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Die Farben des Feuers: Historischer Roman (German Edition)

Die Farben des Feuers: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Farben des Feuers: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Borodale
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habe nichts Besonderes bemerkt«, sage ich und kann meine Enttäuschung nicht unterdrücken. »Wir haben schon so viele Methoden mit Kupferspänen ausprobiert, aus keiner sind Farben hervorgegangen.«
    »Ha!« Triumphierend hebt Mr. Blacklock seinen geschwärzten Zeigefinger. »Wir sind noch nicht fertig!« Er nimmt eine weitere Prise aus dem Glas mit der Beschriftung Kupfer und legt sie auf die Kohle. Dann fügt er noch etwas anderes hinzu, das ich nicht sehen kann.
    »Salmiak!«, verkündet er wie ein Hexenmeister und bläst wieder gegen die Kerzenflamme.
    Die Flamme ist von einem vollkommenen Blau.
    Es ist, als hätten wir das Lebenselixier gefunden. Mr. Blacklock bläst so lange in die Flamme, bis die Luft verbraucht ist. Ich bin erstaunt, wie merkwürdig und ruhig sie brennt. Es ist, als würde man einen unerwarteten Blick auf einen seltenen Wildvogel in einer winterlichen Hecke erhaschen. Oder als tränke man nach einer langen Reise ein großartiges süßes Getränk.
    »Das ist erst der Anfang«, sagt Mr. Blacklock. Er hustet ein wenig, damit ich nicht sehe, wie stolz er ist.
    »Das Ganze ist sehr vielversprechend«, sagt er. »Es funktioniert anscheinend mit allen Kupfersalzen. Aber es gibt eine unendliche Zahl von Kombinationen, die ich noch ausprobieren muss.«
    Er spreizt die vier Finger seiner rechten Hand und betrachtet sinnend den Stummel des Fingers, den er verloren hat. »Wenn es feucht ist, spüre ich manchmal, wie dieser Finger zuckt und sich bewegt«, sagt er.
    »Also haben Sie herausgefunden, was man braucht, um farbiges Feuer zu machen?«, frage ich.
    »Nein! Das habe ich nicht! Ich bin meilenweit von einer Antwort auf diese Frage entfernt. Ich habe keinen farbenfrohen Regenbogen zur Hand. Sieh mal!« Er macht eine Geste in Richtung seiner unordentlichen Werkbank. »Um mich herum sind zerbrochene Glasgefäße und unbefriedigende Ergebnisse von Verbrennungen, die ich weder messen noch einschätzen kann, weil ich nicht genügend Beweise habe.« Er reibt sich die Augen.
    »Ich bin meistens verzweifelt, und ich kann nicht schlafen, weil ich die ganze Zeit darüber nachgrüble. Und dann zeigt sich ein Hoffnungsschimmer, der sich aber nur als kurzer Erfolg erweist. Es gelingt mir nicht immer, gute Ergebnisse zu wiederholen. Ich denke nicht ständig daran, mir Notizen zu machen, während ich arbeite. Ich bin ungeduldig. Meine Arbeitsweise ist ungeschickt. Ich arbeite mit winzigen Mengen, weil ich Angst vor Unfällen habe und fürchte, weitere Finger zu verlieren.« Er räuspert sich. »Ich bin erschöpft. Ich atme Dämpfe ein, die Übelkeit verursachen und mich würgen lassen, und Dämpfe, die mir in der Kehle brennen. Meine Finger haben Brandflecken, weil ich weißglühende Schalen anfasse, die im Ofen waren.« Er sieht auf den Hof hinaus. »Und ich habe Angst, dass ich den Höhepunkt meines Lebens bereits überschritten habe und zu alt bin, um ehrgeizige Projekte in Angriff zu nehmen. Ich habe immer noch keine Antworten gefunden.«
    »Sie sind nicht zu alt, Sir, und natürlich kann ich Ihnen helfen«, versichere ich ihm eifrig. »Sie wissen, dass es sie gibt, die Lösungen, auch wenn Sie noch nicht darauf gestoßen sind.« Ich suche nach Worten, die ihn ermutigen könnten. »Sie müssen nur einen Weg finden, es sich selbst zu erklären.« Die Gedanken überschlagen sich in meinem Kopf.
    »Sie sind wie eine Dohle, die einen langen Zweig im Schnabel trägt, um ein Nest zu bauen!«, sage ich. »Sie versucht, durch das Loch in den hohlen Baum zu gelangen, aber der Zweig hindert sie daran. Nach vielen Versuchen dreht der Vogel den Zweig seitlich und kann leicht durch das Loch schlüpfen. Danach ist das Nest im Handumdrehen fertig.«
    »Du beschämst diese ganzen Naturphilosophen«, erwidert er trocken.
    »Auf dieselbe Weise könnte die Umsetzung Ihrer Idee erfolgen, sobald Sie die Hilfsmittel entdeckt haben. Nach dem, was Sie sagen, spielen die Mengen und die Stabilität und die Präzision der Vorgehensweise eine große Rolle. Aber Mr. Blacklock, Sir, offensichtlich haben Sie das Wesentliche Ihrer Arbeit bereits erreicht!«
    Seine schwarzen Augen zucken, als er mich ansieht.
    »Möglicherweise wird es nicht mehr zu meinen Lebzeiten geschehen«, sagt er plötzlich. »Aber vielleicht wirst du es erleben.«
    * * *
    Wir erwarten an diesem Nachmittag eine kleine Lieferung Schwarzpulver. Es hat zu regnen begonnen, und jedes Mal, wenn ich das Rumpeln und Zischen von Rädern draußen auf der nassen Straße

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