Die Farben des Feuers: Historischer Roman (German Edition)
kommt.«
Ich hänge das Trockentuch über den Wäscheständer vor dem Herd. »Oder vielleicht hat Mr. Blacklock irgendeinen starken Tabak. Er war erst gestern im Tabakladen.« Ich schaffe es, sie direkt anzusehen. »Allerdings rieche ich gar nichts.«
Mary Spurren starrt mich nur misstrauisch an.
GIRANDELFEUER
29
Wie sehr wünschte ich mir, dass Cornelius Soul uns wieder Schwarzpulver liefert. Ich habe nicht versucht, ihn zu umgarnen, rufe ich mir in Erinnerung. Eher habe ich mich bemüht, die natürliche Kraft seiner Absichten zu lenken.
Aber wenn ich ihn nun nicht wiedersehe? Meine Gedanken sind so sehr mit Feuerwerken und chemischen Substanzen beschäftigt – vielleicht hätte ich darum beten sollen, dass sich von selbst eine Gelegenheit ergibt.
Ich hatte mein Ziel fast vergessen. Noch eine Woche, dann ist es zu spät. Ich bin nun im achten Monat. Ich berühre meinen Bauch, vielleicht ist es ja bereits zu spät. Ich warte beständig darauf, dass ich Blut verliere oder Fruchtwasser, dass irgendetwas geschieht. In Wahrheit weiß ich, wie gering die Chance ist, dass der Salbei wirkt. Aber, Gott helfe mir, ich muss alles versuchen.
So bin ich zugleich erleichtert als auch aufs Neue besorgt, als ich nichts ahnend die Tür öffne und Cornelius Soul in seinem grauen Rock vor mir steht.
»Guten Tag, Mr. Soul.« Ich wage nicht zu fragen, weshalb er hier ist. Vielleicht …
»War zufällig in der Nähe«, sagt er grinsend.
Er tritt nicht über die Schwelle, doch sein Blick huscht ab und zu in die Werkstatt hinter mir. Er wirft seinen Hut in die Luft und fängt ihn wieder auf.
»Sie haben einen neuen Hut, Mr. Soul«, sage ich mit einem Blick auf die Goldborte.
»Der feinste auf der ganzen Cheapside!«, erwidert er. »Und … nächsten Dienstag habe ich einen freien Abend und, ach, keine entzückende Lady wie Sie, um ihn mit ihr zu verbringen.«
»Tatsächlich?«, sage ich mit schwacher Stimme. Eine Welle der Aufregung erfasst mich. Doch schon spricht er weiter.
»Würden Sie mir die Freude machen, mich in die Spring Gardens zu begleiten, Miss Trussel?«, fragt er. Meine Hände fliegen an meinen Hals, als wollte ich ihn bedecken.
»Die Gardens!«, flüstere ich.
Ich höre, dass Mr. Blacklock hinter mir in der Werkstatt ein Werkzeug zur Seite legt und seinen Stuhl zurückschiebt. Seltsamerweise öffne ich den Mund, um die Einladung abzulehnen.
»Ja, aber …« Ich zögere. Die Spring Gardens sind ein öffentlicher Park auf der anderen Seite des Flusses. Mein Herz flattert, wenn ich mir vorstelle, mit ihm dort in dem Gedränge zu sein, mit dem Kind in mir, das so bald auf die Welt kommen wird. Aber vielleicht ist dies meine einzige Chance. Ich muss zusagen.
»Gern«, sage ich. Mit Mühe gelingt es mir, den Blick zu heben und ihm direkt in die Augen zu schauen.
»Dann bis nächste Woche!«, sagt er. »Es ist ein Galaabend, und es wird ein Feuerwerk geben.«
Eine Mischung aus Schrecken und entzückten Gedanken überkommt mich, doch ich bleibe bei meinem kühlen Verhalten, bis Cornelius Soul sich elegant auf dem Absatz umgedreht hat und auf der Straße verschwunden ist.
»Ein Feuerwerk!«, sage ich leise und drehe mich aufgeregt zu Mr. Blacklock um, aber er hat den Raum verlassen. Nur der kleine, schmutzige Joe Thomazin sitzt dort in der Ecke. Er beobachtet, hört zu und bekommt alles mit. Er tritt mit seinen baumelnden Füßen gegen den Hocker.
»Was ist?«, frage ich ihn, aber er antwortet nicht, sondern sieht mich nur an. Seine dunklen Augen wirken riesig in seinem schmalen Gesicht. Als ich in die Küche komme, stelle ich fest, dass ich nicht die einzige Frau im Haus bin, die völlig aus dem Häuschen ist: Mrs. Blight hat in der Lotterie gewonnen.
* * *
Mr. Blacklock scheint nicht richtig zuzuhören, als Mrs. Blight ihm zur Mittagszeit mit ihrem Lotterieschein vor der Nase herumwedelt und kreischt: »Und auch noch an meinem Geburtstag! Der elfte Mai hat mir ausnahmsweise Glück gebracht!« Sie ist ganz rot im Gesicht vor Freude und Aufregung.
»Sir, wären Sie so gütig und würden mir erlauben, dem Haushalt heute Abend ein besonderes Abendessen zuzubereiten?«, fragt sie ihn. »Vielleicht einen schönen Rinderbraten, Sir? Aus der Oberschale? Oder einen Lammrücken?«
»Ja, ja«, erwidert er, aber so, als hätte er ihr nicht richtig zugehört.
»Heute Abend, Sir?«, wiederholt sie, als er sich den Hut aufsetzt.
»Ja, ja, heute Abend«, sagt er barsch und geht durch
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