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Die Farben des Feuers: Historischer Roman (German Edition)

Die Farben des Feuers: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Farben des Feuers: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Borodale
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Himmel herunter.
    Mrs. Blight ist heute selbst zu Saul Pinnington’s gegangen, um Wurstbrät zu kaufen. Mary Spurren spült Töpfe in der Spülküche, und ich kann das Scheppern von Kupfer im Spülbecken durch die offene Hoftür hören. Ein Zaunkönig schmettert sein Lied aus einem Holunderbusch vor den heißen Ziegeln des Nebengebäudes. Mr. Blacklock ist mit dem Händler aus der Cannon Street unterwegs, was ein Segen ist, denn in letzter Zeit hat er sehr merkwürdige Experimente durchgeführt, bei denen er unerschrocken vor kleinen Explosionen an seiner Werkbank saß. Er verbringt nur wenig Zeit mit der Bearbeitung der Aufträge, sondern beschäftigt sich stattdessen damit, Notizen in das Buch zu kritzeln, das er in seiner Weste aufbewahrt, und vor sich hin zu murmeln.
    Und so ist niemand zu sehen, als ich mich einen Moment lang auf der niedrigen Mauer beim Holunderstrauch niederlasse und die Beine ausstrecke, um mich auszuruhen. Wie schnell ich jetzt müde werde. Die Sonne scheint mir wärmend auf die Haare. Ich schließe die Augen und lasse zu, dass die rote Farbe hinter meinen Lidern meine Gedanken ausfüllt, als wäre es eine angenehme Flüssigkeit. Eine Reihe unwichtiger Gedanken schwimmen vorbei. Ein Frühlingstag zu Hause bei der Arbeit im Gemüsegarten. Das Nest eines Zaunkönigs, das wir einmal im Sudhaus fanden. William war begeistert. Die Seiten waren glatt und perfekt aus Lehm und Moos geformt. Er schluchzte entsetzt auf, als Ratten das Nest später in jener Woche vom Balken stießen und es zu Boden fiel. Fünf weiße Zaunkönigeier zerbrachen, und fünf winzige Eigelbe breiteten sich im Staub aus.
    Als das Kind in meinem Bauch um sich tritt, reiße ich ruckartig die Augen auf. Panik erfasst mich. Mein Herz schlägt und schlägt, als ob jemand mich überrascht hätte. Was denke ich mir bloß! Ich darf mich nicht entspannen oder träumend in der Sonne sitzen, als wäre alles in Ordnung und als würde kein böser Wind durch mein Leben wehen.
    Der Zaunkönig erhebt sich aus dem Holunder und ist verschwunden. Ohne zu denken, klettere ich auf die bröckligen Ziegel der Mauer und richte mich hoch auf, bevor ich hinunterspringe. Ich klettere wieder hinauf und wiederhole es. Ich komme hart auf dem Boden auf und lasse den Ruck der Landung durch meinen Körper schießen. Ich wiederhole das Ganze immer wieder. Es ist wie in einem Rausch. Der Hof strahlt hell. Ich stehe auf und springe hinunter. Meine Fußgelenke knicken dabei ein wenig ein. Ich mache mich so schwer wie möglich, bevor ich auf den Boden pralle. Ich mache mich so schwer wie ein Heringsfass, so schwer wie Felsbrocken an den Klippen, wie Lehm, wie Roheisen, wie ein Sack Korn. Es fühlt sich an, als würde ich fünfzehn Meter tief springen und nicht bloß knapp eineinhalb. Wieder springe ich hinunter und komme stolpernd auf. Als wollte ich mir selbst Schaden zufügen, mir und dem Ding in mir.
    »Was machst du da?« Eine Stimme bringt mich wieder zur Besinnung. Mary Spurren steht an der Hintertür. Sie hält sich die Hand über die Augen und starrt zu mir herüber. Ich keuche vor Anstrengung, und mein Rock ist ganz staubig. Mein Herz hämmert. Was tue ich bloß?
    »Ein Spiel, ein Spiel vom Land«, antworte ich schwach.
    »Sieht mir nicht so aus, als würde es großen Spaß machen.« In Mary Spurrens Stimme schwingt Zweifel mit. Sie starrt mich weiterhin an. »Eher so, als wärst du vom Teufel besessen. Einen Augenblick lang ist es mir kalt den Rücken hinuntergelaufen, als ich dich gesehen hab. Hör auf damit, das wirbelt Staub auf. Ich will nicht die Fenster zumachen müssen.«
    »Ich bin bloß albern«, entgegne ich und lehne mich mit meinem ganzen Gewicht an die Mauer, um wieder zu Atem zu kommen. »Es ist nur ein Spiel, das wir als Kinder auf dem Land immer gespielt haben. Die Sonne ist mir zu Kopf gestiegen.« Ich versuche zu lachen. »Aber jetzt ist es vorbei, ich gehe zum Sicherheitsschrank, um noch etwas Schwarzpulver zu holen.« Ich halte den Schlüssel hoch, um ihn ihr zu zeigen. Meine Finger zittern.
    »Wie heißt es?«, fragt sie.
    »Wie heißt was?«
    »Das Spiel, das du spielst«, sagt sie, aber sie hat schon wieder das Interesse verloren und geht zurück in die Spülküche.
    »Ich weiß es nicht, ich erinnere mich nicht mehr«, sage ich leise. Als ich zum Nebengebäude gehe, bin ich sicher, eine Bewegung an einem Fenster im oberen Stockwerk wahrzunehmen. Es ist Mr. Blacklocks Kammer, aber als ich genauer hinsehe, ist dort nichts.
    Im

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