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Die Farben des Feuers: Historischer Roman (German Edition)

Die Farben des Feuers: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Farben des Feuers: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Borodale
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ist die reichhaltige gelbe Milch, die zu Beginn kommt und den Durst eines Neugeborenen stillt, das winzige Schlückchen davon trinkt.
    Mr. Blacklock erscheint nicht zum Frühstück.
    Als ich die Werkstatt betrete, erkenne ich, dass er schon seit Stunden arbeitet. Rund um ihn herum herrscht Chaos: achtlos zur Seite gestellte Glasgefäße und durch chemische Rückstände verfärbte Porzellanschälchen, Spuren von Experimenten, die fieberhaft eins nach dem anderen durchgeführt wurden. Überall stehen geöffnete Gläser und liegen Häufchen verbrannter Substanzen auf Platten.
    »Was tun Sie da, Sir?«, frage ich.
    »Grünspan oder Kupferacetat ist ein Kupfersalz und erzeugt eine grünliche Flamme«, erwidert Mr. Blacklock, ohne von seiner Werkbank aufzusehen. »Kupferspäne haben beim Verbrennen eine noch geringere Wirkung. Die Farbe ihrer Funken in einem Feuerregen oder in Sternen ist enttäuschend.« Er wählt ein Glas aus und hält es in die Höhe. »Stahlspäne braucht man für Brillantfeuer. Sie verstärken die Funken recht erfolgreich, aber ich habe festgestellt, dass man sonst nicht viel damit erreichen kann.« Er reibt sich das Gesicht, als hätte er nicht geschlafen. »Pulverisiertes Zink ist vielversprechend«, brummt er. Dann verstummt er auf einmal und nimmt seine Untersuchung wieder auf. Ich versuche, still und leise zu arbeiten, damit ich ihn nicht störe. Aber selbst aus der Ferne kommt mir seine Methode unsystematisch vor. Es juckt mich in den Fingern, ihm zu Hilfe zu eilen.
    »Aber was machen Sie, was ist Ihr Ziel?«, frage ich wieder, doch er antwortet nicht.
    Joe Thomazin legt ein- oder zweimal im Laufe des Tages den Ofen nach und benutzt den Blasebalg, um die Kohlen zum Glühen zu bringen. Mr. Blacklock heizt Töpfe und Tiegel auf.
    Nach beinahe vier Stunden des Klapperns und Schweigens dreht Mr. Blacklock sich um und sieht mich direkt an.
    »Agnes, ich will offen sein«, sagt er. »Deine Vermutung war richtig. Ich beschäftige mich schon seit einiger Zeit mit der Suche nach pyrotechnischen Farben.«
    »Wirklich, Sir?«, rufe ich aus, und Erleichterung strömt durch meinen Körper wie frisches, kühles Wasser. »Und haben Sie schon etwas gefunden?«
    »Ich suche nach intensiven Farben«, erwidert Mr. Blacklock. »Die Farben, die wir eines Tages erzielen werden, müssen die Klarheit und die Durchsichtigkeit haben, die man im Sonnenschein in Wassertröpfchen sehen kann. Das lebhafte Grün, das Rot und das Orange von Licht, das durch Wasser dringt.«
    »Ist das möglich?«
    »Metallsalze«, entgegnet er und schüttelt den Kopf, als müsste er seine Gedanken sortieren und reinigen. »Ich weiß es nicht«, sagt er. »Ich habe noch einmal in dem Werk von Hanzelet nachgeschlagen, und das bringt mich auf den Gedanken, dass die Verwendung von Metallsalzen zum Ziel führen könnte.« Er deutet auf die kleinen Häufchen verbrannter Substanzen vor ihm. »Damit ärgere ich mich herum. Die Art und Weise, wie sie verbrennen, lässt vermuten, dass etwas unterdrückt wird. Die verborgenen Farben in diesen Metallen sind eingeschlossen; sie sollten während des Brennvorgangs freigesetzt werden, aber das ist nicht der Fall. Es wirkt, als bräuchten sie etwas – mehr Luft, mehr Unterstützung, mehr Kraft  – in diesem Augenblick. Wodurch könnte das geliefert werden?«
    Er sieht mich grimmig über seine Brille hinweg an. »Du wirst kein Wort darüber außerhalb dieses Hauses erwähnen, zu niemandem.«
    »Auf keinen Fall, Sir«, beteuere ich und versuche, meine Begeisterung zu zügeln.
    »Man hat mir eine gewisse Dringlichkeit in meinem Leben und seinen Entwicklungen nahegelegt, und deshalb habe ich beschlossen, meinen Bemühungen einen größeren Anteil zu widmen.« Er hustet. »In meinen Experimenten mit zahlreichen Substanzen habe ich bestimmte Parallelen entdeckt, die mich glauben lassen, dass es sich nicht um ein fruchtloses Unterfangen handelt, sondern um einen Weg, der es wert ist, verfolgt zu werden.«
    »Welche Parallelen?«, frage ich.
    Er antwortet nicht, sondern geht stattdessen zu dem Kohlebecken neben dem Ofen. Er nimmt ein großes Kohlestück und sägt es in zwei Hälften. Auf die glatte schwarze Oberfläche streut er eine Prise Kupferspäne. Dann zündet er eine Wachskerze an, holt tief Luft und benutzt ein Blasrohr, um die Kerzenflamme auf die Späne zu lenken. Ich halte den Atem an. Die Flamme zischt leise über die Späne, bis sie rot glühend sind. Er lässt das Blasrohr sinken.
    »Aber ich

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