem Wasser, die Griffe prallten heftig gegeneinander und trafen meine Knöchel. Das linke Ruder geriet aus seiner Halterung, das Boot drehte sich herum und steuerte geradewegs auf die Steinmauer der Brücke zu.
Fieberhaft versuchte ich, das Ruder in die Halterung zurückzuschieben und beide Ruder wieder ins Wasser zu bekommen, ehe wir die Brücke rammten. Dabei stieß ich mir die Knöchel erneut schmerzhaft gegeneinander und steuerte uns statt dessen gegen das Ufer.
Cyril erhob sich, um auf die Uferseite des Bootes zu watscheln, als bereite er sich darauf vor, das sinkende Schiff zu verlassen.
Okay, okay. Aller guten Dinge sind drei. Ich schaffte es, das Boot mit einem Ruder vom Ufer wegzustoßen und aus der Strömung herauszusteuern. Dann versuchte ich es wieder, diesmal darauf achtend, daß die Griffe nicht meine Knöchel trafen. Taten sie auch nicht. Statt dessen schwang der linke hoch und prallte mir gegen die Nase.
Beim vierten Mal jedoch wurde es schon besser, wenn ich mich auch noch sehr ungeschickt anstellte, und nach einigen Minuten hatte ich die Grundzüge der Technik verstanden. Ich ruderte das Boot über die Strömung und unter der Brücke hindurch und wieder zurück, unter viel Wassergespritze und mit heftigen Schlägen.
»Nein, nein!« rief Terence hinter mir. »So nicht! Das Gewicht vor dem Schlag aufs kurze Ruder!«
Ich wandte meinen Blick zum Ufer, wo er stand, und beide Ruder kamen aus dem Wasser hoch und schlugen mir auf die Hand.
»Nicht rückwärts schauen! Gib acht, wo du hinruderst!« schrie Terence, was mir ein bißchen absurd erschien. »Eine Hand über der anderen! Halt die Pinne fest! Nein, nein, nein!« schrie er, wild mit dem Brot in der einen und der Milchflasche in der anderen Hand gestikulierend. »Rudere vorwärts! Öffne die Knie! Halt den Bug aus dem Wasser. Vergiß nicht, richtig zu sitzen!«
Es gibt nichts Hilfreicheres als geschriene Anweisungen, besonders welche, die man nicht versteht. Ich bemühte mich nach Kräften, denen, die ich verstand, zu folgen, unter anderem: »Öffne die Knie!«, was Terence aber nur mit einem lauten »Nein, nein, nein! Knie zusammen! Die Riemen platt! An deinem Ruderblatt hängt ein Krebs! Kopf hoch!« beantwortete.
Schließlich verstand ich zumindest einen Teil davon und schaffte es, die Pinne fest- und den Kopf hochzuhalten, das Gewicht auf das kurze Ruder zu werfen und, die Knie gleichzeitig geöffnet und geschlossen, in der korrekten Sitzposition zu Terence zurückzurudern.
»Langsam und ruhig«, sagte Terence, als ich das Boot problemlos neben die Anlegestelle manövrierte. »So ist’s richtig. Dir fehlt bloß ein bißchen Übung.«
»Die ich eigentlich zu Genüge haben müßte«, entgegnete ich, nahm ihm die Milchflasche ab und steckte sie in meine Tasche. »Komm, wir wollen weiter! Wo steckt Professor Peddick?«
Terence blickte sich um, als erwarte er, ihn zu sehen. »Er ist noch nicht vom Telegrafenbüro zurück?«
»Nein«, sagte ich, stieg aus dem Boot und vertäute es. »Am besten, wir schauen mal, wo er steckt.«
»Einer von uns sollte beim Boot bleiben«, sagte Terence mit einem energischen Blick zu Cyril. »Falls er zurückkommt.«
»Gute Idee«, sagte ich. Während er weg war, konnte ich noch einmal nach der Katze sehen und sie vielleicht kurz aus der Tasche lassen.
»Am besten ist, du gehst«, meinte Terence. »Du kennst dich in Geschichte besser aus.« Er zog seine Taschenuhr heraus und schaute darauf. Ich nutzte die Sekunde, wo er abgelenkt war, um die Reisetasche hochzuheben und hinter meinem Rücken zu verstecken.
»Zehn Uhr«, sagte Terence und ließ die Uhr heftig zuschnappen.
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