Die Farben des Chaos
sind. Sie sind sogar sehr stark gestiegen. Es wird dieses Jahr vor allem in Hydlen und Kyphros eine schlechte Ernte geben. Wir streichen weniger Gebühren und Steuern aus dem Handel ein, weil uns die Schwarze Insel und Spidlar Kunden wegnehmen. Wenn die Preise für Getreide weiter steigen, haben die Menschen weniger Geld, um sich andere Dinge zu kaufen. Das bedeutet, dass die Einnahmen der Gilde sinken, wie es bereits geschehen ist …«
Cerryl nahm seinen alten Platz neben der Säule wieder ein.
Lyasa beugte sich vor und flüsterte ihm ins Ohr: »Sag jetzt nichts mehr. Junge Magier sollen nur sprechen, wenn sie aufgefordert werden.«
Cerryl nickte, aber es war kein zustimmendes Nicken.
»Du wirst dich noch um Kopf und Kragen reden«, warnte sie.
»Ich war mein ganzes Leben lang in Gefahr«, gab er flüsternd zurück, während er Sterol zuhörte.
»… Recluce hat möglicherweise sogar den Lauf der Winde verändert, um uns zu schwächen … und da jetzt die Feldfrüchte knapp werden, schaffen sie immer mehr Waren nach Spidlaria, um der Sondersteuer zu entgehen. Lydiar wirkt manchmal richtig verlassen, genau wie Tyrhavven.«
»Während Spidlaria und Fenard aufblühen«, fügte Jeslek theatralisch hinzu.
»Lasst sie doch …«, murmelte jemand hinten im Saal.
»… keinen weiteren Krieg gebrauchen … nicht mit den Schwarzen …«
Kinowin nickte.
Myral stieg schwerfällig aufs Podest und sah sich um. »Das waren schöne Worte … aber wer feige und bequem ist, wird seinen Wohlstand nicht auf Dauer sichern können. Die meisten von Euch wissen, dass ich mich um die Abwasserkanäle gekümmert habe. Nun, wir haben hier weniger Bauchfluss und Fieber als jede andere Stadt in Candar. Unser Volk ist gesund. Aber ohne Maurer und Magier können wir die Kanalisation nicht unterhalten und keiner von Euch will auf sein Gehalt verzichten. Also brauchen wir Geld.« Myral sah sich im Saal um, hustete einmal und dann noch einmal und räusperte sich, ehe er weitersprach.
»Wenn Verräter hier in Candar unserem Volk den Lebensunterhalt und das Geld stehlen, müssen wir gegen Recluce vorgehen.« Die Worte des schwerfälligen, schwarzhaarigen Magiers grollten im Saal.
»Stolz gesprochen, Myral …«
»… nicht mit den Lanzenkämpfern zu reiten …«
»Schweigt!«, fauchte Sterol. »Wenn Ihr sprechen wollt, dann tretet vor und sprecht. Verbergt nicht Eure Worte hinter Murmeln und Getuschel.«
Cerryl lächelte ironisch, dann trat er auf die Tribüne.
Kinowin öffnete den Mund, besann sich aber und schwieg.
Jesleks Lippen verzogen sich zu der Andeutung eines Lächelns.
»Ich bin ein junger Magier«, begann Cerryl. »Und man riet mir, besser zu schweigen. Deshalb werde ich mich kurz fassen. Ich unterstütze Myral.« Cerryl sprach gelassen, beinahe leise, aber immer noch laut genug, um überall gehört zu werden. »Der berühmte Jeslek und der edle Sterol haben sich stets bemüht, das Los unseres Volkes zu verbessern. Im Gegensatz zu vielen anderen komme ich vom Land und nicht aus Fairhaven selbst. Ich weiß, welch hohes Gut Fairhaven verkörpert, denn ich habe früher anderswo gelebt. Können wir überhaupt irgendetwas anderes tun, als die Arbeit des Erzmagiers und der Obermagier zu unterstützen?«
»Und was ist dabei für Euch drin, Cerryl?«, rief Fydel.
Cerryl lächelte leicht und wartete, bis das Getöse und das Kichern verklungen war. »Angesichts der Tatsache, dass sogar so eindrucksvolle Magier wie Jeslek und der Erzmagier Sterol sich besorgt zeigen – wie wäre es mit meinem Überleben?« Er grinste.
Nervöses Lachen hallte durch den Saal, als er vom Sprecherpodest herunterstieg und seinen Platz an der dritten Säule wieder einnahm.
»Zwar schrecke ich davor zurück, so offen zu sprechen wie der ehrenwerte Cerryl …«, begann der nächste Magier, ein Mann mit weißem Haar und faltenlosem, fast engelhaft kindlichem Gesicht.
Cerryl ging langsam weiter zur Seite des Saales. Lyasa hatte sich zurückgezogen, im Schatten neben der Säule wartete jetzt eine rothaarige Gestalt auf ihn.
»Sehr beeindruckend, Cerryl.« Die Stimme klang kehlig, heiser.
»Danke, Anya. Ich vermute, die Wirkung war so, wie Ihr und der edle Sterol es beabsichtigt hattet.« Er lächelte leicht. »Oder besser, wie Ihr allein es beabsichtigt habt.«
»Ihr schmeichelt mir.« Sie erwiderte das Lächeln.
»Eigentlich nicht. Wir tun, was wir können. Ihr mit Euren Fähigkeiten …« Er zuckte mit den Achseln. »Ihr könntet eines Tages
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