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Die Farben des Alls

Die Farben des Alls

Titel: Die Farben des Alls Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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einfach deshalb mit den Lhari, weil das All meine Heimat ist und weil es keinen anderen Ort gibt, an dem ich sein möchte. Das kann ich nur auf diese eine Art bewerkstelligen – also tue ich’s. Auch wenn ich dafür quasi alle paar Jahre meine Erinnerung verliere.
    Bis vor wenigen Jahren kamen mir an meiner Handlungsweise keinerlei Zweifel – erst, als ich Ihrem Vater begegnete. Durch ihn wurde mir klar, daß wir Mentorianer blind und eigennützig handelten. Jeder sollte in den Genuß der Privilegien kommen, nicht nur die Lhari. Im Laufe der Zeit erschien mir ihr Monopol immer zweifelhafter. Aber mir fiel nichts ein, was ich dagegen unternehmen konnte. Ich war nur Mediziner. Und wenn ich mich auf irgendwelche Verschwörungen gegen die Lhari eingelassen hätte, wären sie bei den routinemäßigen Psychotests dahintergekommen, und ich hätte meinen Posten auf den Lhari-Raumschiffen verloren und könnte nur noch interplanetarisch tätig sein.
    Und dann haben wir etwas ausgeknobelt. Vor jeder Reise lösche ich durch Selbsthypnose und Autosuggestion meine eigenen Erinnerungen aus, ich bewirke sozusagen einen künstlichen Gedächtnisverlust, damit die Lhari nicht mehr von mir erfahren können, als ich möchte. Nach jeder Reise höre ich mir wieder die Bänder an, die mein Bruder Raynor Eins für mich verwahrt, um mir mein Gedächtnis ›zurückzuholen‹.
    Bis zu dem Zeitpunkt waren wir nur eine kaum nennenswerte kleine Gruppe, die versuchte, Informationsbrocken zusammenzufügen, die den Lhari nicht wichtig genug erschienen, um sie aus dem Gedächtnis der bei ihnen angestellten Mentorianer zu verbannen.
    Doch dann kam der große Durchbruch in Gestalt eines jungen Studenten der Astrogation namens David Briscoe. Er war mehrere Male auf besonderen Testschiffen mitgeflogen und dabei über ein paar obskure Forschungsergebnisse aus der allerersten Zeit der Begegnung von Menschen und Lhari gestolpert. Ihm kam eine wahnwitzige Idee. Er beseitigte seine gesamten Ausweispapiere, weil niemand in Schwierigkeiten geraten sollte, falls man ihn entdeckte, und schmuggelte sich als blinder Passagier auf ein Lhari-Raumschiff.«
    »Aber – « warf Bart mit trockenen Lippen ein, »ist er denn nicht während der Delta-Antriebsphase gestorben?«
    Bedächtig schüttelte Raynor Drei den Kopf.
    »Nein. Er flog ohne Betäubungsmittel, ohne Kaltschlaf-Narkose – aber er starb nicht . Verstehen Sie nicht, Bart?« Eindringlich beugte er sich vor.
    »Es ist alles Lüge! Die Lhari haben es uns nur weisgemacht, um ihre Weigerung zu rechtfertigen, das Geheimnis des Katalysators mit uns zu teilen, der die zum Delta-Antrieb nötigen Wellenfrequenzen erzeugt! So eine simple Lüge, und doch hat sie all die Jahre funktioniert!
    Dem jungen Briscoe gelang es, das Lhari-Schiff wieder zu verlassen; ein Mentorianer hatte ihn entdeckt, hatte aber nicht das Herz, ihn zu verraten. Also schmuggelte man ihn wieder von Bord. Als jener Mentorianer allerdings den routinemäßigen Gedächtniskontrollen am Ende des Flugs unterzogen wurde, fanden die Lhari heraus, was geschehen war. Zwar kannten sie Briscoes Namen nicht, aber sie wrangen den Mentorianer aus wie einen nassen Lappen und erhielten auf diese Art eine Beschreibung, die praktisch genausogut war wie ein Fingerabdruck. Sie kamen dem jungen Briscoe auf die Spur und töteten ihn. Sie töteten auch den ersten Menschen, mit dem er geredet hatte. Und den zweiten. Der dritte war Ihr Vater.«
    Bart zitterte am ganzen Körper; ihm war übel vor Haß. »Diese mörderischen Teufel!«
    Langsam schüttelte Raynor Drei den Kopf. »Nein«, sagte er. »Aber ich erwarte auch nicht, daß Sie das jetzt verstehen. Auf alle Fälle waren Ihr Vater und Briscoes Vater alte Freunde. Rupert Steele war bewußt, daß der junge Briscoe all seine Gesprächspartner zu Todeskandidaten gemacht hatte; die Lhari hatten jeden seiner Schritte nach vollzogen. Briscoes Vater litt an einer unheilbaren Herzkrankheit. Nachdem sein Sohn tot war, hatte der alte Briscoe nur noch den einen Gedanken im Sinn: Er wollte sicherstellen, daß er nicht umsonst gestorben war. Ihr Vater wagte nicht, selbst zur Erde zu fliegen und Sie abzuholen, Bart; er wußte, daß man nach ihm fahndete. Also nahm der alte Briscoe die Papiere Ihres Vaters in dem Bewußtsein, daß sie einem Todesurteil gleichkamen, ergriff die Flucht und gelangte auf ein Lhari-Raumschiff, das eine Rundreise machte zu Welten, in die die neuesten Informationen noch nicht vorgedrungen waren. Er

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