Die Farben des Feuers: Historischer Roman (German Edition)
verändern und dann abfallen«, schlage ich vor. »Wenn die Esche im Oktober ihre noch grünen Blätter fallen lässt, ohne dass sie sich vorher rötlich oder bräunlich verfärben, empfindet man weniger Entzücken als bei der Beobachtung der Eiche oder des Ahorns, die allmählich golden werden.« Ich zögere. »Ein solcher Ablauf wäre … runder, wie der gewohnte Kreislauf der Natur.«
»Vielleicht solltest du ihm das einmal vorschlagen«, meint Mr. Blacklock. Kann es sein, dass er lacht? »Deine Ideen sind offenbar ebenso flink, wie deine Finger zu sein scheinen.«
Er winkt mich näher heran und fordert mich auf, zuzusehen, während er etwas in ein kleines Glasgefäß gießt. »Ich stelle Aqua Regia her, Königswasser«, sagt er. »Dabei werden konzentrierte Salpetersäure und konzentrierte Salzsäure miteinander vermischt. Die Mischung muss frisch sein, da ihre Wirksamkeit schnell nachlässt.« Zu meiner Überraschung lässt er zwei glänzende Guineen in das Gefäß fallen und verschließt es mit einem Korken.
»Gold?«, frage ich. Ein Röhrchen führt aus der zweiten Öffnung des Gefäßes in ein anderes Glas, und noch während ich spreche, beginnt ein gelblicher Dampf oder ein Gas durch das Röhrchen in das Glas zu strömen. Ein unangenehmer, beißender Geruch breitet sich aus, der mich würgen und meine Augen tränen lässt. »Atme nicht zu tief ein, es ist hochgradig ätzend«, warnt Mr. Blacklock.
»Die Münzen sind verschwunden, Sir«, bemerke ich verwundert und betrachte besorgt die Flüssigkeit. »Dieses Experiment muss eine Menge kosten.«
»Nein. Das Gold befindet sich in der Lösung, auch wenn es jetzt unsichtbar ist. Es kann mit einem gewissen Aufwand wiedergewonnen werden.« Er hustet. »Aber dies ist die Substanz, um die es geht.« Er hebt das Gefäß mit der grün-gelblichen Luft hoch, die er gewonnen hat.
Er macht eine ungeduldige Handbewegung Richtung Hof. »Bring mir eine von den kleinen Blumen dort draußen.«
»Blumen, Sir? Meinen Sie die Veilchen?« Ich bin erstaunt, dass er sie bemerkt hat, denn sie blühen spät und verstecken sich zwischen den warmen Ziegeln des Nebengebäudes. Ich gehe hinaus, pflücke vorsichtig eine Blüte und bringe sie ihm.
Er reißt den grünen Stängel ab und greift den Blütenkelch mit einer Pinzette. Dann taucht er die Blüte in das Gefäß, zieht sie wieder heraus und hält sie mir hin. »Siehst du das?«
»Die Farbe wird herausgesaugt, Sir!«, rufe ich betroffen. Der Gestank ist überwältigend.
Das Veilchen sieht beunruhigend tot aus; ein unheimlicher, gebleichter Rest hängt schlaff an der Pinzette. Ein Blütenblatt fällt auf den Tisch, als würde ein Hautstück eines Geistes abblättern.
»Wohin ist die Farbe verschwunden?«
»Faszinierend, nicht wahr?«, sagt er und starrt gedankenverloren darauf hinunter.
* * *
Die Kirchenuhr hat bereits vier geschlagen, als wir mit sechs Paketen frischer Chemikalien vom Laden des Apothekers zurückgehen, die Mr. Blacklock für zu wertvoll hält, um sie Joe Thomazin ohne Begleitung abholen zu lassen.
»Ich werde die drei Pfund und zwei Pennys Ihrer Rechnung hinzufügen, Mr. Blacklock, Sir«, hatte Mr. Jennet mit einem widerwilligen Schnaufen gesagt und heftig mit seiner gepuderten Perücke genickt, als wir uns die Pakete aufluden. Es war ihm schwergefallen, seine Verärgerung zu verbergen, weil Mr. Blacklock gebeten hatte, sich höchstpersönlich von der Frische und Qualität der Waren überzeugen zu dürfen. Erst dann konnten sie gewogen und eingepackt werden. »Ich pflege den Laufburschen zu schicken, wenn die Waren fertig sind«, beschwerte sich der Apotheker und blickte an seiner langen Nase entlang, als Mr. Blacklock jedes Behältnis schräg hielt und am Inhalt schnupperte. »Was auch immer es sein mag, das sie damit tun wollen«, hatte er verächtlich hinzugefügt.
»Ein Gauner, dieser Mann«, murmelt Mr. Blacklock, als wir den Laden verlassen. »Zu oft schon hat er mir minderwertige Substanzen verkauft. Er vertritt die Ansicht, dass nur Wissenschaftler mit diesen geschätzten Geheimnissen beliefert werden sollten, die die Natur seinesgleichen in Form von Chemikalien anvertraut. Er glaubt, dass eine Verwendung in der Form, wie wir es tun, untersagt werden sollte, er hält es für Verschwendung. Für ihn bin ich ein Mann aus dem Volk, der die Reinheit des Wissens der Wissenschaftler befleckt, indem ich dafür sorge, dass es von gewöhnlichen Leuten angestarrt wird.« Wir schlagen einen Bogen
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